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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Kapitel 15: H<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Krise<br />

Wir wenden uns erstmals den kapitalistischen Krisen zu, die kurioserweise Folgen des<br />

Überflusses und daher eigentlich überflüssige Krisen s<strong>in</strong>d. Doch im Zusammenspiel<br />

<strong>von</strong> Kapitalfixierung und Wertrevolutionen br<strong>in</strong>gt der Überfluß immer wieder den<br />

zeitweiligen Mangel hervor.<br />

Die Verflechtung der Verwertungsprozesse muß sich gleichzeitig als stoffliche Verflechtung<br />

der Arbeitsprozesse bewähren. So geraten Verwertung und Produktion <strong>in</strong><br />

steten Konflikt und erzeugen destruktive Rückkopplungen für das Gesamtkapital, die<br />

wir als ökonomische Krisen erleben.<br />

Verkörperter Widerspruch<br />

Als sich 2008 schon die zweite kapitalistische Krise im neuen Jahrtausend über die Welt ausbreitete<br />

und als deutlich wurde, dass es diesmal tiefer gehen und länger dauern würde als <strong>in</strong> der<br />

sogenannten DotCom-Krise, mit der das neue Jahrtausend begrüßt wurde, entfaltete die Wirtschaftspresse<br />

dichterisches Talent. Da war plötzlich wie im alten Testament der Bibel <strong>von</strong> den<br />

sieben mageren und den sieben fetten Jahren die Rede. Damit will man die Abfolge <strong>von</strong> Krise<br />

und Konjunktur zu e<strong>in</strong>er Art Konstante des gesellschaftlichen Lebens machen, die seit Anbeg<strong>in</strong>n<br />

der Zeiten gültig sei. Dabei knüpft man raff<strong>in</strong>iert an die folkloristischen Überzeugungen an: Gute<br />

Zeiten, schlechte Zeiten; auf Regen folgt Sonne; wie gewonnen so zerronnen und so weiter.<br />

Aber zur Beschreibung kapitalistischer Krisen ist die Metapher <strong>von</strong> den fetten und mageren Jahren<br />

wirklich schlecht gewählt. Gewiß, seit den biblischen Zeiten bis zur Geburtsstunde des Kapitalismus<br />

waren die mageren Jahre wirklich mager. Sie entstanden durch wirklichen Mangel nach<br />

Mißernten, nach Kriegen oder Epidemien. 455 Mit dem Machtantritt der kapitalistischen Produktionsweise<br />

ändert sich das. Der Reichtum der Gesellschaft wächst. Im wachsenden Reichtum f<strong>in</strong>den<br />

die Krisen ihren eigenen Rhythmus und zeigen sich - als Krisen aus Überfluß! In der kapitalistischen<br />

Krise f<strong>in</strong>den wir unser zu Beg<strong>in</strong>n der <strong>Spurensuche</strong> schon verwendetes Bild wieder: Die<br />

gefüllten Warenlager auf der e<strong>in</strong>en Seite, die Menschen ohne Geld auf der anderen Seite. 456<br />

Weil sich dar<strong>in</strong> Überfluß und Mangel vere<strong>in</strong>en, betrachteten M. und E. diese neuartigen Krisen<br />

der neuen Produktionsweise schon im "Kommunistischen Manifest" <strong>von</strong> 1848 als sichtbarste<br />

Verkörperung ihrer <strong>in</strong>neren Widersprüche.<br />

Lektüre: <strong>Karl</strong> <strong>Marx</strong> / Friedrich Engels: <br />

S.243<br />

Seit der ersten zyklischen Überproduktionskrise <strong>in</strong> England 1825 s<strong>in</strong>d Krisen die getreuen Wegbegleiter<br />

der kapitalistischen Produktionsweise. 457 Sie treffen mit derselben Vorhersehbarkeit e<strong>in</strong><br />

wie Züge der Deutschen Bahn. Man weiß genau, dass sie kommen, aber nicht genau wann. Bei<br />

der Deutschen Bahn wissen wir vorher nicht, ob es sich nur um e<strong>in</strong>e kurze Verspätung handelt<br />

oder ob auch alle Anschlüssen verloren gehen oder gar der ganze Fahrplan purzelt. Für die<br />

kommende Krise ahnen wir Ausmaß und Tiefe nicht: E<strong>in</strong> kurzer Schock? <strong>E<strong>in</strong>e</strong> kle<strong>in</strong>e Delle? Oder<br />

Pleitenwelle mit steilem Anstieg der Massenarbeitslosigkeit und mehrjähriger Rezession?<br />

Im "Kommunistischen Manifest" wird der offensichtliche Widers<strong>in</strong>n der kapitalistischen Krise<br />

beschrieben. Jetzt sehen wir uns an, welche weiteren Erkenntnisse M. 20 Jahre nach dem "Manifest"<br />

gewonnen hat. Jetzt geht es darum, die Entstehung der Krisen aus der Struktur der kapitalistischen<br />

Produktionsweise zu erklären.<br />

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