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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Die Offshore-Förderung wurde plötzlich profitabel und mobilisierte e<strong>in</strong>e Menge Kapital für die Erschließung neuer<br />

Ölfelder. Dabei wurde auf e<strong>in</strong>en gleichbleibend hohen Ölpreis spekuliert, der sich schon bald vom Nahost-<br />

Konflikt löste und durch die Ressourcendebatte Anfang der 70er getrieben wurde. Seitdem nimmt die Bewegung<br />

des Ölpreises starken E<strong>in</strong>fluß auf den Verlauf der zyklischen Krisen <strong>in</strong> den Industriestaaten und löste Gegenbewegungen<br />

aus. Dazu gehören die Versuche ab den 1970er Jahren, alternative Energiequellen nicht nur technologisch,<br />

sondern auch für die Kapitalverwertung zu erschließen. Wir bef<strong>in</strong>den uns mitten dr<strong>in</strong> <strong>in</strong> diesem Prozess.<br />

Auch hier zeigen sich die Absurditäten der Produktionsweise. Die Entwicklung alternativer Energiequellen geht<br />

voran oder stockt, je nach dem, ob sie nach Preis und Profit mit anderen Energiequellen konkurrieren können.<br />

<strong>Das</strong>s der Preis für Öl und Erdgas und Kohle auch den Preis <strong>von</strong> Kriegen, Umweltvernichtung und Klimawandel<br />

enthält, ist zwar politisches Thema, nicht aber <strong>Teil</strong> der ökonomischen Selbststeuerung. Da diese so gewichtigen,<br />

langfristigen und sogar existenzbedrohenden "Kosten" nicht als Geldgrößen <strong>in</strong> die privaten Verwertungsprozesse<br />

e<strong>in</strong>gehen, bleiben sie dort unberücksichtigt.<br />

So bef<strong>in</strong>det sich jeder, der systemtreu handeln, den CO2-Ausstoß senken und die Folgen des Klimawandels reduzieren<br />

will, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er merkwürdigen Situation. Er muß sich hohe Öl- und Erdgas- und Kohlepreise wünschen und<br />

dann noch die Atomlobby im Schach halten, was immer schwieriger wird. Existenzfragen werden zu Wunschfragen.<br />

Schlimmer noch: Aus gut geme<strong>in</strong>ten Gründen müht er sich womöglich mit zwecklosen Versuchen ab, über Ethikfonds<br />

und ähnliche Vehikel aus Umweltschutz und Menschenrechten kapitale Werte zu machen, um ihnen <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Verwertungsprozesse so etwas wie besonderen Respekt zu verschaffen. Und das <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Produktionsweise,<br />

für deren Akteure die nächste Bilanzpressekonferenz der wichtigste Term<strong>in</strong> ist - und nicht etwa e<strong>in</strong><br />

drohender Weltuntergang.<br />

467 M. hat das im Band 1 des "Kapital" für die weitreichenden technischen Neuerungen <strong>in</strong> der englischen<br />

Baumwoll<strong>in</strong>dustrie untersucht, die erst während des amerikanischen Bürgerkriegs und der dadurch ausgelösten<br />

Krise umgesetzt wurden (s. MEW 23, S.456ff). Wertrevolutionen spielten für die Durchsetzung <strong>von</strong> Technologien<br />

immer schon e<strong>in</strong>e große Rolle.<br />

Schon früher war es die Dampfkraft, die erst Jahrzehnte nach ihrer Erf<strong>in</strong>dung zum E<strong>in</strong>satz kam. Solange es billige<br />

Arbeitskräfte <strong>in</strong> ausreichender Zahl gab, war ke<strong>in</strong> Kapitalist an Technik <strong>in</strong>teressiert. <strong>Das</strong> änderte sich, sobald die<br />

Arbeitskräfte durch die Ausweitung der Produktionsweise <strong>in</strong> England knapp wurden und sich sogar im Kampf um<br />

höhere Löhne zu organisieren begannen. Dank dieser ersten Wertrevolution für die Ware Arbeitskraft wurde der<br />

E<strong>in</strong>satz der Dampfmasch<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Textil<strong>in</strong>dustrie nicht nur profitabel, sondern auch zu e<strong>in</strong>em wichtigen Mittel im<br />

Kampf gegen die Belegschaften und deren Forderung nach höheren Löhnen und kürzerer Arbeitszeit. Seitdem<br />

s<strong>in</strong>d Unternehmer regelrechte Technikfreaks, jedenfalls dann, wenn es sich rechnet, also nur <strong>in</strong>nerhalb der engeren<br />

Grenzen der Profitabilität. Und das verlangt e<strong>in</strong>e Menge mehr als nur rentabel zu se<strong>in</strong>.<br />

In der jüngeren Geschichte der Produktionsweise ist vor allem der Ölpreis als Auslöser <strong>von</strong> Wertrevolutionen bekannt<br />

geworden. Die sogenannte Ölkrise, die 1973 durch starke Ölpreiserhöhungen begann, verstärkte die ohneh<strong>in</strong><br />

schon vorhandenen rezessiven Tendenzen <strong>in</strong> vielen kapitalistischen Ländern und brachte der Bundesrepublik<br />

Deutschland die bis dah<strong>in</strong> schwerste Wirtschaftskrise, die erst durch die gegenwärtige Krise übertroffen wird.<br />

In dieser Krise war es kurioserweise der Absturz der Ölpreise, der die Krise verschärfte, weil alle mit dem hohen<br />

Ölpreis verknüpften spekulativen Anlagen vernichtet wurden. Die damit verbundenen Kreditverpflichtungen mußten<br />

durch Verkauf anderer Investments ausgeglichen werden, was wiederum den Preisverfall der "Papierchens"<br />

beschleunigte und so fort. Wir halten schon mal für spätere Verwendung fest, dass sich die "normalen" Krisen zu<br />

schweren Krisen auswachsen, wenn sie <strong>von</strong> parallelen Wertrevolutionen verstärkt werden, die durchaus außerökonomische<br />

Ursachen haben können wie es beim gyptisch-israelischenKrieg <strong>von</strong> 1973 der Fall war.<br />

468 Die Hoffnungen auf neue Verwertungsquellen s<strong>in</strong>d um so größer, wenn es sich nicht nur um Umwälzungen <strong>in</strong><br />

bestehenden Sektoren der Produktion, sondern um Umwälzungen handelt, die neue Produkte und damit neue<br />

Marktsegmente hervorbr<strong>in</strong>gen. <strong>Das</strong> s<strong>in</strong>d nicht nur neue Produkte für den <strong>in</strong>dividuellen Konsum, sondern immer<br />

auch solche für den produktiven Konsum. Schließlich müssen die Masch<strong>in</strong>en und Anlagen zur Herstellung der<br />

neuen Produkte vorher produziert werden. Jede Produkt<strong>in</strong>novation erschließt zunächst neue Verwertungsfelder<br />

für die Investitionsgüter<strong>in</strong>dustrie. Umwälzungen dieser Art haben besonders weitreichende Wirkung bis <strong>in</strong> die<br />

Rohstoff- und Grundlagen<strong>in</strong>dustrie h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Deshalb war <strong>in</strong> den 1980er Jahren die Idee der Bundesregierung,<br />

Deutschland <strong>von</strong> E<strong>in</strong>glas-Holzfenstern zu befreien und <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Doppelglas-Kunststofffenster-Land zu verwandeln,<br />

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