09.01.2013 Aufrufe

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel 4: Ware und Wert<br />

Wir nehmen die bunte Welt der Waren zum Ausgangspunkt und fragen uns, was Waren<br />

überhaupt s<strong>in</strong>d. Wir lernen Gebrauchswert und Tauschwert kennen und wenden<br />

uns e<strong>in</strong>er alten Frage zu: Was macht Waren gegene<strong>in</strong>ander tauschbar?<br />

Wir geraten <strong>in</strong> e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Feuerwerk neuer Begriffe: Dabei lernen wir den Wert <strong>von</strong><br />

allen Seiten kennen, der uns <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong> ständiger Begleiter se<strong>in</strong> wird.<br />

Werbung nach Gewicht<br />

Wir haben es gemessen: E<strong>in</strong> Haushalt <strong>in</strong> Castrop-Rauxel-Obercastrop, der e<strong>in</strong>e örtliche Tageszeitung<br />

abonniert hat, erhielt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Woche Ende Januar 2008 <strong>in</strong>sgesamt 28 meist vielseitige farbige<br />

Werbeprospekte im Gesamtgewicht <strong>von</strong> 950 Gramm. Kostenlos. Entweder als Zeitungsbeilage<br />

oder e<strong>in</strong>fach so <strong>in</strong> den Briefkasten gestopft. Nicht e<strong>in</strong>gerechnet zwei Ausgaben des kostenlosen<br />

Anzeigenblatts. Nicht e<strong>in</strong>gerechnet die Werbung der Tageszeitung, die weit mehr als die<br />

Hälfte ihres Inhalts ausmacht. Dazu Werbung <strong>in</strong> Fernsehen und Radio und Internet. Werbung<br />

auf Plakatwänden, <strong>in</strong> Schaufenstern, auf Häusern und Autos <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Umfang, der das Bild jeder<br />

Stadt bestimmt, ohne dass wir das noch besonders merken.<br />

Zweifellos spielt das Anpreisen und Kaufen <strong>von</strong> Waren <strong>in</strong> unserem Leben e<strong>in</strong>e fast übermächtige<br />

Rolle. Aber was uns da so vielfältig als Kaufangebot präsentiert wird, ist selbst nur das Ende e<strong>in</strong>er<br />

langen Kette: Bevor uns e<strong>in</strong> Prospekt irgende<strong>in</strong>en Kauf empfehlen kann, ob Mantel oder<br />

DVD-Player oder Dauerwurst, hat ja bereits die Produktion stattgefunden, der ebenfalls zahllose<br />

Käufe vorangehen: Rohstoffe, Masch<strong>in</strong>en und E<strong>in</strong>zelteile werden gekauft. Zu deren Herstellung<br />

wurden ebenfalls Rohstoffe, Masch<strong>in</strong>en und E<strong>in</strong>zelteile gekauft. Und zu deren Herstellung… Wir<br />

schenken uns die weitere Aufzählung. E<strong>in</strong> verwobenes Netz <strong>von</strong> vielen Millionen Käufen und<br />

Verkäufen, Tag für Tag, mit Millionen verschiedener Waren, die <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Hand <strong>in</strong> die andere<br />

gehen. Dazwischen jedesmal die Kasse, um die Rechnung zu bezahlen.<br />

Der sichtbare Konsummarkt mit se<strong>in</strong>em schon nicht überschaubaren Angebot basiert auf e<strong>in</strong>em<br />

direkt nicht sichtbaren Markt für alles, was <strong>in</strong> der Produktion, was für Handel und Verkehr benötigt<br />

wird. Niemand hat bisher gezählt, was da im E<strong>in</strong>zelnen an Waren angeboten wird. Es wäre<br />

e<strong>in</strong> hoffnungsloser Versuch. Wenn wir uns das alles vor Augen führen, ist M.s erster Satz im<br />

"Kapital" vielleicht immer noch überraschend, aber merkwürdig oder absonderlich ist er gewiß<br />

nicht.<br />

"ungeheure Warensammlung"<br />

M. beg<strong>in</strong>nt se<strong>in</strong>e Kritik der politischen Ökonomie mit der Analyse der Ware. Mit dem ersten Satz<br />

macht er das klar:<br />

"Der Reichtum der Gesellschaften, <strong>in</strong> welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, ersche<strong>in</strong>t<br />

als e<strong>in</strong>e 'ungeheure Warensammlung', die e<strong>in</strong>zelne Ware als se<strong>in</strong>e Elementarform. Unsere<br />

Untersuchung beg<strong>in</strong>nt daher mit der Analyse der Ware." 83<br />

Wir können das Zitat mehrmals lesen. Die Begründung bleibt unbefriedigend. <strong>Das</strong>s uns die Ware<br />

als Elementarform des gesellschaftlichen Reichtums präsentiert wird, mag angehen. Zumal M.<br />

das ausdrücklich auf Gesellschaften beschränkt, <strong>in</strong> denen die kapitalistische Produktionsweise<br />

nicht nur Produktionsweise unter anderen, sondern herrschende Produktionsweise ist. 84 Aber<br />

müssen wir deshalb wirklich mit der Ware beg<strong>in</strong>nen? Wir kommen auf diese Frage im nächsten<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!