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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Hungersnöte heimgesucht, die der Kapitalisierung der traditionellen Landwirtschaft entspr<strong>in</strong>gen.<br />

Zwischen den Lebensverhältnissen an der Peripherie und M.s Illustrationen zum absoluten, allgeme<strong>in</strong>en<br />

Gesetz der kapitalistischen Akkumulation f<strong>in</strong>den sich erstaunliche Ähnlichkeiten.<br />

Wir s<strong>in</strong>d Zeitzeugen <strong>von</strong> Kriegen und Bürgerkriegen um Öl- und Gasvorkommen, die der auf<br />

Wachstum getrimmten kapitalistischen Produktionsweise als lebensnotwendig ersche<strong>in</strong>en. Wenn<br />

wir die <strong>von</strong> globalisierungskritischen Bewegungen reichlich zusammengetragenen Anklagepunkte<br />

gegen den globalisierten Kapitalismus e<strong>in</strong>beziehen, gew<strong>in</strong>nt M.s Gesetz noch mehr an aktueller<br />

Brisanz. Und se<strong>in</strong>e direkte, klare Aussage <strong>von</strong> 1867 ersche<strong>in</strong>t uns dann gar nicht mehr als so<br />

zeitenfern.<br />

Schlußfolgerungen<br />

Können wir mit M.s Gesetz der Akkumulation etwas anfangen? In jeder H<strong>in</strong>sicht. Denn es ergeben<br />

sich für uns e<strong>in</strong>ige wichtige Schlußfolgerungen, die wir für den Fortgang unserer Untersuchung<br />

im Gedächtnis behalten wollen:<br />

<strong>1.</strong> M. stellt fest: "Die Akkumulation <strong>von</strong> Reichtum auf dem e<strong>in</strong>en Pol ist also zugleich Akkumulation<br />

<strong>von</strong> Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation<br />

auf dem Gegenpol."<br />

Dieser "antagonistische Charakter der kapitalistischen Akkumulation", wie M. das nennt, ist<br />

nicht Ergebnis fehlerhafter Politik oder Ausdruck e<strong>in</strong>er natürlichen Ordnung. Er ist <strong>in</strong>neres<br />

Merkmal der kapitalistischen Produktionsweise und ihr untrennbar e<strong>in</strong>gebaut. 366 Deshalb können<br />

sozialpolitische Maßnahmen die Folgen zwar mildern; das wären dann e<strong>in</strong>ige der <strong>von</strong> M.<br />

selbst angesprochenen "modifizierenden Umstände". Die Ursachen lassen sich dadurch jedoch<br />

nicht beseitigen; sie wirken weiter. 367 <strong>Das</strong> hat Folgen. Wer sich unter diesen antagonistischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen hartnäckig für Gerechtigkeit e<strong>in</strong>setzt, wird früher oder später grundsätzliche Fragen<br />

zum System stellen müssen. Der muß womöglich zum Umstürzler werden, der grundsätzliche<br />

Veränderungen <strong>in</strong> der Produktionsweise der Gesellschaft anstrebt, wenn er nicht verzweifeln<br />

oder sich letztenendes doch anpassen und ergeben will.<br />

2. M. stellt fest: Die wachsende Produktivkraft der Arbeit wird nicht zu e<strong>in</strong>em Mittel der Befreiung<br />

<strong>von</strong> der Arbeitslast und zu e<strong>in</strong>em Instrument der allgeme<strong>in</strong>en Wohlstandssteigerung; im<br />

Gegenteil: "je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre<br />

Beschäftigungsmittel (= desto größer der Druck auf den Arbeitsmarkt), desto prekärer also ihre<br />

Existenzbed<strong>in</strong>gung." 368<br />

Dar<strong>in</strong> fasst M. die absonderlichen Ergebnisse zusammen, die zu se<strong>in</strong>er Zeit mit der stürmischen<br />

Karriere der kapitalistischen Produktionsweise ganz offensichtlich verbunden waren: Trotz steiler<br />

Entwicklung der Produktivität wird die Arbeitszeit nicht verkürzt, sondern auf nie zuvor erreichte<br />

Längen geschraubt. Statt mehr freie Zeit zu haben, wird der neu entstehenden Arbeiterklasse<br />

praktisch die gesamte Lebenszeit <strong>in</strong> Arbeitszeit verwandelt. Statt steigender Löhne f<strong>in</strong>den wir<br />

Familien, die nur dank der Mitarbeit der Frauen und K<strong>in</strong>der überleben können. S<strong>in</strong>d das wirklich<br />

alles Nachrichten aus der Vergangenheit?<br />

Die soziale Unsicherheit der Lohnarbeiter, ihre völlige Abhängigkeit <strong>von</strong> den Verwertungs<strong>in</strong>teressen,<br />

wurde <strong>in</strong> 150 Jahren Klassenkampf durch soziale Sicherungssysteme und Arbeitsrecht reduziert,<br />

aber niemals beseitigt. Wie sollte das gehen, ohne den Verwertungs<strong>in</strong>teressen selbst ans<br />

Leder zu gehen? In den letzten 25 Jahren e<strong>in</strong>es zunehmend deregulierten Kapitalismus nimmt<br />

sogar <strong>in</strong> Deutschland, das immer mit se<strong>in</strong>er sozialen Sicherheit renommierte, die Unsicherheit<br />

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