09.01.2013 Aufrufe

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ten: <strong>E<strong>in</strong>e</strong>rseits als Konkurrenz zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Kapitalen und Kapitalgruppen, andererseits<br />

als geme<strong>in</strong>samer Kampf des Kapitals und <strong>in</strong>dividueller Kampf e<strong>in</strong>zelner Kapitalisten gegen<br />

die Forderungen der <strong>in</strong> wachsender Stückzahl e<strong>in</strong>gekauften Arbeitskraft.<br />

Die Steigerung der Arbeitsproduktivität durch technische und organisatorische Umgestaltung<br />

des Arbeitprozesses ist dabei alles andere als e<strong>in</strong> Selbstläufer gewesen. Aber e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Gang gesetzt,<br />

zeigt sie historische Wirkung. Nehmen wir e<strong>in</strong>en Fabrikanten für Gullydeckel zur Illustration.<br />

Der beschäftigt e<strong>in</strong>en schlauen Ingenieur (oder ist selbst so schlau) und es gel<strong>in</strong>gt, durch<br />

Umbau <strong>von</strong> Masch<strong>in</strong>en und Neugestaltung des Arbeitsprozesses, die Arbeitsproduktivität zu<br />

verdoppeln, also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit die doppelte Zahl an Gullydeckeln mit derselben Zahl<br />

an Arbeitskräften herzustellen. Es ist klar, was passiert, oder?<br />

Da sich zunächst nur der Arbeitsaufwand <strong>in</strong> der Fabrik des Innovators verm<strong>in</strong>dert, der gesellschaftlich<br />

notwendige Arbeitsaufwand für diese Ware jedoch zunächst unverändert bleibt, kann<br />

der Innovator entscheiden: Will er trotz se<strong>in</strong>er viel ger<strong>in</strong>geren Kosten die Gullydeckel zum noch<br />

gültigen Marktpreis verkaufen? Dann sackt er e<strong>in</strong>e Menge "Extramehrwert" e<strong>in</strong>. Er kann aber<br />

auch die noch gültigen Marktpreise unterbieten, sich e<strong>in</strong>en größeren Marktanteil sichern und die<br />

Konkurrenten unter Druck setzen, vielleicht sogar vom Markt fegen. Dann wird er zunächst zwar<br />

etwas weniger Extramehrwert pro Stück, dafür aber höhere Marktanteile gew<strong>in</strong>nen. 289<br />

Die Sache hat nur e<strong>in</strong>en Haken. Sobald se<strong>in</strong>e Konkurrenten dah<strong>in</strong>ter kommen, werden sie die<br />

produktiveren Methoden ebenfalls übernehmen. 290 Dann wird sich bald zeigen, dass sich durch<br />

die gesteigerte Arbeitsproduktivität für die Verwertung eigentlich nichts verändert hat: Die verdoppelte<br />

Zahl der Gullydeckel repräsentiert immer noch dieselbe Wertmasse, denselben Anteil<br />

an der gesamtgesellschaftlichen Arbeit. Weder Wertmasse noch Mehrwertmasse verändern sich<br />

grundlegend durch die wachsende Arbeitsproduktivität. 291 Der Vorteil des e<strong>in</strong>zelnen Kapitalisten,<br />

der sich <strong>in</strong> größerem Gew<strong>in</strong>n niederschlägt, reicht nur so lange, wie er die Vorteile höherer<br />

Arbeitsproduktivität gegenüber den Konkurrenten behaupten kann.<br />

Wenn wir das Beispiel unseres Gullydeckel-Fabrikanten fortsetzen, müssen wir auch die andere<br />

Wirkung des Wertgesetzes beachten: Denn wenn mit der Steigerung der Arbeitsproduktivität<br />

nicht im selben Maße die Nachfrage nach Gullydeckeln steigt, wird Arbeitskraft im Gullydeckel-<br />

Sektor überflüssig. Dem e<strong>in</strong>zelnen Kapitalisten ersche<strong>in</strong>t diese Verdrängung lebendiger Arbeit<br />

durch Technik ke<strong>in</strong>eswegs als Belastung, sondern als Lösung se<strong>in</strong>er Probleme. Sie bietet ihm viele<br />

Vorteile: Weniger Beschäftigte bedeutet weniger Lohnkosten, weniger Ärger mit muckigen<br />

Arbeitskräften. Und schon sehr früh lernen die Kapitalisten, die Technisierung des Arbeitsprozesses<br />

als Mittel zur Diszipl<strong>in</strong>ierung der Arbeitskräfte e<strong>in</strong>zusetzen. 292<br />

Aber unser Gullydeckel-Fabrikant bemerkt mit der Zeit, worauf er sich da e<strong>in</strong>gelassen hat. Mit<br />

der Ruhe ist es vorbei. Se<strong>in</strong> zeitweiliger Konkurrenzvorteil verflüchtigt sich und am Ende ist mit<br />

den Gullydeckeln womöglich sogar weniger Geld zu verdienen als zuvor. Er muß erleben, wie<br />

die Preise für Gullydeckel s<strong>in</strong>ken, weil die Konkurrenten nicht geschlafen haben. Sie haben fl<strong>in</strong>k<br />

nachgezogen und damit dem Wertgesetz auf die Sprünge geholfen. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> Überproduktion <strong>von</strong><br />

Gullydeckeln droht. Vielleicht muß unser Innovator sogar mit ansehen, wie alte Konkurrenten,<br />

statt erledigt zu se<strong>in</strong>, unter dem Druck se<strong>in</strong>es eigenen Angriffs rechtzeitig auf neue Produkte<br />

umsteigen und dabei am Ende sogar besser fahren als er selbst mit se<strong>in</strong>er hochproduktiven Gullydeckel-Produktion<br />

am Rande oder jenseits der Marktsättigung.<br />

Es gibt für unseren rührigen Fabrikanten deshalb ke<strong>in</strong>en Stillstand. Er wird überlegen, wie er se<strong>in</strong>e<br />

Investitionen <strong>in</strong> die Technik durch Erweiterung der Produktpalette besser nutzt. Vielleicht zusätzlich<br />

gußeiserne Öfen herstellen? Oder Gaslaternen? Oder Masch<strong>in</strong>enteile? Am besten etwas<br />

97

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!