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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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hals das Ende des Klassenkampfs zu verkünden. Aber mit dem Klassenkampf ist es <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht<br />

wie mit der Mode, <strong>von</strong> der e<strong>in</strong> anderer <strong>Karl</strong>, e<strong>in</strong> sogenannter Modeschöpfer, klugerweise<br />

sagte: "Der Mode entkommt man nicht. Denn auch wenn Mode aus der Mode kommt, ist das<br />

schon wieder Mode."<br />

Blicken wir mit e<strong>in</strong>em kurzen Auszug aus dem 8. Kapitel des "Kapital" auf jene Zeit zurück, als<br />

der Kampf um die Länge des Arbeitstags ganz oben auf der Agenda des Klassenkampfs stand<br />

und wo er, da s<strong>in</strong>d wir sicher, demnächst auch wieder stehen wird:<br />

Lektüre: <strong>Karl</strong> <strong>Marx</strong>: S.238<br />

Die Steigerung des absoluten Mehrwerts ist ke<strong>in</strong>eswegs Geschichte. M.s Feststellung: "Die<br />

Schöpfung e<strong>in</strong>es Normalarbeitstags ist daher das Produkt e<strong>in</strong>es langwierigen, mehr oder m<strong>in</strong>der<br />

versteckten Bürgerkriegs zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse" 261 würden wir<br />

heute weniger martialisch formulieren und nicht gleich vom Bürgerkrieg reden. Aber wer will<br />

leugnen, dass dieser Kampf im vollen Gange ist? Mit dem Wegfall der Systemkonkurrenz durch<br />

die sozialistischen Staaten nach 1990 und mit der Machtverschiebung h<strong>in</strong> zum harten neoliberalen<br />

Kern der Bourgeoisie hat die Forderung nach "weniger Staat" und "mehr Markt" auch das<br />

gesamte System der tariflichen Arbeitszeitregelung <strong>in</strong> Deutschland zugunsten der Kapitalisten<br />

wieder verschoben. 262<br />

Man ahnt vielleicht, was der alte Vampyrdurst, wie M. das nannte, bei nachlassendem gewerkschaftlichem<br />

Widerstand noch anrichten könnte. E<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> die heutigen Schwitzbuden des Kapitals<br />

ebenso wie <strong>in</strong> die modernen Produktionsstätten der transnationalen Konzerne <strong>in</strong> den sogenannten<br />

Schwellen- und Entwicklungsländern 263 gibt uns e<strong>in</strong>en Vorgeschmack. Was dort geschieht,<br />

ist ja nicht nostalgisch geme<strong>in</strong>t. <strong>Das</strong> s<strong>in</strong>d die Vorboten weiterer Angriffe auf die bestehenden<br />

Arbeitszeitregelungen bei uns. Sie s<strong>in</strong>d fester Bestandteil der strategischen Überlebensplanung<br />

für gefährdete Profitraten. Wer glaubt, der absolute Mehrwert sei etwas aus der alt<strong>in</strong>dustriellen<br />

Mottenkiste, wird e<strong>in</strong>es besseren belehrt.<br />

Zurück zu M.s Skizze über die Geschichte des "Normalarbeitstags" zwischen 1600 und 1865:<br />

Mit der staatlichen Regulation der Arbeitszeit wird der <strong>in</strong>nere Vampir-Trieb des Systems umgelenkt.<br />

Dabei g<strong>in</strong>g es vor und zurück. Ke<strong>in</strong> Argument war dumm genug, um nicht breit ausgewälzt<br />

zu werden: Mit jeder Verkürzung des Arbeitstages prophezeiten die Kapitalisten ihr eigenes<br />

Ende.<br />

<strong>Das</strong> Gegenteil war der Fall. Tatsächlich erweist sich die unter Kämpfen erzwungene Grenzziehung<br />

beim Arbeitstag und bei der Wochenarbeitszeit alles <strong>in</strong> allem als echter Glücksgriff für die<br />

Kapitalisten. Alle Kapitale erhalten bezüglich des Arbeitstags wieder vergleichbare Konkurrenzbed<strong>in</strong>gungen.<br />

So können andere Methoden der Mehrwertproduktion <strong>in</strong> den Vordergrund treten,<br />

die viel erfolgreicher s<strong>in</strong>d und die wir bereits als Produktion des relativen Mehrwerts bei M.<br />

kennenlernten.<br />

"...revolutioniert durch und durch..."<br />

In der Frühphase der kapitalistischen Produktionsweise, geprägt durch Verlagssystem und Manufaktur,<br />

hatten die Akteure kaum begriffen, dass etwas historisch völlig Neues entstanden war.<br />

Was man selbst machte, erschien den Kapitalisten des 17. und 18. Jahrhunderts nur als e<strong>in</strong>e Art<br />

neuer Fronarbeit durch Lohnarbeit, als e<strong>in</strong>e Fortsetzung des alten feudalen Systems mit neuen,<br />

modernen Mitteln. 264 Und lange Zeit war es auch nur das.<br />

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