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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Müßten die Kapitalisten tatsächlich, wie oft behauptet, ihre Gew<strong>in</strong>ne durch Gerissenheit und Cleverness erzeugen,<br />

gäbe es ke<strong>in</strong>e mehr. Die Konkurrenz hätte solche zufälligen Gew<strong>in</strong>nquellen längst abgesperrt und alle Kapitalisten<br />

hätten entnervt das Handtuch geworfen und gerufen: "Produktion ohne Gew<strong>in</strong>n? Ne<strong>in</strong> danke." Glücklicherweise<br />

(für die Kapitalisten) liegt ihren Gew<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e ganz andere Quelle zugrunde, die sogar dann sprudelt,<br />

wenn es mit der unternehmerischen Cleverness e<strong>in</strong> wenig hapert. Anders verhält es sich mit dem, was aus der<br />

Cleverness, aus Kostene<strong>in</strong>sparungen, aus Lohndrückerei oder neuen Erf<strong>in</strong>dungen an Extraprofit erwächst. <strong>Das</strong><br />

wird, wie wir noch sehen werden, zu e<strong>in</strong>er mächtigen existenzsichernden Triebkraft vor allem für die kapitalistische<br />

Produktionsweise unserer Zeit.<br />

219 "Und unsrem Kapitalisten handelt es sich um zweierlei. Erstens will er e<strong>in</strong>en Gebrauchswert produzieren, der<br />

e<strong>in</strong>en Tauschwert hat, e<strong>in</strong>en zum Verkauf bestimmten Artikel, e<strong>in</strong>e Ware. Und zweitens will er e<strong>in</strong>e Ware produzieren,<br />

deren Wert höher als die Wertsumme der zu ihrer Produktion erheischten Waren, der Produktionsmittel<br />

und der Arbeitskraft, für die er se<strong>in</strong> gutes Geld auf dem Warenmarkt vorschoß. Er will nicht nur e<strong>in</strong>en Gebrauchswert<br />

produzieren, sondern e<strong>in</strong>e Ware, nicht nur Gebrauchswert, sondern Wert, und nicht nur Wert, sondern<br />

auch Mehrwert." (MEW 23, S.201)<br />

220 MEW 23, S.219. Jeder Unternehmer kennt diesen Zusammenhang und kalkuliert die Lebensdauer se<strong>in</strong>er Masch<strong>in</strong>en<br />

über die Abschreibungen, für die es sogar verschiedene Modelle gibt. Wo die Gefahr e<strong>in</strong>es hohen "moralischen<br />

Verschleißes" besteht, wo also Masch<strong>in</strong>en durch raschen technischen Fortschritt bei scharfer Konkurrenz<br />

schon vor ihrem physischen Verbrauch durch neue Masch<strong>in</strong>en ersetzt werden müssen, wird der Masch<strong>in</strong>enwert<br />

nicht gleichmäßig, sondern <strong>in</strong> den ersten Jahren verstärkt abgeschrieben, um die Gefahr schneller Entwertung der<br />

Masch<strong>in</strong>en <strong>in</strong> die Kostenrechnug aufzunehmen. Möglicherweise wird sich der Kapitalist gegen solche Wertrevolutionen,<br />

wie M. sie nennt, sogar versichern.<br />

221 MEW 23, S.215f<br />

222 "Der <strong>Teil</strong> des Kapitals also, der sich <strong>in</strong> Produktionsmittel, d.h. <strong>in</strong> Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel<br />

umsetzt, verändert se<strong>in</strong>e Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder<br />

kürzer: konstantes Kapital. Der <strong>in</strong> Arbeitskraft umgesetzte <strong>Teil</strong> des Kapitals verändert dagegen se<strong>in</strong>en Wert im<br />

Produktionsprozeß. Er reproduziert se<strong>in</strong> eignes Äquivalent und e<strong>in</strong>en Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst<br />

wechseln, größer oder kle<strong>in</strong>er se<strong>in</strong> kann. Aus e<strong>in</strong>er konstanten Größe verwandelt sich dieser <strong>Teil</strong> des Kapitals<br />

fortwährend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben<br />

Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel<br />

und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als<br />

konstantes Kapital und variables Kapital." (MEW 23, S.223f) Auch hier ist zu betonen, dass wir die neuen Begriffe<br />

nicht entwickeln, weil neue Elemente <strong>in</strong>s Spiel kommen, sondern weil wir dieselben Elemente des Produktionsprozesses<br />

jetzt nicht vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objekte und subjektive Elemente betrachten,<br />

sondern vom Standpunkt des Verwertungsprozesses. Es s<strong>in</strong>d aber dieselben Elemente.<br />

223 In jedes Automobil geht, vom Abbau des Erzes und der Gew<strong>in</strong>nung des Stahls über die Herstellung der Bleche,<br />

Schrauben und Schweißroboter, über Elektronik, Motor, Karosserie, Lackierung usw., e<strong>in</strong>e bestimmte Menge<br />

an gesellschaftlicher Arbeit e<strong>in</strong>. Die Zulieferer bekommen ihren Anteil bereits auf den verschiedenen Stufen der<br />

beteiligten Produktionsprozesse über den Preis zurück; dar<strong>in</strong> ist ihr Mehrwert enthalten, jedenfalls soweit, wie<br />

der Automobilkonzern nicht se<strong>in</strong>e Machtposition ausnutzt, um den Preis zu drücken und sich e<strong>in</strong>en <strong>Teil</strong> des fremden<br />

Mehrwerts anzueignen, der eigentlich im Unternehmen des Zulieferers erzeugt wurde.<br />

Am Ende muß sich aber alles zusammen im Preis des Automobils wiederf<strong>in</strong>den, plus dem Mehrwert, der sich <strong>in</strong><br />

der Endmontage aus der Differenz ergibt, die zwischen der Wertschöpfung und dem als Lohnkosten fixierten<br />

Wert der Arbeitskraft entsteht. Freilich ist das nicht die ganze Wirklichkeit. <strong>Das</strong> ist der Prozess, wie er sich auf<br />

dieser Stufe der Analyse darbietet. Wenn wir näher das Automobilbeispiel abklopfen, würden andere Elemente<br />

die Wertbildung bee<strong>in</strong>flussen: Ökonomisierung des konstanten Kapitals, Intensivierung der Arbeit, Preisdruck auf<br />

die Zulieferer und anderes. Dann gibt es weitere E<strong>in</strong>flüsse auf der Preisebene: Rabattaktionen senken den Wertrückfluß.<br />

Ausschöpfung günstiger Marktpositionen durch höhere Preise, Koppelgeschäfte mit Kreditf<strong>in</strong>anzierung<br />

und ähnliche Maßnahmen verbessern den Wertrückfluß. Wir sollten jedoch immer daran denken, dass unsere<br />

Analyse nicht die betriebswirtschaftliche Vielfalt, sondern die bestimmenden Elemente des kapitalistischen Produktionsprozesses<br />

zum Ziel hat.<br />

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