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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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und variablen Kapitals <strong>in</strong> sich aufnehmen. Doch am Ende e<strong>in</strong>es Tages übersteigt die so geschaffene<br />

Wertmasse die e<strong>in</strong>gespeisten Werte. Für den Kapitalisten ist das weder e<strong>in</strong> Wunder noch<br />

e<strong>in</strong> Grund für lange Überlegungen. Der Mehrwert ist schlicht die Grundbed<strong>in</strong>gung se<strong>in</strong>es Handelns.<br />

Käme am Ende nur heraus, was er h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gesteckt hat, wäre es ihm Mühe und Risiko nicht<br />

wert. Kapitalismus wäre ke<strong>in</strong> Thema geworden. 236<br />

Der Kapitalist hat e<strong>in</strong> gutes Gewissen. Alle bekommen, was ihnen zusteht. Er kauft die Waren<br />

zum marktüblichen Preis. Er kauft auch die Arbeitskraft zum marktüblichen Preis, der Lohn oder<br />

Gehalt genannt wird. Alle produzierten Werte gehören dem Kapitalisten. Wem sonst? Er hat als<br />

Eigentümer der Produktionsmittel und Käufer der Rohstoffe und der Arbeitskraft e<strong>in</strong>en sche<strong>in</strong>bar<br />

natürlichen Anspruch darauf. Und die Gesellschaft bekommt ihren Fortschritt - mehrwertkompatibel,<br />

versteht sich.<br />

Aller Mehrwert entspr<strong>in</strong>gt der Anwendung der lebendigen Arbeitskraft im kapitalistisch organisierten<br />

Produktionsprozess. <strong>Das</strong> ist M.s Ausgangspunkt. Fassen wir an dieser Stelle zusammen,<br />

was wir bereits über die Quelle des Mehrwerts erfahren haben. Der Text <strong>von</strong> Friedrich Engels<br />

br<strong>in</strong>gt das auf den Punkt. 237<br />

Lektüre: Friedrich Engels: S.234<br />

In dieser Phase unserer Analyse sprechen wir noch über den Kapitalisten und den Arbeiter als<br />

funktionelle Rollen. Insofern s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong> Engels Beitrag sich zu Wort meldenden Arbeiter und<br />

Fabrikanten immer noch Personifikationen des gesellschaftlichen Verhältnisses. Weiter s<strong>in</strong>d wir<br />

noch nicht. Daraus entspr<strong>in</strong>gt die wichtigste E<strong>in</strong>schränkung: Noch folgt unsere Betrachtung dem<br />

e<strong>in</strong>fachen Verwertungsschema. 238<br />

Wir haben untersucht, wie der Mehrwert entsteht und untersuchen jetzt, welche Rolle dieses<br />

unverwechselbare Merkmal der kapitalistischen Produktionsweise als Triebkraft ihrer Entwicklung<br />

spielt. Wir untersuchen noch nicht, wie sich der gesellschaftlich produzierte Mehrwert auf<br />

die verschiedenen Kapitale verteilt, wenn auch die Antwort auf diese Frage hier schon ankl<strong>in</strong>gen<br />

wird. Noch haben wir die Gesellschaft als Ganzes im Blick, betrachten das agierende Kapital als<br />

Gesamtkapital 239 , die Arbeitskraft als Gesamtarbeiter e<strong>in</strong>es gesellschaftlichen Produktionsprozesses.<br />

Aus dieser Perspektive stellt M. se<strong>in</strong>e Fragen: Wodurch ist die Größe des Mehrwerts bestimmt?<br />

Und wie nimmt der Kapitalist E<strong>in</strong>fluß auf die Größe des Mehrwerts?<br />

M.s Antworten basieren auf e<strong>in</strong>em Modell vom Arbeitstag mit vertraglich vere<strong>in</strong>barter Länge.<br />

Man kann sich das so vorstellen: Den ganzen Tag über wird der Wert des konstanten Kapitals<br />

auf die neuen Produkte übertragen. Aber nur e<strong>in</strong> <strong>Teil</strong> des Arbeitstages wird benötigt, um das<br />

Wertäquivalent für die gekaufte Arbeitskraft zu produzieren; M. nennt das die notwendige Arbeitszeit.<br />

Der Rest des Tages dient der Mehrwertproduktion; M. nennt das die Mehrarbeitszeit.<br />

Diese gedachte Aufteilung ist nicht zw<strong>in</strong>gend. Genausogut könnt man da<strong>von</strong> ausgehen, dass <strong>in</strong><br />

jeder Sekunde, <strong>in</strong> der die Arbeitskraft tätig ist, sowohl Wertäquivalent als auch Mehrwert geschaffen<br />

wird, sowohl Wertübertragung als auch Wertschöpfung stattf<strong>in</strong>det; das wäre gewiss<br />

e<strong>in</strong>e angemessene, aber leider nicht sehr anschauliche Betrachtungsweise. 240 Denn erst die gedachte<br />

Trennung <strong>in</strong> zwei Phasen des Arbeitstags macht zwei D<strong>in</strong>ge sofort klar: 241<br />

Erstens zeigt sie uns, wie die kapitalistische Methode zur Erzeugung und Aneignung <strong>von</strong> Mehrwert<br />

<strong>in</strong> den gesellschaftlichen Arbeitsprozess <strong>in</strong>tegriert ist; es ist ökonomische Aneignung. Hier<br />

geht es nicht um e<strong>in</strong>en Produzenten, der nach vollbrachter Arbeit e<strong>in</strong>em Grundherrn e<strong>in</strong>en <strong>Teil</strong><br />

der Erträge abtritt wie <strong>in</strong> der feudalen Ökonomie. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> solche Aneignung des Mehrwerts durch<br />

außerökonomische Gewalt ist der kapitalistischen Produktionsweise im Detail genauso bekannt<br />

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