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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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sentiert sich als "echte Wissenschaft", also als "objektiv", "wertneutral" usw., obwohl man <strong>in</strong><br />

der Praxis alles andere als unpolitisch ist.<br />

Die Trennung der Firma vom alten Namen hat nachvollziehbare Gründe: Denken wir bei Politik<br />

nicht sofort an Interessen? An Machtstrukturen? An Eigentum? An Kampf der Interessen? An<br />

Klassenkampf womöglich? Für M.s Perspektive s<strong>in</strong>d das wesentliche Elemente, ohne die e<strong>in</strong>e<br />

ökonomische Analyse leer bleibt. 39<br />

Für die Parteigänger des Systems war das spätestens dann nicht mehr akzeptabel, als die neue<br />

Arbeiterklasse aufhörte, nur zu arbeiten, sondern selbst den politischen Kampfplatz betrat und<br />

eigene Forderungen anmeldete. Der daraus sich entwickelnde neue Klassenkampf "läutete die<br />

Totenglocke der wissenschaftlichen bürgerlichen Ökonomie". 40 Da ist man plötzlich an "Politik"<br />

nicht mehr <strong>in</strong>teressiert, verkriecht sich lieber h<strong>in</strong>ter se<strong>in</strong>e mathematischen Modelle 41 , plustert<br />

sich als "objektive Wisssenschaft" und erklärt aller Welt und besonders den Opfern die Sachzwänge.<br />

Zwischenfrage 5: Was ist der Gegenstand der Politischen Ökonomie? Was s<strong>in</strong>d die Unterschiede zur<br />

"bürgerlichen" Wirtschaftswissenschaft? (S.165)<br />

Wer sich mit M. e<strong>in</strong>läßt, wird auch viel über die Denkweise und Interessen der Unternehmer und<br />

ihre Wurzeln <strong>in</strong> der kapitalistischen Produktionsweise lernen, gewiß. Aber es war niemals M.s<br />

Ziel, "unternehmerisches Handeln" zu verstehen, um dann durch gezielte Ratschläge dem Absatz<br />

oder dem Betriebsklima auf die Sprünge zu helfen. M. analysiert ke<strong>in</strong>e Kostenfaktoren, er<br />

betreibt ke<strong>in</strong> Market<strong>in</strong>g. Ja: Er betreibt nicht e<strong>in</strong>mal Wirtschaftspolitik. 42 M.s Perspektive gilt der<br />

Gesellschaft als Ganzes, der bürgerlichen Gesellschaft und ihren ökonomischen Bewegungsgesetzen.<br />

Nicht mehr, nicht weniger.<br />

Alle Wissenschaft, die nur aus der Sicht des Unternehmens betrieben wird, bezeichnet M. als<br />

"Vulgärökonomie", die sich darauf beschränkt, "die banalen und selbstgefälligen Vorstellungen<br />

der bürgerlichen Produktionsagenten <strong>von</strong> ihrer eignen besten Welt zu systematisieren,<br />

pedantisieren und als ewige Wahrheiten zu proklamieren." 43<br />

Was Betriebs- und Volkswirte, Mikro- und Makroökonomen treiben, hat mit M.s Politischer<br />

Ökonomie weder die Perspektive noch den Gegenstand geme<strong>in</strong>sam. <strong>Das</strong> e<strong>in</strong>e ist selbstbeschränkte<br />

Unternehmenswissenschaft, <strong>in</strong> der "Gesellschaft" bestenfalls als e<strong>in</strong> Satz externer Variablen<br />

vorkommt. <strong>Das</strong> andere ist Gesellschaftswissenschaft. Deshalb heißt es im bereits erwähnten<br />

Beitrag bei wikipedia zu Recht: "Von marxistischen Autoren h<strong>in</strong>gegen wurde der Ausdruck<br />

'Politische Ökonomie' bewusst beibehalten." Nur, dass es sich dabei nicht e<strong>in</strong>fach um e<strong>in</strong>en anderen<br />

Ausdruck, sondern um den Ausdruck e<strong>in</strong>er ganz anderen Perspektive handelt.<br />

Unpolitische contra Politische Ökonomie<br />

Zwischenfrage 6: Ist M.s Politische Ökonomie e<strong>in</strong>e "Weltanschauung"? Oder e<strong>in</strong> <strong>Teil</strong> da<strong>von</strong>? (S.166)<br />

Sicher geht es <strong>in</strong> der "unpolitischen" wie <strong>in</strong> der Politischen Ökonomie irgendwie um Arbeit und<br />

Austausch, um Produktion und Konsum, um Technik und Fabriken, aber auf gänzlich andere<br />

Weise.<br />

In der "unpolitischen" Ökonomie geht es um das e<strong>in</strong>zelne Unternehmen und dessen Optimierung.<br />

<strong>Das</strong> Drumherum (die "Makroebene") spielt nur e<strong>in</strong>e Rolle, wenn es darum geht, den Unternehmen<br />

beste Bed<strong>in</strong>gungen zu schaffen ("Standort Deutschland"). Dann kommt auch der<br />

Staat <strong>in</strong>s Spiel, der ansonsten wie Privateigentum oder Lohnarbeit oder Unternehmergew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>-<br />

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