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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Aber gedanklich s<strong>in</strong>d wir jetzt über diese Phase h<strong>in</strong>aus. Wir bef<strong>in</strong>den uns <strong>in</strong> der entwickelten<br />

Warenproduktion. Hier geht es nicht darum, sich Anteile am feudalen Mehrprodukt zu sichern,<br />

sondern <strong>in</strong>nerhalb des Wertgesetzes e<strong>in</strong>en Zuwachs an Wert zu erzielen. Wie erklären wir, dass<br />

nach millionenfachen Transaktionen, so gerissen und clever sie auch im e<strong>in</strong>zelnen se<strong>in</strong> mögen,<br />

am Ende zwar durch Cleverness e<strong>in</strong>e Umverteilung stattf<strong>in</strong>det, gleichzeitig aber e<strong>in</strong>e ganze Klasse<br />

<strong>in</strong>sgesamt reicher geworden ist, wie es ja gerade für die bürgerliche Gesellschaft typisch ist?<br />

Zwischenfrage 41: Ist M.s Politische Ökonomie auf e<strong>in</strong> bestimmtes Menschenbild oder auf bestimmte<br />

anthropologische Merkmale wie Habgier oder Nutzenstreben oder Besitztrieb angewiesen? (S.194)<br />

Gewiss könnte man die <strong>in</strong>dividuellen Unterschiede zwischen den Kapitalisten durch größere<br />

oder ger<strong>in</strong>gere Befähigungen, Vitam<strong>in</strong> B, besondere Rücksichtslosigkeit usw. erklären. Es geht<br />

zu diesem Zeitpunkt unserer Analyse aber nicht darum, die relativen Veränderungen zwischen<br />

den Kapitalisten, sondern die absolute Zunahme im Reichtum der gesamten Klasse zu erklären,<br />

die Produktion und Zirkulation unter ihrer Kontrolle hält. Und wie man es auch wendet. Man<br />

wird sich M.s Schlußfolgerung nicht entziehen können: "Die Gesamtheit der Kapitalistenklasse<br />

e<strong>in</strong>es Landes kann sich nicht selbst übervorteilen." 176<br />

Die Raupe Nimmersatt<br />

Mit der Formel G-W-G' haben wir mit M.s Worten zwar die "allgeme<strong>in</strong>e Formel des Kapitals"<br />

vor uns, aber eben nur so, wie sie <strong>in</strong> der Zirkulationssphäre ersche<strong>in</strong>t. Um zu e<strong>in</strong>er Erklärung zu<br />

kommen, die für die kapitalistische Produktionsweise gültig ist, müssen wir weiter gehen. Wir<br />

haben zwar erkannt, dass der Preis notwendigerweise fast immer vom Wert abweicht. Deshalb<br />

ist die Annahme e<strong>in</strong>er Zirkulation, bei der mit Notwendigkeit Wertäquivalente den Besitzer<br />

wechseln, unzulässig. Diese Abweichungen <strong>von</strong> Preis und Wert s<strong>in</strong>d aber nicht willkürlich, sondern<br />

gerade die Art und Weise, wie sich das Wertgesetz durchsetzt.<br />

Wir haben ebenfalls zugeben müssen, dass Abweichungen des Preises vom Wert nicht das Strich<br />

am G' erklären können. Was der e<strong>in</strong>e beim Tausch gew<strong>in</strong>nt, muß der andere beim Tausch bezahlen.<br />

Der Wertzuwachs läßt sich alles <strong>in</strong> allem, das ist die Konsequenz, nicht aus der Zirkulation<br />

ableiten, auch wenn er dort <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung tritt.<br />

Wir stehen vor der Aufgabe, den Zuwachs an Wert als "korrekte Bereicherung" zu erklären. Mit<br />

anderen Worten: Die Erklärung muß gerade für den ganz unwahrsche<strong>in</strong>lichen Fall funktionieren,<br />

dass alle Beteiligten ohne Lug und Trug agieren, dass tatsächlich jeder Warentausch e<strong>in</strong> Tausch<br />

gleicher Werte ist. Warum? Weil nur dann e<strong>in</strong>e Erklärung für die entwickelte kapitalistische Produktionsweise<br />

gefunden würde, <strong>in</strong> der Konkurrenz und Wertgesetz herrschen. Auch <strong>in</strong> dieser<br />

Konkurrenz ist die gegenseitige Prellerei heimisch, versteht sich. Der Geprellte hat den Schaden,<br />

bezahlt schlimmstenfalls mit se<strong>in</strong>er Existenz als Kapitalist. Dabei wird aber Wert <strong>in</strong> Form <strong>von</strong> Kapital<br />

nur umverteilt, nicht erzeugt.<br />

Um aus dem vorkapitalistischen Geldbesitzer, den M. als "Kapitalistenraupe" bezeichnet, e<strong>in</strong>en<br />

echten Kapitalisten, e<strong>in</strong>en flatterhaften, aber dennoch allerorten naschenden Schmetterl<strong>in</strong>g zu<br />

machen, muß e<strong>in</strong>e Reichtumsquelle gefunden werden, die auch dann sprudelt, wenn alle sich<br />

gegenseitig oder niemand irgendwen betrügt. Es muß e<strong>in</strong>e Quelle se<strong>in</strong>, durch deren Gebrauch<br />

sich die Klasse der Kapitalisten <strong>in</strong>sgesamt bereichern kann, auch wenn sie tatsächlich zur e<strong>in</strong>en<br />

Hälfte aus Gew<strong>in</strong>nern und zur anderen aus Verlierern besteht. Es muß e<strong>in</strong>e Quelle se<strong>in</strong>, die gerade<br />

dort zu sprudeln beg<strong>in</strong>nt, wo sich die kapitalistische Produktionsweise zur Herrschaft auf-<br />

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