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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Aber auch das ist nur e<strong>in</strong> Übergang. Nichts h<strong>in</strong>dert uns daran, M.s vier Wertformen um e<strong>in</strong>e<br />

fünfte zu erweitern. In dieser Wertform treten uns nurmehr Wertsymbole als Geld gegenüber.<br />

Sie repräsentieren nicht deshalb Wert, weil sie wie Gold oder Silber oder Vieh oder Tuch selbst<br />

Ware s<strong>in</strong>d, sondern weil ihnen im gesellschaftlicher Verkehr durch Kontrolle ihrer Menge und<br />

durch den Umfang der gesellschaftlichen Warenproduktion, also durch die dar<strong>in</strong> repräsentierte<br />

gesellschaftliche Gesamtarbeit bestimmt s<strong>in</strong>d und ihnen daher e<strong>in</strong> bestimmter Wert <strong>in</strong> Form <strong>von</strong><br />

Kaufkraft immer wieder zugewiesen wird. Später kommen wir auf diesen Punkt zurück, wenn<br />

wir <strong>in</strong> unseren Schlußfolgerungen die Ergiebigkeit der <strong>Marx</strong>'schen Analyse für heute prüfen.<br />

30. Ist Geld immer an die reale Goldform gebunden? Kann Geld auch dann funktionieren,<br />

wenn ke<strong>in</strong>e spezielle Ware wie Gold oder andere stoffliche Wertträger <strong>in</strong> der<br />

Äquivalentform steht?<br />

Der erste <strong>Teil</strong> der Frage ist e<strong>in</strong>fach. Um die Geldfunktion auszuüben, muß Gold ke<strong>in</strong>eswegs anwesend<br />

se<strong>in</strong>. Es war außerordentlich praktisch, mit dem Gold oder Silber oder Kupfer allgeme<strong>in</strong><br />

anerkannte, werthaltige, dauerhafte und gut teilbare Waren zu besitzen, die <strong>in</strong> die Geldform<br />

treten konnten. Es war allerd<strong>in</strong>gs auch sehr unpraktisch, viel Gold oder Silber mit sich herum zu<br />

tragen. Wegen der hohen Sicherheits- und Transportkosten baute man schon <strong>in</strong> der Antike, <strong>in</strong><br />

Ch<strong>in</strong>a und im mittelalterlichen Europa e<strong>in</strong>e Infrastruktur für den Handel auf. Kontore, Handelsstützpunkte<br />

und Bankhäuser <strong>in</strong> den Städten erlaubten die Durchführung <strong>von</strong> Transaktionen,<br />

ohne dabei das Gold oder Silber selbst zu bewegen. Mit Hilfe <strong>von</strong> papierenen Zahlungsanweisungen<br />

baute man e<strong>in</strong> System des gegenseitigen Kredits auf, das gold-losen Handel über große<br />

Entfernungen ermöglichte. <strong>Das</strong> gegenseitige Vertrauen (die berühmte Kreditwürdigkeit) wird zu<br />

e<strong>in</strong>em festen Element des Ware-Geld-Systems. Aber auch solchen goldfreien Transaktionen liegt<br />

noch das Gold <strong>in</strong> der Geldform zugrunde.<br />

Doch wenn man sich vorstellt, dass <strong>in</strong> diesem Ware-Geld-Kreislauf zwar im H<strong>in</strong>tergrund Gold<br />

gelegen hat, dass dieses Gold aber gar nicht <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten mußte, sondern nur als Rechengeld<br />

benötigt und durch an sich wertlose Anweisungen auf Papier vertreten wurde, ist<br />

leicht vorstellbar, dass man Gold eigentlich überhaupt nicht benötigt. Jedenfalls dann nicht,<br />

wenn die papierenen Wertsymbole überall "wie Gold" <strong>in</strong> Zahlung genommen werden.<br />

<strong>Das</strong> br<strong>in</strong>gt uns zum zweiten, schwierigeren <strong>Teil</strong> der Frage, die <strong>in</strong> letzter Zeit zu e<strong>in</strong>igen Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

zwischen marxistischen Ökonomen geführt hat. Es geht es darum, ob unbed<strong>in</strong>gt<br />

e<strong>in</strong>e spezielle Ware erforderlich ist, die wie das Gold als stofflicher Repräsentant des Werts<br />

und dadurch als Wertmaßstab fungiert. <strong>Das</strong> ist letztlich die Frage, ob M.s Wertform D, die wir<br />

als Geldform kennenlernten, das letzte Wort der marxistischen Geldtheorie ist.<br />

Weil M. se<strong>in</strong>e Ableitung des Geldes mit dem Goldgeld abschließt und weil er an vielen Stellen<br />

immer wieder auf Metallgeld zu sprechen kommt, wird er oft als "Metallist" betrachtet, also jenen<br />

Geldtheoretikern zugeordnet, die sich etwas anderes als e<strong>in</strong>e durch Edelmetall gedeckte<br />

Währung nicht vorstellen können. Wir halten diese Annahme für falsch. Der häufige Bezug auf<br />

die Goldwährung entspricht den Verhältnissen zu M.s Zeit, <strong>in</strong> der sich staatlich garantiertes Papiergeld<br />

zwar bereits entwickelte und die Trägheit e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en Goldwährung zu überw<strong>in</strong>den<br />

begann. Nur hätte sich dieser Übergang zum Geld als Wertsymbol ohne die verme<strong>in</strong>tliche Golddeckung<br />

niemals vollziehen können. Viel zu tief verankert waren die jahrhunderte alten B<strong>in</strong>dungen<br />

an das Goldgeld.<br />

Ob M. die Entwicklung e<strong>in</strong>es Geldsystems vorausgesehen hat, das ohne e<strong>in</strong>en stofflichen Wertträger<br />

wie Gold, also ohne e<strong>in</strong>e spezifische Geldware auskommt? <strong>Das</strong> ist schwer zu sagen. Es<br />

gibt bei M. nichts, was e<strong>in</strong>er solchen Entwicklung widerspräche. Aber M. selbst war vollständig<br />

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