09.01.2013 Aufrufe

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

405 MEW 24, S.124f. So wie wir M.s Analyse vortragen, übergehen wir e<strong>in</strong>ige dar<strong>in</strong> enthaltene Unschärfen <strong>in</strong> der<br />

Wortwahl. Denn mal schreibt er <strong>von</strong> der Produktionsperiode, mal <strong>von</strong> der Produk- tionszeit, mal <strong>von</strong> der Arbeitsperiode<br />

und dann sogar, s<strong>in</strong>ngleich, <strong>von</strong> der Arbeitszeit.<br />

Die Ursachen für die wackelnden Wörter (die Begriffe dah<strong>in</strong>ter bleiben dieselben) werden verständlich, wenn wir<br />

M.s Analyse zu Arbeitsperiode und Produktionszeit, die wir <strong>in</strong> diesem Kapitel behandeln, auf se<strong>in</strong>e eigene Produktion<br />

anwenden. Schon erkennen wir die Ungenauigkeiten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Manuskript als Folge der oft durch andere<br />

Arbeiten, Krankheit und politische Verpflichtungen unterbrochenen Arbeitsperioden. Und natürlich sehen wir<br />

das als Folge der noch viel längeren Produktionsperiode für das gesamte Werk, die es dem Autor erschwerte, die<br />

e<strong>in</strong>mal getroffene Wortwahl auch Jahre später noch e<strong>in</strong>zuhalten. (Mal ganz abgesehen <strong>von</strong> se<strong>in</strong>er Abneigung<br />

gegen jede Form <strong>von</strong> akademischen Def<strong>in</strong>itionsapparaten.)<br />

Engels jedenfalls hat diese Abweichungen nicht korrigiert, was se<strong>in</strong>e Diszipl<strong>in</strong> als Herausgeber, vielleicht auch<br />

se<strong>in</strong>en bisweilen etwas zu großen Respekt vor M.s Vorarbeiten zum 2. Band belegt.<br />

406 Wer auf unterhaltsame Weise etwas über den Angriff des kapitalistischen Zeitregimes auf die Lebensverhältnisse<br />

erfahren will, sollte sich den Film "<strong>Das</strong> Schützenfest" <strong>von</strong> Jacques Tati aus dem Jahre 1947 gönnen.<br />

Hier versucht der Briefträger Francois sich selbst als Masch<strong>in</strong>e zu verbessern und dem amerikanischen Vorbild zu<br />

folgen: Er steigert die Effizienz se<strong>in</strong>er Arbeit, <strong>in</strong> dem er am fahrenden LKW die Briefe frankiert und sortiert und<br />

das Arbeitstempo so sehr steigert, dass er sogar die Fahrer der Tour de France h<strong>in</strong>ter sich läßt.<br />

Man kann sich den Film im Internet bei Google <strong>in</strong> mieser Qualität und <strong>in</strong> französischer Sprache ansehen. Natürlich<br />

gibt es den Film auch auf DVD.<br />

407 Manufaktur- und Fabriksystem entwickelten sich mit dem Versuch, allen Unterbrechungen des Arbeitsprozesses<br />

e<strong>in</strong> Ende zu bereiten, die für die handwerkliche Produktion noch typisch waren und nicht zuletzt ihren romantischen<br />

Charme ausmachen. Mit der Regie des Geldes über die Produktion s<strong>in</strong>d solche Pausen nur Verluste. Die<br />

Verstetigung der Produktion und die Entwicklung der jeweils optimalen Betriebsgröße, <strong>in</strong> der alle Stufen des Arbeitsprozesses<br />

verzögerungsfrei ablaufen, wird zur Aufgabe dafür speziell ausgebildeter Spezialisten, die der<br />

work flow efficiency auf die Sprünge helfen sollen.<br />

408 Auch den natürlichen Pausen <strong>in</strong> der Produktionszeit <strong>von</strong> Lebensmitteln hat man längst den Kampf angesagt.<br />

Beschleunigte Reifung der Produkte <strong>in</strong> Reifungskammern mit künstlicher Atmosphäre und Bestrahlung, Zugabe<br />

<strong>von</strong> Aromastoffen statt aufwändiger Räucherung, gentechnisch erzeugte Schnellhefen für die beschleunigte Gärung<br />

<strong>in</strong> der Bierherstellung, durch Futtermittelzu gaben oder genetische Änderungen schneller wachsende Masttiere...<br />

Die moderne Lebensmittelchemie und Biotechnik hält e<strong>in</strong> bee<strong>in</strong>druckendes bis erschreckendes Arsenal an<br />

Mitteln bereit, <strong>von</strong> denen e<strong>in</strong> großer <strong>Teil</strong> ganz der Verkürzung natürlicher Produktionsprozesse dient.<br />

Durch Gewächshäuser macht man sich unabhängig <strong>von</strong> Witterung und Jahreszeiten. Wo es durch Lagerhaltung<br />

nicht erreicht wird, nutzen Agrokonzerne die unterschiedlichen Klimazonen und Jahreszeiten auf der Erde, um<br />

e<strong>in</strong>en stetigen Zustrom derselben agrarischen Rohstoffe zu sichern. Wir sehen schon an wenigen Beispielen, wie<br />

die e<strong>in</strong>fache Frage nach der Angleichung <strong>von</strong> Produktions- und Funktionszeit die h<strong>in</strong>tergründigen Motive des kapitalistischen<br />

Unternehmens für Innovationen und ihre Ausrichtung offenlegt.<br />

409 Er kann es gut gebrauchen. Denn gerade <strong>in</strong> den Bereichen hoher organischer Zusammensatzung f<strong>in</strong>den wir<br />

auch e<strong>in</strong>en hohen Anteil an kapital<strong>in</strong>tensiven Anlagen mit langer Nutzungsdauer, die an sich schon genügend<br />

Risiken be<strong>in</strong>halten. Zu Anwendung und Risiken dieses fixen Kapitals für den Verwertungsprozess befragen wir M.<br />

später.<br />

410 "Welches immer der Grund des Überschusses der Produktionszeit über die Arbeitszeit – sei es, daß Produktionsmittel<br />

nur latentes produktives Kapital bilden, also sich noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vorstufe zum wirklichen Produktionsprozeß<br />

bef<strong>in</strong>den, oder daß <strong>in</strong>nerhalb des Produktionsprozesses durch dessen Pausen ihre eigne Funktion unterbrochen<br />

wird, oder daß endlich der Produktionsprozeß selbst Unterbrechungen des Arbeitsprozesses bed<strong>in</strong>gt –, <strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong>em dieser Fälle fungieren die Produktionsmittel als Arbeitse<strong>in</strong>sauger. Saugen sie ke<strong>in</strong>e Arbeit e<strong>in</strong>, so auch<br />

ke<strong>in</strong>e Mehrarbeit. Es f<strong>in</strong>det daher ke<strong>in</strong>e Verwertung des produktiven Kapitals statt, solange es sich <strong>in</strong> dem <strong>Teil</strong><br />

se<strong>in</strong>er Produktionszeit bef<strong>in</strong>det, der überschüssig über die Arbeitszeit ist, so unzertrennlich auch die Vollführung<br />

des Verwertungsprozesses <strong>von</strong> diesen se<strong>in</strong>en Pausen se<strong>in</strong> mag. Es ist klar, daß je mehr Produktionszeit und Arbeitszeit<br />

sich decken, um so größer die Produktivität und Verwertung e<strong>in</strong>es gegebnen produktiven Kapitals <strong>in</strong><br />

gegebnem Zeitraum. Daher die Tendenz der kapitalistischen Produktion, den Überschuß der Produktionszeit über<br />

329

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!