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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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231 Wir lehnen uns hier an M.s berühmten Satz an: "Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen<br />

sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten; sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen<br />

und überlieferten Umständen." (MEW 8, S.115)<br />

232 Ausgerechnet M.: Wer hat schon so umfassend wie er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Schriften das Thema der menschlichen Entfremdung<br />

behandelt? Wer hat tausende <strong>von</strong> Philosophen, Theologen, Historikern, Psychologen und Soziologen<br />

zu menschenfreundlichen, humanistischen Forschungsprogrammen angeregt? Muss man an den Schlußsatz im 2.<br />

Kapitel des "Kommunistischen Manifest" er<strong>in</strong>nern? In diesem Dokument des Klassenkampfs heißt es: "An die<br />

Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt e<strong>in</strong>e Assoziation, wor<strong>in</strong><br />

die freie Entwicklung e<strong>in</strong>es jeden die Bed<strong>in</strong>gung für die freie Entwicklung aller ist." (MEW 4, S.482) Die Frage,<br />

wie der Mensch se<strong>in</strong>er Entfremdung, den ihn <strong>in</strong>dividuell und als Gattungswesen e<strong>in</strong>engenden Verhältnissen entgehen<br />

und menschliche Verhältnisse erschaffen kann, war M.s persönlicher Leitstern. <strong>Das</strong> "Kapital" ist e<strong>in</strong> <strong>Teil</strong><br />

se<strong>in</strong>er Antwort. Aber es ist weder Kampfschrift (wie das "Kommunistische Manifest") noch Wohl-Fühl-Ratgeber.<br />

Es ist wissenschaftliche Analyse, die sich jede "menschelei" versagt und wohl auch verbittet.<br />

233 MEW 23, S.531ff<br />

234 Nebenebei gesagt steckt <strong>in</strong> diesen wenigen Zeilen auch e<strong>in</strong> gigantisches soziologisches Forschungsprogramm,<br />

das eigentlich immer wieder neu absolviert werden müsste, um e<strong>in</strong>igermaßen Klarheit darüber zu gew<strong>in</strong>nen,<br />

was das eigentlich ist: die Arbeiterklasse. M.s Kategorie vom gesellschaftlichen Gesamtarbeiter macht uns<br />

ohne Umstände klar, dass wir es auf jeden Fall mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> sich vielfältig gegliederten und (das ist wichtig) sich<br />

immer wieder verändernden sozialen Klasse zu tun haben.<br />

235 Wir sollten dabei nicht vergessen, dass die Weltherrschaft des Kapitalismus, die sich 1990 wieder herstellte,<br />

dennoch e<strong>in</strong>ige weiße, wenn nicht sogar rote Flecken aufweist. Noch hält Kuba an se<strong>in</strong>er nicht kapitalistischen<br />

Wirtschaft fest. Noch weist die Wirtschaft der VR Ch<strong>in</strong>a und auch Vietnams viele Elemente auf, die sich dem kapitalistischen<br />

Verwertungszwang widersetzen. Dennoch stimmt es ohne Zweifel, dass die Gesetze der kapitalistischen<br />

Wirtschaft weltweit den Ton angeben. Jeder Wirtschaftsraum, der sich diesen Gesetzen entziehen will,<br />

kommt doch nicht umh<strong>in</strong>, sich mit ihnen zu arrangieren. Die im Herbst 2008 offen ausgebrochene F<strong>in</strong>anzmarktkrise<br />

mit ihren weltweiten Auswirkungen hat das auf besondere Weise deutlich gemacht. Und an diesem Zwang<br />

zum Arrangement wird sich solange nichts ändern, wie nicht das vorhandene antikapitalistische Potential zur<br />

geme<strong>in</strong>samen politischen Aktion und zur ökonomischen Kooperation f<strong>in</strong>det und neue, bessere Alternativen entwickelt,<br />

als jene es waren, die 1990 unterg<strong>in</strong>gen.<br />

236 Aber Computer, Handy, HighTech-Kriege, schicke Kleidung, Autobahnen, Umweltvergiftung, Pipel<strong>in</strong>es, Kriege<br />

um Öl, tolle Filme, Musik zu jeder beliebigen Zeit, Klimawandel usw. wohl auch nicht. Denn Kapitalismus und<br />

Technikentwicklung hängen eng zusammen, wie wir noch sehen werden, und stehen doch mite<strong>in</strong>ander gleichzeitig<br />

auf dem Konfliktfuß.<br />

237 Diesen Text hat Friedrich Engels als E<strong>in</strong>leitung zu <strong>Marx</strong>' Schrift "Lohnarbeit und Kapitel" <strong>von</strong> 1891 verfaßt.<br />

Bei M.s Schrift handelt es sich um e<strong>in</strong>e ältere Arbeit, die 1849 erstmals als Folge <strong>von</strong> Artikeln erschien und auch<br />

<strong>in</strong> den Folgejahren immer wieder nachgedruckt wurde. In der ersten Fassung <strong>von</strong> "Lohnarbeit und Kapital" verwendet<br />

M. noch den <strong>von</strong> se<strong>in</strong>en Vorgängern übernommenen Begriff "Wert der Arbeit" statt "Wert der Arbeitskraft".<br />

Die Ausgabe <strong>von</strong> 1891 ist e<strong>in</strong>e <strong>von</strong> Engels überarbeitete Fassung; im Vorwort <strong>in</strong>formiert er die Leser über<br />

die wichtigsten Änderungen.<br />

238 Die kontunierliche Bewegung des Verwertungsprozesses bleibt zunächst unbeachtet. Wir werden erst später<br />

zur Kenntnis nehmen, dass <strong>in</strong> dieser Bewegung, die durch längere oder kürzere Umschlagszeiten des Kapitals erzeugt<br />

wird, wesentliche Reserven der Verwertung liegen. Denn auch M. ist natürlich klar, dass Kapital nicht bloße<br />

Verwertung, sondern sich ausweitende, möglichst schnelle Verwertung <strong>in</strong> möglichst kurzen Zyklen zum Ziel hat.<br />

239 Wenn wir mit M. vom Gesamtkapital reden, blenden wir vor allem die Konkurrenz zwischen den <strong>in</strong>dividuellen<br />

Kapitalen aus, die an dieser Stelle nicht <strong>in</strong>teressiert, aber stet im H<strong>in</strong>tergrund lauert. M. f<strong>in</strong>det dafür die sarkastische<br />

Formulierung: "<strong>Das</strong> Gesamtkapital ersche<strong>in</strong>t als das Aktienkapital aller e<strong>in</strong>zelnen Kapitalisten zusammen.<br />

Diese Aktiengesellschaft hat das mit vielen andern Aktiengesellschaften geme<strong>in</strong>, daß jeder weiß, was er h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>setzt,<br />

aber nicht, was er herauszieht." (MEW 24, S.431) Letzteres ist entscheidend und wir werden sehen, dass<br />

kapitalistische Konkurrenz nicht so sehr der Kampf um Marktanteile ist. <strong>Das</strong> ist nur die Methode. In erster L<strong>in</strong>ie<br />

ist das Kampf um den eigenen Anteil am gesellschaftlichen Mehrwert.<br />

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