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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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ziehung zwischen DDR und BRD 1961 durch Anwerbung <strong>von</strong> Arbeitskräften <strong>in</strong> europäischen Ländern, <strong>in</strong> Südkorea<br />

und der Türkei befriedigt wurde.<br />

Solche Phasen schneller Ausdehnung, die das verfügbare Potential an Arbeitskräften übersteigt, f<strong>in</strong>den sich immer<br />

wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Sektoren. Als etwa die IT-Technologie im großen Stil <strong>in</strong> den Unternehmen e<strong>in</strong>geführt<br />

wurde, wurde die Anwerbung <strong>von</strong> Arbeitskräften <strong>in</strong> Indien und Rußland versucht, um Engpässe zu überw<strong>in</strong>den,<br />

aber natürlich auch, um den günstigen Arbeitsmarktbed<strong>in</strong>gungen mit den hohen Gehältern für IT-Fachleute e<strong>in</strong>e<br />

Grenze zu ziehen.<br />

322 "Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats."(MEW23, S.642) Mit diesem Satz wiederholt<br />

M. im Kapital se<strong>in</strong>e schon zusammen mit Engels 1849 <strong>in</strong> "Lohnarbeit und Kapital" getroffene Feststellung<br />

(s. MEW 6, S.410). Die Festellung gilt aber <strong>in</strong> jedem Fall mit der E<strong>in</strong>schränkung, dass die extensive Akkumulation<br />

<strong>in</strong>sgesamt oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Sektoren dom<strong>in</strong>iert, oder, um M. selbst sprechen zu lasen: "...die Exploitations- und<br />

Herrschaftssphäre des Kapitals dehnt sich nur aus mit se<strong>in</strong>er eigenen Dimension und der Anzahl se<strong>in</strong>er Untertanen."<br />

(MEW 23, S.645f)<br />

323 "Da <strong>in</strong> jedem Jahr mehr Arbeiter beschäftigt werden als im vorhergehenden, so muß früher oder später der<br />

Punkt e<strong>in</strong>treten, wo die Bedürfnisse der Akkumulation anfangen, über die gewöhnliche Zufuhr <strong>von</strong> Arbeit h<strong>in</strong>auszuwachsen,<br />

wo also Lohnsteigerung e<strong>in</strong>tritt." (MEW 23, S.641)<br />

Wohlgemerkt: <strong>Das</strong> ist ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Feststellung, sondern an die Phasen gebunden, <strong>in</strong> denen Akkumulation<br />

bei gleichbleibender organischer Zusammensetzung des Kapitals stattf<strong>in</strong>det, was wir extensive Akkumulation<br />

nennen. M. selbst bezieht sich mit der Feststellung ausdrücklich auf das 15. und die <strong>1.</strong> Hälfte des 18. Jahrhunderts,<br />

also auf Zeiträume, <strong>in</strong> denen durchweg das extensive Akkumulationsregime bei niedriger organischer Zusammensetzung<br />

allgeme<strong>in</strong> herrschte. In dieser re<strong>in</strong>en Form tritt es danach kaum mehr auf, sondern bildet sich<br />

nurmehr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Sektoren oder phasenweise, meist nach Krisen und Kriegen, als aufholende Entwicklung<br />

heraus.<br />

324 So wie heute den jammernden Managern offenbar nicht klar ist, dass hohe Löhne vielleicht nicht für das eigene<br />

Unternehmen, ganz sicher aber für das System im Ganzen wichtig s<strong>in</strong>d. Für beide war und ist die Senkung<br />

der Löhne (was wir Steigerung des relativen Mehrwerts nannten) das primäre Kampfziel. Wenn ihnen auch die<br />

Arbeiter der anderen Fabrikanten jederzeit willkommene Konsumenten s<strong>in</strong>d: Die <strong>von</strong> ihnen selbst gezahlten Löhne<br />

werden jederzeit als gew<strong>in</strong>nreduzierende Kosten empfunden.<br />

325 MEW 23, S.646. Man beachte auch, dass M. hier nicht vom wachsenden Wert der Arbeitskraft redet. In solchen<br />

Phasen ist es möglich, am Mehrwert zu "knabbern". Ob diese Besserung der Lebensverhältnisse beständig<br />

ist und sich zu dauerhaft höheren Löhnen verfestigt, hängt alle<strong>in</strong> <strong>von</strong> der Position der Arbeitskraft ab und wird<br />

durch die Nachfrage und den Klassenkampf geregelt, der ja <strong>in</strong> Bezug auf die Löhne nichts anderes ist als Regulierung<br />

des Angebots durch Solidarität. Damit aus höheren Löhnen e<strong>in</strong> höherer Wert der Arbeitskraft wird, muß es<br />

jedoch über zeitweilige Angebotsschwankungen h<strong>in</strong>aus auch zu e<strong>in</strong>er Änderung der gesellschaftlichen Reproduktionskosten<br />

kommen. Bessere Ausbildung und höhere Mobilität spielen dabei ebenso e<strong>in</strong>e Rolle wie der sich immer<br />

neu herausbildende gesellschaftliche Konsens über die angemessene Lebensweise. <strong>Das</strong> ist das <strong>von</strong> M. genannte<br />

"historische und moralische Element" <strong>in</strong> der Wertbestimmung der Arbeitskraft.<br />

326 "<strong>Das</strong> Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist nichts als das Verhältnis zwischen der unbezahlten,<br />

<strong>in</strong> Kapital verwandelten Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen<br />

Arbeit. Es ist also ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong> Verhältnis zweier <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander unabhängigen Größen, e<strong>in</strong>erseits der Größe des<br />

Kapitals, andrerseits der Zahl der Arbeiterbevölkerung, es ist vielmehr <strong>in</strong> letzter Instanz nur das Verhältnis zwischen<br />

der unbezahlten und der bezahlten Arbeit derselben Arbeiterbevölkerung. Wächst die Menge der <strong>von</strong> der<br />

Arbeiterklasse gelieferten und <strong>von</strong> der Kapitalistenklasse akkumulierten, unbezahlten Arbeit rasch genug, um nur<br />

durch e<strong>in</strong>en außergewöhnlichen Zuschuß bezahlter Arbeit sich <strong>in</strong> Kapital verwandeln zu können, so steigt der<br />

Lohn, und alles andre gleichgesetzt, nimmt die unbezahlte Arbeit im Verhältnis ab. Sobald aber diese Abnahme<br />

den Punkt berührt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht mehr <strong>in</strong> normaler Menge angeboten wird, so<br />

tritt e<strong>in</strong>e Reaktion e<strong>in</strong>: e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerer <strong>Teil</strong> der Revenue (= E<strong>in</strong>künfte; E<strong>in</strong>nahmen) wird kapitalisiert, die Akkumulation<br />

erlahmt, und die steigende Lohnbewegung empfängt e<strong>in</strong>en Gegenschlag. Die Erhöhung des Arbeitspreises<br />

bleibt also e<strong>in</strong>gebannt <strong>in</strong> Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen,<br />

sondern auch se<strong>in</strong>e Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern. <strong>Das</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Naturgesetz mystifizierte<br />

Gesetz der kapitalistischen Akkumulation drückt also <strong>in</strong> der Tat nur aus, daß ihre Natur jede solche Abnahme im<br />

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