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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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25. Gibt es Arbeitsteilung ohne Warenproduktion? Und wenn ja: Wo?<br />

Jede Menge sogar. Jede Fabrik ist e<strong>in</strong> Ort <strong>in</strong>tensiver Arbeitsteilung, ohne dass es zur Warenproduktion<br />

kommt. Denn es stehen sich nicht unabhängige Produzenten gegenüber. Diese Form<br />

der Arbeitsteilung wird meist als technische oder technologische gegenüber der gesellschaftlichen<br />

oder sozialökonomischen Arbeitsteilung bezeichnet.<br />

M. berichtet im "Kapital" aber auch <strong>von</strong> historischen Gesellschaftsformen wie der "<strong>in</strong>dischen<br />

Dorfgeme<strong>in</strong>schaft", <strong>in</strong> denen es trotz ausgeprägter Arbeitsteilung nicht zur Warenproduktion<br />

gekommen sei, da man als geme<strong>in</strong>schaftlich handelnder Produzent aufgetreten sei, ohne dass<br />

die Produzierenden als e<strong>in</strong>ander unabhängig gegenüberstehende Produzenten gehandelt hätten.<br />

Man kann daher sagen, dass es zwar ke<strong>in</strong>e Warenproduktion ohne Arbeitsteilung, sehr wohl<br />

aber Arbeitsteilung ohne Warenproduktion gibt.<br />

26. Welche Rolle spielt der Gebrauchswert im Austauschprozess? Hängt "Gebrauchswert"<br />

eher mit Bedarf oder mit Bedürfnis zusammen?<br />

Der Gebrauchswert ist die Grundlage jedes Tausches. Dabei geht es nicht alle<strong>in</strong> darum, ob die<br />

Ware e<strong>in</strong>en Gebrauchswert hat, sondern darum, ob sie e<strong>in</strong>en Gebrauchswert für e<strong>in</strong>en Käufer<br />

hat. Gebrauchswert für jemanden, der nicht kaufen kann, nützt nichts. Deshalb geht es <strong>in</strong> der<br />

Warenproduktion auch nicht um Bedürfnis, sondern um Bedarf. Also nicht um die bei Menschen<br />

vorhandene Notwendigkeit oder den Wunsch, etwas zu erwerben, sondern erstmal um die tatsächlich<br />

vorhandene zahlungsfähige Nachfrage.<br />

Trotzdem spielen Wünsche vor allem im Konsumgütermarkt e<strong>in</strong>e große Rolle. Der Verkäufer e<strong>in</strong>er<br />

Ware ist nämlich schlau genug, die menschlichen Eigenschaften für sich zu nutzen: Neugier,<br />

Stolz, Liebe zur Familie und Freunden, Egozentrik, Spaß usw. So werden Weihnachten und Muttertag<br />

erfunden und Marken kreiert, die dem Ego schmeicheln. All das mit dem Ziel, sich nötigenfalls<br />

e<strong>in</strong>e Nachfrage zu schaffen. Freilich auch das nicht gegen das Wertgesetz: Gel<strong>in</strong>gt es<br />

e<strong>in</strong>er Marke, zum Muttertag oder zu Weihnachten oder bei Jugendlichen kräftig abzusahnen,<br />

wird damit nur umverteilt. Aber all das geschieht, <strong>in</strong>dem man den Gebrauchswert als Vehikel<br />

nutzt und neue Gebrauchswerte dazu erf<strong>in</strong>det: <strong>Das</strong> Produkt macht nicht nur satt, sondern auch<br />

Spaß, schlank, schön, gesund, jung, vital... Wir kennen das alle und haben uns an diese Lügen<br />

gewöhnt.<br />

27. Widerspricht nicht das Gesetz <strong>von</strong> Angebot und Nachfrage dem <strong>von</strong> M. vertretenen<br />

Tauschwert-Konzept?<br />

Könnte man me<strong>in</strong>en. Dann wäre die Argumentation etwa so: "Wenn sich Preise durch Angebot<br />

und Nachfrage regulieren, würde e<strong>in</strong>e Ware als knappes Gut über ihrem Wert verkauft werden.<br />

Nach <strong>Marx</strong> aber ist der Wert e<strong>in</strong>er Ware durch die dar<strong>in</strong> enthaltene gesellschaftliche Arbeit bestimmt."<br />

<strong>Das</strong> Argument kl<strong>in</strong>gt zunächst mal gut, geht aber an der Sache völlig vorbei. Die Arbeitswertlehre<br />

ist e<strong>in</strong>e grundsätzliche Feststellung und Grundlage des Wertgesetzes. Angebot und Nachfrage<br />

aber s<strong>in</strong>d Faktoren der Preisbildung. Preis und Wert s<strong>in</strong>d nicht dasselbe. Für M. s<strong>in</strong>d sie aus verschiedenen<br />

Gründen praktisch niemals deckungsgleich. Dazu später mehr. Dennoch wird natürlich<br />

auch Angebot und Nachfrage durch das Wertgesetz dom<strong>in</strong>iert. Gibt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Branche (aus<br />

welchen Gründen auch immer) die Möglichkeit, Waren deutlich über ihrem "Wert" zu verkaufen<br />

passiert zweierlei:<br />

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