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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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sicherung bei Krankheit und Unfall (<strong>von</strong> Rente ganz zu schweigen) und daher e<strong>in</strong> sehr viel höheres Armutsrisiko.<br />

Die OECD ist e<strong>in</strong>e politische Plattform der wirtschaftsstärksten Staaten. Doch die Studie muß e<strong>in</strong>räumen, dass die<br />

Zunahme ungesicherter, jederzeit kündbarer Arbeitsverhältnisse auch für die entwickelten kapitalistischen Länder<br />

gilt.<br />

370 Unheil verkündende Warnung<br />

371 Er<strong>in</strong>nern unsere nunmehr 150 Jahre dauernden Bemühungen, das absolute, allgeme<strong>in</strong>e Gesetz der Akkumulation<br />

<strong>in</strong> Schranken zu verweisen, womöglich an Sisyphos, den erst cleveren, dann ziem- lich elenden Griechen,<br />

der immerfort e<strong>in</strong>e unlösbare Aufgabe zu lösen versuchte?<br />

Den hatten die Götter, die offenbar stolz auf ihren grimmig-zynischen Humor waren, dazu verurteilt, im Totenreich<br />

e<strong>in</strong>en schweren Ste<strong>in</strong> den Berg h<strong>in</strong>aufzurollen. Jedesmal, wenn es be<strong>in</strong>ahe geschafft war, stürzte der Ste<strong>in</strong><br />

den Berg wieder h<strong>in</strong>unter. <strong>Das</strong> bösartige Götterspielchen begann für Sisyphos <strong>von</strong> vorn.<br />

Und wofür die Strafe? Sisyphos verriet e<strong>in</strong>en <strong>von</strong> Zeus' zahllosen Vergewaltigungsplänen an den Vater des ausgewählten<br />

Opfers. Dafür sollte Sisyphos (nicht Zeus) zur Strafe <strong>in</strong>s Totenreich. Allerd<strong>in</strong>gs gelang es ihm, den Tod,<br />

der den Gefangenentransport übernehmen sollte, zu übertölpeln und zu fesseln und dessen Macht über das Leben<br />

damit zu beenden. <strong>Das</strong> mißfiel wieder den Göttern, vor allem Kriegsgott Ares, dem offenbar die Schlachtfeldopfer<br />

da<strong>von</strong>liefen. Ares befreite den Tod, der dann doch noch Sisyphos <strong>in</strong>s Totenreich verschleppte und ihm<br />

se<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>e Strafarbeit aufbrummte. Da niemand sich mit den Göttern und ihrer Propagandaabteilung ungestraft<br />

anlegt, gilt Sisyphos seitdem <strong>in</strong> gebildeten Kreisen als der verschlagenste und h<strong>in</strong>terhältigste aller Menschen.<br />

Was nur beweist, dass Bildung alle<strong>in</strong> auch nichts taugt.<br />

Gottseidank haben wir mit solchen Göttern nichts am Hut. Unser Rezept gegen hoffnungslos sche<strong>in</strong>ende Fälle<br />

dieser Art: Geme<strong>in</strong>sam handeln, nicht alle<strong>in</strong>e anpacken (Solidarität!), alles gut organisieren (Synergien nutzen!),<br />

e<strong>in</strong>e Menge Seile, e<strong>in</strong>en Flaschenzug und ordentliche Keile mitnehmen (Produktivkräfte beherrschen!), dann<br />

oben am Gipfel mit 'nem Ruck den Ste<strong>in</strong> hoch wuchten (Überraschungseffekt!). <strong>Das</strong> wär's.<br />

372 MEW 24, S.491<br />

373 <strong>Das</strong> Bild vom Kreislauf übernehmen wir <strong>von</strong> M. selbst. Wieweit auch dieses Bild, wie so oft bei M., auf Erkenntnisse<br />

der Naturwissenschaft anspielt, etwa auf die mediz<strong>in</strong>ische Beschreibung des Blutkreislaufs, wissen wir<br />

nicht. Wenn es sich alle<strong>in</strong> um die geometrische Figur des Kreises handelt, wäre jedoch der Vergleich mit e<strong>in</strong>er<br />

Spirale womöglich passender, weil die Kreisbewegung selbst dank der Akkumulation an "Höhe" gew<strong>in</strong>nt. Daran<br />

ist immer zu denken, wenn wir auch nicht immer ausdrücklich darauf h<strong>in</strong>weisen. Doch ob Kreislauf oder Spirale:<br />

In jedem Fall ist es nur e<strong>in</strong> Bild zur Verdeutlichung.<br />

374 MEW 24, S.65. Über se<strong>in</strong>e Analyse der Kreisläufe aus den verschiedenen Perspektiven sagt M.: "So stellt sich<br />

der ganze Unterschied als e<strong>in</strong> bloß formaler dar, oder auch als e<strong>in</strong> bloß subjektiver, nur für den Betrachter bestehender<br />

Unterschied." (MEW 24, S.105)<br />

Aber wenn es auch nur e<strong>in</strong> formaler Unterschied ist, so ist doch die Analyse dieser "bloß formalen" Unterschiede<br />

ke<strong>in</strong> Zeitvertreib. Wir wissen <strong>in</strong>zwischen, wie zentral <strong>in</strong> M.s Methode die Analyse der Formen ist: <strong>Das</strong>s etwas geschieht,<br />

ist wichtig festzustellen. Aber viel <strong>in</strong>teressanter ist ihm die Frage, <strong>in</strong> welcher Form es geschieht und wo<strong>von</strong><br />

diese Formen abhängen. Dem Wechsel der Form kann er nur durch den Wechsel der Perspektive auf die Spur<br />

kommen. Nur dadurch wird klar, dass Geld und Waren und Masch<strong>in</strong>en ke<strong>in</strong>e Faktoren oder Zustände, sondern<br />

immer dasselbe sich bewegende Kapital ist. Über den Formwandel desselben Kapitals kommt er se<strong>in</strong>er Bewegung<br />

auf die Spur.<br />

375 Der erste Band trägt ja nicht ohne Grund den Untertitel "Der Produktionsprozess des Kapitals". <strong>Das</strong> ist wieder<br />

e<strong>in</strong>e <strong>von</strong> M.s beliebten doppels<strong>in</strong>nigen Formulierungen. Doppels<strong>in</strong>nig, weil es im <strong>1.</strong> Band sowohl darum geht<br />

zu zeigen, wie der Produktionsprozess unter Kapitalregie gestaltet wird, als auch zu zeigen, wie das Kapital<br />

selbst als soziales Verhältnis produziert wird.<br />

376 M. schreibt: "Der Kreislaufsprozeß des Kapitals geht vor sich <strong>in</strong> drei Stadien, welche, nach der Darstellung<br />

des ersten Bandes, folgende Reihe bilden:<br />

Erstes Stadium: Der Kapitalist ersche<strong>in</strong>t auf dem Warenmarkt und Arbeitsmarkt als Käufer; se<strong>in</strong> Geld wird <strong>in</strong><br />

Ware umgesetzt oder macht den Zirkulationsakt G – W durch.<br />

322

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