09.01.2013 Aufrufe

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

sch<strong>in</strong>en und Arbeit, billig e<strong>in</strong>kaufen, gute Marktanalyse usw.usf. Zweifellos s<strong>in</strong>d diese Faktoren wichtig, um die<br />

Unterschiede zwischen den Unternehmen und die Differenzierung der e<strong>in</strong>zelnen Kapitale nach Größe, Markte<strong>in</strong>fluß<br />

und Rendite zu erklären.<br />

Aber sie erklären nicht, wie die Konkurrenz überhaupt entsteht, warum der Reichtum des Kapitals <strong>in</strong>sgesamt<br />

wächst, obwohl es so viele Kapitale <strong>in</strong> diesem Prozess zerbröselt, und woher dieser Zuwachs stammt, und warum<br />

dieser Prozess so oft und regelmäßig durch Krisen unterbrochen und vorangestrieben wird.<br />

287 M. entwickelt se<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong> Unternehmen, das se<strong>in</strong>e Produktivität bei sonst gleichbleibenden Kosten<br />

verdoppelt. Natürlich ergibt die Anwendung der Werttheorie, dass sich damit die Wertmasse und also auch die<br />

Mehrwertmasse nicht erhöht:<br />

"Trotz der verdoppelten Produktivkraft schafft der Arbeitstag nach wie vor nur e<strong>in</strong>en Neuwert <strong>von</strong> 6 sh.<br />

(=Shill<strong>in</strong>g; 20 sh waren e<strong>in</strong> Pfund), welcher sich jedoch jetzt auf doppelt soviel Produkte verteilt. Auf jedes e<strong>in</strong>zelne<br />

Produkt fällt daher nur noch 1/24 statt 1/12 dieses Gesamtwerts, 3 d. statt 6 d (= Pence; 12 Pence waren<br />

1 Shill<strong>in</strong>g), oder, was dasselbe ist, den Produktionsmitteln wird bei ihrer Verwandlung <strong>in</strong> Produkt, jedes Stück berechnet,<br />

jetzt nur noch e<strong>in</strong>e halbe statt wie früher e<strong>in</strong>e ganze Arbeitsstunde zugesetzt. Der <strong>in</strong>dividuelle Wert dieser<br />

Ware steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen<br />

derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbed<strong>in</strong>gungen. <strong>Das</strong> Stück kostet im Durchschnitt<br />

1 sh. oder stellt 2 Stunden gesellschaftlicher Arbeit dar; mit der veränderten Produktionsweise kostet es<br />

nur 9 d. oder enthält nur 1 1/ 2 Arbeitsstunden. Der wirkliche Wert e<strong>in</strong>er Ware ist aber nicht ihr <strong>in</strong>dividueller, sondern<br />

ihr gesellschaftlicher Wert, d.h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im e<strong>in</strong>zelnen Fall dem<br />

Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit. Verkauft<br />

also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, se<strong>in</strong>e Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert <strong>von</strong> 1<br />

sh., so verkauft er sie 3 d. über ihrem <strong>in</strong>dividuellen Wert und realisiert so e<strong>in</strong>en Extramehrwert <strong>von</strong> 3 d. Andrerseits<br />

stellt sich aber der zwölfstündige Arbeitstag jetzt für ihn <strong>in</strong> 24 Stück Ware dar statt früher <strong>in</strong> 12. Um also<br />

das Produkt e<strong>in</strong>es Arbeitstags zu verkaufen, bedarf er doppelten Absatzes oder e<strong>in</strong>es zweifach größern Markts.<br />

Unter sonst gleichbleibenden Umständen erobern se<strong>in</strong>e Waren nur größern Marktraum durch Kontraktion ihrer<br />

Preise. Er wird sie daher über ihrem <strong>in</strong>dividuellen, aber unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen, sage zu 10<br />

d. das Stück. So schlägt er an jedem e<strong>in</strong>zelnen Stück immer noch e<strong>in</strong>en Extramehrwert <strong>von</strong> 1 d. heraus. Diese<br />

Steigerung des Mehrwerts f<strong>in</strong>det für ihn statt, ob oder ob nicht se<strong>in</strong>e Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel<br />

angehört und daher bestimmend <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Wert der Arbeitskraft e<strong>in</strong>geht. Vom letztren Umstand<br />

abgesehn, existiert also für jeden e<strong>in</strong>zelnen Kapitalisten das Motiv, die Ware durch erhöhte Produktivkraft<br />

der Arbeit zu verwohlfeilern.(...)<br />

Andrerseits aber verschw<strong>in</strong>det jener Extramehrwert, sobald die neue Produktionsweise sich verallgeme<strong>in</strong>ert und<br />

damit die Differenz zwischen dem <strong>in</strong>dividuellen Wert der wohlfeiler produzierten Waren und ihrem gesellschaftlichen<br />

Wert verschw<strong>in</strong>det. <strong>Das</strong>selbe Gesetz der Wertbestimmung durch die Arbeitszeit, das dem Kapitalisten mit<br />

der neuen Methode <strong>in</strong> der Form fühlbar wird, daß er se<strong>in</strong>e Ware unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen<br />

muß, treibt se<strong>in</strong>e Mitbewerber als Zwangsgesetz der Konkurrenz zur E<strong>in</strong>führung der neuen Produktionsweise. Die<br />

allgeme<strong>in</strong>e Rate des Mehrwerts wird also durch den ganzen Prozeß schließlich nur berührt, wenn die Erhöhung<br />

der Produktivkraft der Arbeit Produktionszweige ergriffen, also Waren verwohlfeilert hat, die <strong>in</strong> den Kreis der<br />

notwendigen Lebensmittel e<strong>in</strong>gehn, daher Elemente des Werts der Arbeitskraft bilden." (MEW 23, S.336ff)<br />

M. zeigt hier erstmals, wie die Steigerung der Arbeitsproduktivität (oder Senkung der Kosten, was dasselbe ist)<br />

dem Kapitalisten Extraprofit sichert und se<strong>in</strong>e Marktposition erweitert. Der oben schon zitierte Satz aus dem<br />

"Kommunistischen Manifest", 1848 noch ganz aus der Anschauung gewonnen, nämlich: "Die Bourgeoisie kann<br />

nicht existieren, ohne die Produktions<strong>in</strong>strumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren", f<strong>in</strong>det jetzt mit dem relativen Mehrwert und dem Extramehrwert<br />

se<strong>in</strong>e erste theoretische Begründung. Wir werden auf die Kategorie des Extraprofits noch ausführlich zurückkommen<br />

müssen, sobald es um die seit M.s Zeiten bewirkte Strukturveränderungen des Kapitals und die<br />

Analyse des gegenwärtigen Kapitalismus geht.<br />

288 Wir s<strong>in</strong>d diesem Zusammenhang bereits früher begegnet, als wir uns zum ersten Mal Gedanken über die<br />

Wirkung des Wertgesetzes machten. Dabei behandelten wir diesen Zustand, <strong>in</strong> dem die Produzenten derselben<br />

Waren mit unterschiedlicher Produktivität arbeiten, als Abweichung vom Modell der Warenproduktion. Jetzt<br />

nehmen wir es als Abbild der Realität <strong>in</strong> unsere Überlegungen erstmals auf und fügen die kapitalistische Konkurrenz<br />

h<strong>in</strong>zu. Die Unterschiede <strong>in</strong> der Arbeitsproduktivität werden zu e<strong>in</strong>er der wesentlichen Triebkräfte der kapita-<br />

302

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!