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Die Wirtschaftsschule – Verdienste und Entwicklungsperspektiven ...

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<strong>Die</strong> <strong>Wirtschaftsschule</strong> <strong>–</strong> <strong>Verdienste</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklungsperspektiven</strong> einer bayerischen Schulart<br />

22<br />

2.2 Gesellschaftliche <strong>und</strong> wirtschaftliche Prägekräfte<br />

<strong>Die</strong> Idee <strong>und</strong> das Bedürfnis, zum Ausgang des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts diese Lehranstalten für Mädchen<br />

zu schaffen, resultieren aus tief greifenden Umwälzungen in den wirtschaftlichen Strukturen. <strong>Die</strong><br />

Entwicklung vom Agrar- zum Industriestaat <strong>und</strong> die zunehmende Einbindung in die Weltwirtschaft<br />

charakterisieren die Arbeitswelt. Neben den Veränderungen im Produktionsprozess werden auch<br />

die kaufmännischen Tätigkeitsfelder immer stärker von arbeitsteiligen <strong>und</strong> spezialisierten Arbeitsvorgängen<br />

erfasst. Für diese Arbeiten wird <strong>–</strong> auch befördert durch liberales Ideengut <strong>–</strong> in zunehmendem<br />

Maße die Frau entdeckt. Allerdings sind junge Frauen für diese Tätigkeiten nicht genügend<br />

qualifiziert, da das schulische Angebot (Werktagsschule mit sieben Schuljahren <strong>und</strong> anschließender<br />

Besuch der Sonntagsschule) vor allem allgemein bildende Inhalte vermittelt.<br />

So ist es auch die Industrie, die dem in den Münchner Neuesten Nachrichten erscheinenden Aufruf (1.<br />

Juli 1862) von Anton Riemerschmid <strong>und</strong> Matthias Reischle Folge leistet <strong>und</strong> die Gründung der ersten<br />

Handelslehranstalt für Frauenzimmer realisiert.<br />

„Der Verdienst für weibliche Arbeiten ist bekanntlich sehr gering <strong>und</strong> steht derart außer Verhältnis mit<br />

dem Verdienst der Männer, daß es nicht mehr als gerecht wäre, wenn für einen höheren weiblichen<br />

Erwerb gesorgt würde. In der Tat sind die meisten der vielen auf sich angewiesenen Mädchen trotz<br />

Geschicklichkeit, Fleiß <strong>und</strong> Sparsamkeit <strong>und</strong> mit dem besten Willen, sich anständig fortzubringen,<br />

nicht im Stande, sich soviel zu verdienen, als für einen kärglichen Lebensunterhalt, Kleidung <strong>und</strong><br />

Wohnung nötig ist. <strong>Die</strong> Unterzeichneten (Riemerschmid <strong>und</strong> Reischle, d. V.) hegen die Überzeugung,<br />

daß die Ursache des niederen <strong>Verdienste</strong>s für die Arbeiten der Frauenzimmer in der Beschränkung<br />

ihres Wirkungskreises liegt; der Verdienst würde sich mit der Zeit erhöhen, wenn ihnen ein mannigfaltigeres<br />

Gebiet der Beschäftigung zugänglich gemacht werden würde. Gewiß werden alle einsichtsvollen<br />

Männer unsere Ansicht teilen, daß der Ladendienst in kaufmännischen Geschäften, ja sogar<br />

ein Teil der leichteren Kontorarbeiten für fähige Mädchen völlig geeignet wäre, vorausgesetzt, daß sie<br />

gründliche Vorkenntnisse besitzen im kaufmännischen Rechnen, in der Buchhaltung.“ (abgedruckt<br />

in: Siekaup, 2000, S.17)<br />

Ziel der neu gegründeten Riemerschmid-Handelsschule München ist, die Mädchen nach der Werktagsschule,<br />

über zwei Jahre hinweg auf kaufmännische Tätigkeiten vorzubereiten <strong>und</strong> die Allgemeinbildung<br />

zu ergänzen. Entsprechend sind die Unterrichtsfächer ausgerichtet (vgl. Siekaup, 2000, S.19):<br />

Unterrichtsfächer 1. Kurs 2. Kurs<br />

Kaufm. Rechnen 7 6<br />

Buchhaltung 3 4<br />

Deutsche Sprache, Kontorwissenschaft, Handelskorrespondenz 6 6<br />

Französische Sprache 4 3<br />

Schönschreiben 4 3<br />

Warenk<strong>und</strong>e - 2<br />

Wochenst<strong>und</strong>en gesamt 24 24<br />

Tab. 1: <strong>Die</strong> St<strong>und</strong>entafel an der Riemerschmid Handelsschule München 1862/63

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