Die Wirtschaftsschule – Verdienste und Entwicklungsperspektiven ...

1.1 Ort des Übens
Der Unterricht in der Übungsfirma
Die Ansiedelung des Faches „Übungsfirmenarbeit“ in der 9. und 10. Jahrgangsstufe (3- und 4-stu-
fige Wirtschaftsschule) bietet ideale Voraussetzungen für die Arbeit in der Übungsfirma. Zu diesem
Zeitpunkt sind eine Vielzahl theoretischer Grundlagen gelegt worden. Die Übungsfirma kann diese
Kenntnisse aufgreifen und in der praktischen Arbeit anwenden.
Das Setzen eines theoretischen Hintergrundes im Fachunterricht ist für die anfängliche Tätigkeit in
der Übungsfirma entscheidend. Geht man vom Selbstverständnis der Übungsfirma aus, dann ist sie
keine Spielwiese, sondern ein Betrieb, der sich in einem Markt behaupten muss. Schüler sind demnach
als Mitarbeiter zu verstehen, die nach einer kurzen Einarbeitungszeit möglichst schnell einsatzfähig
sein müssen. Die erforderliche Fachkompetenz kann nur bedingt im Fach Übungsfirmenarbeit
vermittelt werden. Vielmehr werden alltägliche Fertigkeiten, wie das DIN-gerechte Schreiben eines
Geschäftsbriefes, Grundlagen des Kaufvertrages oder das Buchen von Belegen vorausgesetzt.
Wollte man in der Übungsfirma aktuellen Lernstoff aus dem Fachunterricht zeitgleich mit allen Schülern
üben, würde man an Grenzen stoßen. Im Gegensatz zum Lernkontor mit fehlenden Außenkontakten
muss die Übungsfirma die Faktoren Reaktionszeit und Kundenzufriedenheit im Fokus haben.
Zeit für eine Abkehr von der Geschäftstätigkeit bleibt nur bedingt.
1.2 Lernort eigener Prägung
Eine Einengung der Übungsfirmenarbeit auf reines Üben wäre zu kurz gegriffen. Die Kenntnisse
aus den anderen Fächern bilden nur das Handwerkszeug, das für das Erwerben neuer Fertigkeiten
benötigt wird. Keine Stelle bzw. Abteilung gleicht einer anderen und selbst Routinearbeiten werden
durch Unvorhergesehenes durchbrochen. Wie im realen Wirtschaftsleben werden die Mitarbeiter mit
fehlerhaften Arbeiten, außergewöhnlichen Situationen, Anfragen oder in der Reflexion der eigenen
Arbeit konfrontiert. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, genügt es nicht, ein Lehrbuch in die
Hand zu nehmen. Vielmehr ist der einzelne Mitarbeiter gefordert bzw. wird in Team- oder Abteilungsbesprechungen
nach Lösungen gesucht.
Der Rahmen eines Betriebes bietet weit mehr als das Vermitteln fachlicher Kompetenzen. Den Blick
auf Methoden-, Sozial- und Personalkompetenzen zu richten, ist unabdingbar. Nur wer in der Lage
ist, neue Aufgaben zu bewältigen und sich darüber hinaus in ein soziales Gefüge zu integrieren, wird
in der Übungsfirma und später im Berufsleben Erfolg haben.
Die Übungsfirma kann dann als pädagogisches Zentrum verstanden werden, wenn sie zum einen
die Kenntnisse aus dem Fachunterricht aufgreift und zum anderen zum Impulsgeber für eben diese
Fächer wird. Das Erlernen bzw. Reflektieren eines Lernstoffes anhand aktueller Geschäftsfälle aus
der Übungsfirma im Fachunterricht kann weitaus anschaulicher sein, als Handlungssituationen
künstlich zu kreieren. Daher fällt dem Fach Übungsfirmenarbeit neben einer Nehmer- auch eine
Geberfunktion zu.
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