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Die Wirtschaftsschule – Verdienste und Entwicklungsperspektiven ...

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<strong>Die</strong> <strong>Wirtschaftsschule</strong> <strong>–</strong> <strong>Verdienste</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklungsperspektiven</strong> einer bayerischen Schulart<br />

46<br />

Sozialwissenschaften (WiSo) berechtigte. Das Gymnasium hatte nach dem Krieg eine Höhere Han-<br />

delsschule bzw. ein Wirtschaftsgymnasium mit Höherer Handelsschule. <strong>Die</strong>s lief jedoch 1973/74 aus<br />

(Stoll, 1955).<br />

<strong>Die</strong> <strong>Wirtschaftsschule</strong> genießt nur geringe Aufmerksamkeit in Medien <strong>und</strong> Parteipolitik: In den Medien<br />

spielt die <strong>Wirtschaftsschule</strong> <strong>–</strong> etwa im Gegensatz zum Gymnasium <strong>und</strong> zur Hauptschule <strong>–</strong> eine<br />

geringe Rolle. Eine einfache Stichwortsuche in einem bayerischen Medium wie der Süddeutschen<br />

Zeitung führt zu deutlichen Ergebnissen. Parteipolitisch scheinen die relevanten Auseinandersetzungen<br />

in der Gymnasialpolitik <strong>und</strong> der Haupt- bzw. Mittelschulpolitik geschlagen, also jenseits der <strong>Wirtschaftsschule</strong>.<br />

In der bayerischen Koalitionsvereinbarung 2008 bis 2013 wird die <strong>Wirtschaftsschule</strong><br />

nur im Kontext der Ganztagsschule erwähnt, wo sie <strong>–</strong> als einzige Schulart <strong>–</strong> explizit von geb<strong>und</strong>enen<br />

Ganztagsschulen ausgeklammert wird. <strong>Die</strong> bayerische SPD hat ihre Reformvorstellungen zur schulischen<br />

<strong>und</strong> beruflichen Bildung auf dem Parteitag 2010 in Bayreuth im Beschlussbuch niedergelegt.<br />

Dort wird die Idee der Gemeinschaftsschule ausgebreitet. <strong>Die</strong> <strong>Wirtschaftsschule</strong> wird nicht erwähnt.<br />

Bündnis 90/Grüne stehen schulpolitisch für flexible Lösungen vor Ort. Obwohl sich prinzipiell auch<br />

die <strong>Wirtschaftsschule</strong> hier integrieren lässt (siehe Tolle in diesem Band), fokussiert sich die Diskussion<br />

stark auf das dreigliedrige Schulsystem. Sowohl zu der von der CSU propagierten Mittelschule<br />

als auch zur von der SPD geforderten Gemeinschaftsschule steht die <strong>Wirtschaftsschule</strong> in einem<br />

nicht spannungsfreien Verhältnis.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Wirtschaftsschule</strong> hat im Vergleich zu anderen Schularten eine problematische Vertretung der<br />

eigenen Interessen. <strong>Die</strong> Trägerstruktur, d. h. das Nebeneinander von privaten <strong>und</strong> öffentlichen Schulen,<br />

erschwert <strong>–</strong> durch die unterschiedlichen Rationalitäten bzw. den Erfolgskriterien <strong>–</strong> eine erschwerte<br />

Vertretung der Interessen durch die Schulen selbst. <strong>Die</strong> Situation einzelner <strong>Wirtschaftsschule</strong>n ist<br />

zum Teil gr<strong>und</strong>legend unterschiedlich: <strong>Die</strong> <strong>Wirtschaftsschule</strong> als Realschulersatz im Speckgürtel<br />

einer Metropole steht neben einer Schule im sich ausdünnenden ländlichen Raum <strong>und</strong> diese neben<br />

einer großstädtischen Schule mit hervorragender Verkehrsanbindung. Entsprechend schwer ist es,<br />

gemeinsame Vorstellungen gegenüber der Politik zu bilden. <strong>Die</strong> <strong>Wirtschaftsschule</strong> hatte von Anfang<br />

an keine einheitliche Lehrerschaft (siehe auch Schulter in diesem Band). <strong>Die</strong> Lehrkräfte der <strong>Wirtschaftsschule</strong><br />

setzen sich <strong>–</strong> neben den Fachlehrkräften <strong>–</strong> traditionell aus Wirtschaftspädagogen <strong>und</strong><br />

Gymnasiallehrkräften zusammen. <strong>Die</strong> Wirtschaftspädagogen werden traditionell durch den Verband<br />

der Lehrer an beruflichen Schulen (VLB), die Gymnasiallehrkräfte durch den bayerischen Philologenverband<br />

(BPV) <strong>und</strong> beide durch die Gewerkschaft Erziehung <strong>und</strong> Wissenschaft (GEW) vertreten. Der<br />

BPV versteht sich selbst als Berufsverband der Lehrkräfte an Gymnasien <strong>und</strong> Beruflichen Oberschulen<br />

in Bayern <strong>und</strong> der Verband hat weder ein Referat noch einen Arbeitskreis zur <strong>Wirtschaftsschule</strong>.<br />

<strong>Die</strong> bayerische GEW setzt in ihrer bildungspolitischen Positionsbestimmung auf eine Schule für<br />

alle Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen bis zum Ende der Pflichtschulzeit. Das ist keine Perspektive für die<br />

<strong>Wirtschaftsschule</strong>. Der VLB hat im Gegensatz zu den anderen Interessenvertretungen ein eigenes<br />

Referat für die <strong>Wirtschaftsschule</strong> <strong>und</strong> bekennt sich offen zur <strong>Wirtschaftsschule</strong>. „<strong>Die</strong> <strong>Wirtschaftsschule</strong><br />

wurde <strong>und</strong> wird vom VLB als sein Kind angesehen, aber eben nicht als Einzelkind, sondern als<br />

eines in einer kinderreichen Familie!“ (Schulter in diesem Band). Dabei scheint professionspolitisch<br />

der Doppelcharakter als Sek<strong>und</strong>arstufe-I-II-Schule <strong>und</strong> die Kooperationsmodelle aus Sicht der Verbände<br />

etablierte Gehaltsstrukturen für den Großteil der Lehrkräfte zu gefährden.

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