demonstratio catholica traktat iii - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

-193-
sondern er beruft sich dafür ausdrücklich auf die Tradition (1 Kor 15,3 ff). Diese berühmte
Stelle ist nicht von Paulus formuliert, sondern von ihm als älteres Osterkerygma übernommen
worden. Der strenge Apostelbegriff des Paulus, worin der Apostel als von dem Auferstandenen
mit der missionarischen Verkündigung beauftragter Zeuge verstanden wird, ist nicht von Paulus
geschaffen worden. Er war dem Urchristentum schon vor Paulus geläufig. Paulus kämpft
vehement für die Anerkennung seines Apostolates, seines Apostelseins, und begründet seinen
Apostolat mit einer Erscheinung des Auferstandenen, die ihm zuteil geworden ist, in der er zum
Apostel berufen wurde. Die Berufung durch den Auferstandenen ist für ihn das entscheidende
Fundament des Apostelamtes. Der Apostolat wird so bei Paulus eindeutig christologisch be-
gründet. Worauf es ihm ankommt bei dem Apostolat, das ist die Orientierung an Jesus Christus,
die Repräsentation Jesu Christi in formal-amtlicher und sachlicher Hinsicht. Daneben kennt
Paulus, wie ich bereits sagte, noch den Apostolat als Funktion im Sinne von Apg 14,4.14.
Paulus und Barnabas werden hier auf der ersten Missionsreise als Apostel angesprochen. Apg
13,1-4 werden sie von der Gemeinde in Antiochien zur ersten Missionsreise ausgesandt, durch
die Gemeinde und den Heiligen Geist. Für gewöhnlich nennt man diese Kategorie von Aposteln
Gemeindeapostel. Sie begegnen uns auch Apg 11,22 (Barnabas wird durch die Jerusalemer
Gemeinde nach Antiochien gesandt, ohne dass hier allerdings von Aposteln die Rede ist) und
2 Kor 8,23 sowie Phil 2,25. Hier hat der Terminus “Apostel” einfach den Sinn von “Abgesand-
ter”.
Entscheidend für unsere fundamentaltheologische Fragestellung ist Folgendes: Für Paulus ge-
hört es zum Wesen der Kirche, dass sich der erhöhte Herr vertreten lässt (Röm 11,13: “Euch
Heiden aber sage ich: Solange ich Heidenapostel bin, will ich meinen Dienst preisen”; Röm
15,15: “Einigermaßen kühn habe ich euch geschrieben, meine Brüder, in der Absicht, euch zu
erinnern, im Bewusstsein der Gnade, die mir von Gott verliehen wurde”; vgl. 2 Kor 5,11 ff). Für
Paulus besteht das Wesen des Apostelamtes in dem bevollmächtigten Dienst im Namen und im
Auftrag Christi. Es wird begründet durch den einmaligen geschichtlichen Akt der Selbstoffen-
barung und Sendung durch den Auferstandenen. Der Gegenstand des Apostelamtes ist das
Evangelium, das in der Auferstehung gründet und durch bestimmte Überlieferungsinhalte auf
den Menschgewordenen zurückverweist. Sein Ziel ist die Kirche, das eschatologische Gottes-