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demonstratio catholica traktat iii - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

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-291-<br />

weises dieser Idee standen in nachreformatorischer Zeit die Magdeburger Centurien. Die<br />

Verfallsidee ist im Grunde die negative Kehrseite des Sola-scriptura-Prinzips. Wenn allein die<br />

Schrift gilt oder gar nur ein bestimmter Teil der Schrift, dann beginnt der Verfall und die<br />

Depravierung des Ursprünglichen schon recht früh. Von daher gesehen kann es im Protestantis-<br />

mus keine Dogmengeschichte im eigentlichen Sinne geben.<br />

Wenn die protestantische Exegese die Entstehung des Katholischen bereits innerhalb des<br />

neutestamentlichen Kanons konstatiert, so geht sie da<strong>von</strong> aus, dass die Verfallsidee bereits<br />

285<br />

innerhalb des Kanons am Werk war , dass man sich daher auf die Suche nach dem Kanon im<br />

Kanon machen muss. So etwas gibt es aber schon bei Luther, wenn er als die Mitte des Kanons<br />

und als Maßstab des Kanonischen das Prinzip aufstellt: "Was Christum treibet".<br />

Die reformatorische Verfallstheorie ist unhaltbar. Sie ist ungeschichtlich, weil sie über-<br />

sieht, dass sich bereits im Alten Testament die Offenbarung in geschichtlichen Akten<br />

sukzessiv entfaltet. Das Werden der apostolischen Paradosis und des Kanons hat gemäß<br />

dem Selbstverständnis der neutestamentlichen Schriften bzw. der Urgemeinde noch<br />

Offenbarungscharakter. Das Werden der Kirche gehört noch in die Zeit der verpflichten-<br />

den öffentlichen Offenbarung. Erst um die Mitte des zweiten Jahrhunderts ist ein ent-<br />

scheidender Einbruch festzustellen. Da beginnt etwas Neues. Die Zeit der Urkirche geht<br />

zu Ende, die Zeit der "église naissante", wie P. Batifol sich ausdrückt, die apostolische<br />

Zeit, die für alle Zeiten verbindlich ist. Nun sind die Schriften des Neuen Testaments<br />

vollständig da. Die Kirche hat eine feste Form gefunden. Die Geschichte der Offenbarung<br />

ist abgeschlossen und an ihre Stelle tritt die geschichtliche Entfaltung der Offenbarung.<br />

Die Offenbarungsgeschichte wird nun durch die Glaubensgeschichte abgelöst.<br />

Wenn man die Geschichte des Urchristentums als ganze betrachtet, so ist es abwegig, einen<br />

Gegensatz zu konstruieren zwischen dem, was Jesus gewollt hat, und dem, was sich tatsächlich<br />

entwickelt hat, und <strong>von</strong> vornherein jede Entwicklung im Neuen Testament als Deformation zu<br />

verstehen. Die Entwicklung im Neuen Testament <strong>von</strong> dem historischen Jesus bis hin zu der<br />

grundlegenden Struktur der Kirche mit dem dreistufigen Amt ist kontinuierlich und wurde <strong>von</strong><br />

285<br />

Vgl. vor allem Ernst Käsemann, Exegetische Versuche und Besinnungen, Göttingen 1960, I, 214-223 und<br />

II, 239-252; <strong>Joseph</strong> <strong>Schumacher</strong>, Der apostolische Abschluss der Offenbarung Gottes, Freiburg 1979, 186-188.

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