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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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'e<strong>ch</strong>ten' Vertragstheorien, die au<strong>ch</strong> auf das Rationalitätskonzept 'Vertrag' setzen 296 , in<br />

einen Topf geworfen, so entstünde eine klassifikatoris<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ieflage. Entgegen einer<br />

verbreiteten Klassifizierungspraxis wird deshalb in dieser Untersu<strong>ch</strong>ung die Kategorie<br />

<strong>der</strong> Sozialvertragstheorie ni<strong>ch</strong>t zur Grundlage <strong>der</strong> Darstellung, Analyse und Kritik<br />

gema<strong>ch</strong>t. Sie tritt vielmehr ergänzend neben diejenige na<strong>ch</strong> Grundpositionen <strong>der</strong><br />

politis<strong>ch</strong>en Philosophie 297 .<br />

3. Zu an<strong>der</strong>en Klassifizierungen<br />

Neben <strong>der</strong> oben vorgenommene Klassifizierung na<strong>ch</strong> Grundpositionen und den weiteren<br />

Differenzierungen, die diese ergänzen 298 , werden in <strong>der</strong> soziologis<strong>ch</strong>en und philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Literatur eine Reihe alternativer Klassifizierungen vertreten. Diese können<br />

hier ni<strong>ch</strong>t alle Berücksi<strong>ch</strong>tigung finden 299 , son<strong>der</strong>n nur insoweit, als sie beson<strong>der</strong>e<br />

Bea<strong>ch</strong>tung verdienen, weil sie entwe<strong>der</strong> einen ganz an<strong>der</strong>en Ansatzpunkt wählen<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> hier getroffenen Differenzierung so ähnli<strong>ch</strong> sind, daß die Unters<strong>ch</strong>iede erst<br />

bei genauerem Hinsehen deutli<strong>ch</strong> werden.<br />

a) Reine Typen legitimer Herrs<strong>ch</strong>aft (M. Weber)<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien betreffen die Legitimität von Herrs<strong>ch</strong>aft in Staat und Gesells<strong>ch</strong>aft.<br />

Na<strong>ch</strong> Weber sind drei reine Typen legitimer Herrs<strong>ch</strong>aft zu unters<strong>ch</strong>eiden: die<br />

legale, die traditionale und die <strong>ch</strong>arismatis<strong>ch</strong>e 300 . Legale Herrs<strong>ch</strong>aft ist dabei diejenige<br />

kraft Satzung, eins<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> aller mo<strong>der</strong>nen, dur<strong>ch</strong> Gesetz geregelten politis<strong>ch</strong>en<br />

Verbände 301 . Traditionale Herrs<strong>ch</strong>aft ist diejenige kraft Glaubens an die Heiligkeit <strong>der</strong><br />

von jeher vorhandenen Ordnungen und Herrengewalten, eins<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> ständis<strong>ch</strong>en<br />

Herrs<strong>ch</strong>aft, bei <strong>der</strong> eine Obrigkeit kraft eingelebter Gewöhnung mit Erfolg legitime<br />

Autorität in Anspru<strong>ch</strong> nimmt 302 . Charismatis<strong>ch</strong>e Herrs<strong>ch</strong>aft ist diejenige kraft<br />

affektueller, persönli<strong>ch</strong>er Hingabe an die Person des Herrn und seine Gnadengaben<br />

(Charisma), eins<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> aller Ordnungen, in denen es Führer und Jünger gibt 303 .<br />

296 Dazu unten S. 180 ff. (neohobbesianis<strong>ch</strong>e Sozialvertragstheorien).<br />

297 Dazu insbeson<strong>der</strong>e unten S. 198 ff. (<strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> kantis<strong>ch</strong>en Grundposition, unters<strong>ch</strong>ieden na<strong>ch</strong><br />

Sozialvertrags-, Standpunkt- und Diskurstheorien).<br />

298 Dazu unten S. 180 ff. (neohobbesianis<strong>ch</strong>e Sozialvertragstheorien); S. 199 ff. (kantis<strong>ch</strong>e Sozialvertragstheorien).<br />

299 Zu weiteren Klassifizierungen vgl. etwa O. O'Neill, <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>, Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terdifferenz und internationale<br />

Grenzen (1993), S. 417 ff. – idealisierende und relativierende <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien;<br />

H. Klenner, Über vier Arten von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien (1995), S. 137 ff. – agnostis<strong>ch</strong>e, analytis<strong>ch</strong>e,<br />

formale und materiale <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien.<br />

300 M. Weber, Die drei reinen Typen <strong>der</strong> legitimen Herrs<strong>ch</strong>aft (1922), S. 1 ff.; <strong>der</strong>s., Wirts<strong>ch</strong>aft und Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

(1976), Bd. I, S. 124 ff.; dazu ausführli<strong>ch</strong> J. Heidorn, Legitimität und Regierbarkeit (1982),<br />

S. 12 ff.<br />

301 M. Weber, Die drei reinen Typen <strong>der</strong> legitimen Herrs<strong>ch</strong>aft (1922), S. 2 f. – au<strong>ch</strong> die Bürokratie.<br />

302 M. Weber, Die drei reinen Typen <strong>der</strong> legitimen Herrs<strong>ch</strong>aft (1922), S. 4 ff. – patriar<strong>ch</strong>ale<br />

Verwaltungsstruktur und ständis<strong>ch</strong>e Sozialstruktur als Formen.<br />

303 M. Weber, Die drei reinen Typen <strong>der</strong> legitimen Herrs<strong>ch</strong>aft (1922), S. 6 ff. – Führer, 'Jünger', Propheten,<br />

Kriegshelden, 'Wirts<strong>ch</strong>aftshäuptlinge'.<br />

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