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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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(b) daß, unabhängig von seiner Konzeption des Guten,<br />

er selbst intrinsis<strong>ch</strong> überlegen gegenüber einem o<strong>der</strong><br />

mehreren seiner Mitbürger ist.« 666<br />

Ackerman bezei<strong>ch</strong>net die Funktion dieser Prinzipien in seiner Argumentationstheorie<br />

als diejenige <strong>der</strong> Gesprä<strong>ch</strong>sbes<strong>ch</strong>ränkung (conversational constraints). Das s<strong>ch</strong>eint im<br />

Gegensatz zur Diskurstheorie zu stehen, <strong>der</strong>en Verständigungsideal ja gerade keine<br />

Gesprä<strong>ch</strong>sbes<strong>ch</strong>ränkungen kennt 667 . Do<strong>ch</strong> stellen si<strong>ch</strong> die Prinzipien bei genauerer<br />

Betra<strong>ch</strong>tung ni<strong>ch</strong>t als Inhaltsbes<strong>ch</strong>ränkung des Diskurses, son<strong>der</strong>n ledigli<strong>ch</strong> als dessen<br />

Verfahrensregeln dar – sie sind 'neutrale Bes<strong>ch</strong>ränkungen' 668 . Wie die Diskursregeln<br />

gebieten sie Herrs<strong>ch</strong>aftsfreiheit, Konsistenz, Argumentationslastregeln 669<br />

und diejenigen Regeln, die dur<strong>ch</strong> ein Rollentaus<strong>ch</strong>prinzip 670 gesi<strong>ch</strong>ert werden können.<br />

Die Theorie Ackermans ist damit eine Diskurstheorie.<br />

Analog zum Diskursprinzip D 671 formuliert Ackerman, daß genau diejenige Herrs<strong>ch</strong>aft<br />

legitim ist, die den »Test des neutralen Dialogs« besteht 672 . Diese Begründung<br />

sieht er nur für einen politis<strong>ch</strong>en Liberalismus als erfüllt an, in dem Bedingungen einer<br />

'undominierten Glei<strong>ch</strong>heit' (undominated equality) bestehen 673 , dur<strong>ch</strong> die Mens<strong>ch</strong>en<br />

frei und Ma<strong>ch</strong>tstrukturen gere<strong>ch</strong>t werden 674 .<br />

b) Die Idee <strong>der</strong> dualistis<strong>ch</strong>en Demokratie<br />

Am Beispiel <strong>der</strong> U.S.-Verfassung entwickelt Ackerman in seinem neueren Werk die<br />

Idee <strong>der</strong> dualistis<strong>ch</strong>en Demokratie als eines Anwendungsfalls <strong>der</strong> 'guten Konversation'<br />

675 . Dabei wendet er si<strong>ch</strong> einerseits gegen amerikanis<strong>ch</strong>e Vertreter einer 'monistis<strong>ch</strong>en'<br />

Demokratie, die Volksherrs<strong>ch</strong>aft allein in periodis<strong>ch</strong>en Wahlen vermittelt se-<br />

666 B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 11: »Neutrality. No reason is a good reason<br />

if it requires the power hol<strong>der</strong> to assert: (a) that his conception of the good is better than that asserted<br />

by any of his fellow citizens, or (b) that, regardless of his conception of the good, he is intrinsically<br />

superior to one or more of his fellow citizens.« (Hervorhebung bei Ackerman).<br />

667 R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 159; vgl. zur Kritik <strong>der</strong> conversational restraints:<br />

J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 375 f.<br />

668 'Neutral constraints'; B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 15. Entspre<strong>ch</strong>endes<br />

gilt für die (psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>en) Gesprä<strong>ch</strong>svoraussetzungen (conversational presuppositions), von denen<br />

Ackerman an an<strong>der</strong>er Stelle spri<strong>ch</strong>t; ebd., S. 59 ff.<br />

669 Dazu genauer B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 372 f.<br />

670 Dazu oben S. 223 (Regeln <strong>der</strong> Konsistenz und Kohärenz).<br />

671 Dazu oben S. 230 (Konsens und Diskursprinzip).<br />

672 B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 14.<br />

673 Zu den Anfor<strong>der</strong>ungen im einzelnen B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 28.<br />

Unter an<strong>der</strong>em muß eine 'genetis<strong>ch</strong>e Dominanz' einzelner Bürger ausges<strong>ch</strong>lossen werden, je<strong>der</strong><br />

eine liberale Erziehung erhalten und das Erwa<strong>ch</strong>senendasein hat generell unter Bedingungen materieller<br />

Glei<strong>ch</strong>heit zu beginnen.<br />

674 B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 376; bestätigend <strong>der</strong>s., We The People<br />

(1991), S. 317 f.<br />

675 B. Ackerman, We The People (1991), S. 3 ff., 295 ff. (23): »In elaborating the constitutional will of the<br />

People, the dualist begins neither with the will of the present legislature nor the reason of some<br />

utopian assembly. Her aim is the kind of situated un<strong>der</strong>standing one might rea<strong>ch</strong> after a good<br />

conversation.«<br />

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