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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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in Gang zu setzen, die das Finanzierungssystem verni<strong>ch</strong>tet 117 . Die Ingerenz des Staates<br />

kann deshalb ni<strong>ch</strong>t als einziger Grund für mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Unvollkommenheit angesehen<br />

werden. Au<strong>ch</strong> Gauthiers Auffassung, daß si<strong>ch</strong> eine bes<strong>ch</strong>ränkte Maximierung<br />

(constrained maximization) allein ents<strong>ch</strong>eidungsrational begründen lasse, wurde bereits<br />

wi<strong>der</strong>legt 118 . Deshalb bleibt es bei dem Ergebnis: Zumindest einige Normen<br />

müssen mit Re<strong>ch</strong>tsma<strong>ch</strong>t staatli<strong>ch</strong> erzwungen werden.<br />

Es gilt: Die unmittelbar begründeten <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen müssen in <strong>der</strong> Form<br />

zwingenden Re<strong>ch</strong>ts institutionalisiert werden, weil nur die Institutionalisierung von<br />

Normen, ihre Bewehrung mit staatli<strong>ch</strong>em Zwang, die Normdur<strong>ch</strong>setzung und damit<br />

die Realisierung von Kooperationsgewinnen in <strong>der</strong> Gemeins<strong>ch</strong>aft si<strong>ch</strong>ern kann.<br />

D. Zur mittelbaren Begründung gere<strong>ch</strong>ten Re<strong>ch</strong>ts<br />

Bei <strong>der</strong> mittelbaren Begründung gere<strong>ch</strong>ten Re<strong>ch</strong>ts verlagert die Diskurstheorie den<br />

Blick von den inhaltli<strong>ch</strong>en Geboten <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te und Demokratie hin zu den<br />

Prozeduren und Institutionen, die in einem demokratis<strong>ch</strong>en Verfassungsstaat notwendig<br />

sind, um die Erzeugung gere<strong>ch</strong>ten Re<strong>ch</strong>ts si<strong>ch</strong>erzustellen; sie wird zur »Basistheorie<br />

des demokratis<strong>ch</strong>en Verfassungsstaates« 119 . Als sol<strong>ch</strong>e kann sie diskurstheoretis<strong>ch</strong>e<br />

Bedingungen formulieren, die für Verfahren und Institutionen gelten<br />

müssen. Im folgenden geht es nur um die Verfahren.<br />

I. Der verfassungsrelative Geltungsberei<strong>ch</strong><br />

Wenn na<strong>ch</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen gesu<strong>ch</strong>t wird, die Bedingungen realer Verfahren<br />

so bestimmen, daß die Erzeugung gere<strong>ch</strong>ten Re<strong>ch</strong>ts jedenfalls geför<strong>der</strong>t wird, dann<br />

ist damit ni<strong>ch</strong>t länger die universalistis<strong>ch</strong>e 120 , son<strong>der</strong>n eine verfassungsrelative Perspektive<br />

eingenommen: Es wird bereits vorausgesetzt, daß eine konkrete Verfassungsordnung<br />

existiert o<strong>der</strong> dur<strong>ch</strong> den Prozeß <strong>der</strong> Verfassunggebung begründet<br />

wird. Diese muß dem <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>srahmen entspre<strong>ch</strong>en, <strong>der</strong> dur<strong>ch</strong> die unmittelbar<br />

begründeten <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen (Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te und Demokratie) gesetzt ist.<br />

Soweit ni<strong>ch</strong>t ausdrückli<strong>ch</strong> an<strong>der</strong>s gekennzei<strong>ch</strong>net, beziehen si<strong>ch</strong> die re<strong>ch</strong>tsdogmatis<strong>ch</strong>en<br />

Beispiele im folgenden auf die gegenwärtige Staatsordnung <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deuts<strong>ch</strong>land, ohne daß dabei <strong>der</strong> Anspru<strong>ch</strong> aufgegeben würde, daß die Aussagen<br />

als allgemeine Gehalte einer Diskurstheorie <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> jedenfalls sinngemäß<br />

au<strong>ch</strong> für alle an<strong>der</strong>en demokratis<strong>ch</strong>en Verfassungsstaaten zutreffen.<br />

117 Au<strong>ch</strong> Taylor gesteht zu, daß die reale Kooperation bei vielen 'Spielern' eher unwahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong><br />

wird als bei einem 'Zweipersonenspiel'; M. Taylor, Anar<strong>ch</strong>y and Cooperation (1976), S. 92 f. – Ergebnisse<br />

zum N-person supergame.<br />

118 Dazu oben S. 191 ff. (moralis<strong>ch</strong>er Gehalt <strong>der</strong> Theorie Gauthiers).<br />

119 R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 164. Dazu oben S. 247, Fn. 608. Ähnli<strong>ch</strong><br />

J.P. Müller, Demokratis<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1993), S. 143 ff. (146).<br />

120 Dazu oben S. 318 (universeller Geltungsberei<strong>ch</strong> bei unmittelbarer Begründung).<br />

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