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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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hier ni<strong>ch</strong>t im einzelnen dargestellt werden kann 143 . Statt dessen konzentriert si<strong>ch</strong> die<br />

Untersu<strong>ch</strong>ung auf einige Punkte, die <strong>der</strong> Klärung bedürfen, bevor im fünften und<br />

letzten Teil die Grundzüge einer Diskurstheorie <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> dargelegt werden<br />

können.<br />

1. Zur Kritik des Ri<strong>ch</strong>tigkeitsanspru<strong>ch</strong>s<br />

Begreift man praktis<strong>ch</strong>e Ri<strong>ch</strong>tigkeit diskurstheoretis<strong>ch</strong>, so gilt eine Handlungsnorm<br />

genau dann als ri<strong>ch</strong>tig, wenn sie das Ergebnis <strong>der</strong> Prozedur des rationalen praktis<strong>ch</strong>en<br />

Diskurses sein kann 144 . Dieser Zusammenhang kann als Ri<strong>ch</strong>tigkeitsanspru<strong>ch</strong> in<br />

<strong>der</strong> Diskurstheorie bezei<strong>ch</strong>net werden. Das 'Ergebnis <strong>der</strong> Prozedur' besteht in einem<br />

Konsens. Die Diskurstheorie ist folgli<strong>ch</strong> eine Konsensustheorie <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeit. Diese<br />

Verbindung von Ri<strong>ch</strong>tigkeit mit Konsens hat in beson<strong>der</strong>em Maße die Kritik <strong>der</strong>jenigen<br />

herausgefor<strong>der</strong>t, die eine Korrespondenz- o<strong>der</strong> eine Konvergenztheorie <strong>der</strong><br />

Ri<strong>ch</strong>tigkeit vertreten 145 . Im Kern geht es bei <strong>der</strong> Kritik um die Frage, ob eine Einhaltung<br />

von Diskursregeln als Kriterium zur Begründung praktis<strong>ch</strong>er Ri<strong>ch</strong>tigkeit genügt<br />

146 . Dabei können vor allem vier Einzelkritiken unters<strong>ch</strong>ieden werden. Erstens<br />

die Aussage, daß es in Diskursen ni<strong>ch</strong>t notwendig zu einem Konsens kommt. Zweitens<br />

die Feststellung, daß nur ein relativer Begriff <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeit gebildet werden<br />

kann. Drittens die Behauptung, die Einhaltung von Diskursregeln habe mit Ri<strong>ch</strong>tigkeit<br />

überhaupt ni<strong>ch</strong>ts zu tun. Und viertens <strong>der</strong> Hinweis, die Diskurstheorie könne<br />

zwar die Ri<strong>ch</strong>tigkeit moralis<strong>ch</strong>en, ni<strong>ch</strong>t aber diejenige pragmatis<strong>ch</strong>en o<strong>der</strong> ethis<strong>ch</strong>en<br />

Handelns begründen.<br />

Zur ersten Kritik: Die Aussage, daß es in Diskursen ni<strong>ch</strong>t notwendig zu einem<br />

Konsens kommt, enthält für diejenigen eine Kritik, die (explizit o<strong>der</strong> implizit) for<strong>der</strong>n,<br />

es müsse ein Kriterium geben, das in jedem Fall eine definitive Ents<strong>ch</strong>eidung<br />

<strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeitsfrage mögli<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>t. Anfe<strong>ch</strong>tbar ist daran s<strong>ch</strong>on die Voraussetzung,<br />

142 Ansätze zur Wi<strong>der</strong>legung etwa bei J. Habermas, Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln<br />

(1983), S. 78 ff.; R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1991), S. 399 ff. – 'Antwort auf<br />

einige Kritiker'.<br />

143 Das gilt etwa für die Unters<strong>ch</strong>eidung von Anwendungs- und Begründungsdiskursen; dafür vor<br />

allem K. Günther, Sinn für Angemessenheit (1988), S. 25 ff., 50, 65 ff.; zustimmend J. Habermas,<br />

Erläuterungen zur Diskursethik (1991), S. 138 ff.; dagegen R. Alexy, Normbegründung und Normanwendung<br />

(1993), S. 52 ff. Zum Ganzen oben S. 222 (Anwendungsdiskurs?).<br />

144 R. Alexy, Die Idee einer prozeduralen Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1979), S. 95; vgl.<br />

oben S. 218 (D R ).<br />

145 Etwa P. Gril, Mögli<strong>ch</strong>keit praktis<strong>ch</strong>er Erkenntnis (1998), S. 161 ff. Zu Korrespondenztheorien etwa<br />

L.B. Puntel, Wahrheitstheorien in <strong>der</strong> neueren Philosophie (1978), S. 26 ff. Für eine Konvergenztheorie<br />

insbeson<strong>der</strong>e A. Kaufmann, Über die Wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>keit <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aft (1986),<br />

S. 440 ff.; <strong>der</strong>s., <strong>Prozedurale</strong> <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1989), S. 19; O. Weinberger, Habermas on<br />

Democracy and Justice. Limits of a Sound Conception (1994), S. 240 ff., 244 m.w.N. Vgl. M.R. Deckert,<br />

Folgenorientierung in <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tsanwendung (1995), S. 208 ff. – Zusammenfassung <strong>der</strong> Positionen.<br />

146 Hinzuweisen ist insbeson<strong>der</strong>e auf die Kritik Weinbergers, <strong>der</strong> die Prozedur des rationalen Diskurses<br />

damit kritisiert, daß ein für ihre Plausibilität notwendiger Konvergenzbeweis fehle; O. Weinberger,<br />

Habermas on Democracy and Justice (1994), S. 242; sinngemäß ebenso <strong>der</strong>s., Über die Kultur<br />

<strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Argumentation (1994), S. 150. Vgl. zu unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Kritik in dieser Ri<strong>ch</strong>tung<br />

R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1991), S. 410 ff.<br />

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