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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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sern kann 7 . Ein Begründungsmodell ist zweitens au<strong>ch</strong> deshalb nötig, weil die Explikation<br />

von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> in unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Weise auf eine Konzeption <strong>der</strong> allgemeinen<br />

praktis<strong>ch</strong>en Vernunft gestützt werden kann. Zur Vervollständigung des Begründungsmodells<br />

muß deshalb erklärt werden, auf wel<strong>ch</strong>e Weise die Diskurstheorie<br />

zur Begründung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen einzusetzen ist 8 .<br />

Die Frage <strong>der</strong> Institutionalisierung verlangt na<strong>ch</strong> einer Verteidigung <strong>der</strong> staatli<strong>ch</strong>en<br />

Zwangsordnung gegenüber <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung des Anar<strong>ch</strong>ismus. Hier sind<br />

Gründe dafür zu nennen, daß es überhaupt einen Staat geben muß, <strong>der</strong> re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Befugnisse<br />

und Pfli<strong>ch</strong>ten seiner Bürger festlegt und dur<strong>ch</strong>setzt. Da in dieser Frage<br />

weitgehende Übereinstimmung unter allen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien besteht, kann die<br />

Antwort hierzu kurz ausfallen 9 .<br />

Der inhaltli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>werpunkt einer <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie liegt in <strong>der</strong> Begründung<br />

von universellen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen über Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te, Demokratie und Güterverteilung<br />

(soziale <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>). Hier führt die Zurückhaltung, die gegenüber einer<br />

diskurstheoretis<strong>ch</strong>en Begründung <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te geboten ers<strong>ch</strong>eint 10 , dazu,<br />

daß in allen drei Berei<strong>ch</strong>en (Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te, Demokratie, Güterverteilung) gilt: Nur<br />

wenige gere<strong>ch</strong>tigkeitstheoretis<strong>ch</strong>e Ordnungsgebote lassen si<strong>ch</strong> als diskurstheoretis<strong>ch</strong>e<br />

Notwendigkeit verstehen. Au<strong>ch</strong> eine diskursive Notwendigkeit läßt si<strong>ch</strong> nur<br />

für einige Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>tskategorien geltend ma<strong>ch</strong>en (unmittelbare Begründung).<br />

Weitergehende Konkretisierungsmögli<strong>ch</strong>keiten gibt es erst im Rahmen <strong>der</strong> Herausbildung<br />

einer Verfassungs- und Re<strong>ch</strong>tsordnung. Im Interesse mögli<strong>ch</strong>st detaillierter<br />

Aussagen müssen die Anwendungsbedingungen und Verfahrensregeln untersu<strong>ch</strong>t<br />

werden, unter denen ri<strong>ch</strong>tiges (d.h. gere<strong>ch</strong>tes) Re<strong>ch</strong>t in realen Verfahren einer sol<strong>ch</strong>en<br />

Ordnung begründet werden kann (mittelbare Begründung).<br />

II.<br />

Zur Begründung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen<br />

Es gibt unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Argumentationswege, um eine Theorie des allgemeinen<br />

praktis<strong>ch</strong>en Diskurses zu einer <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie auszubauen. <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen<br />

lassen si<strong>ch</strong> zunä<strong>ch</strong>st begründen, indem man – unabhängig von <strong>der</strong> tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />

Dur<strong>ch</strong>führung einzelner Diskurse – ihre diskurstheoretis<strong>ch</strong>e o<strong>der</strong> diskursive<br />

Notwendigkeit zeigt. Von diskurstheoretis<strong>ch</strong>er Notwendigkeit einer <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snorm<br />

soll die Rede sein, wenn ihre Geltung als notwendige Voraussetzung von Diskursen begründet<br />

wird (1). Demgegenüber sei eine <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snorm hier diskursiv notwendig<br />

genannt, wenn gezeigt werden kann, daß ihre Geltung eine notwendige Folge von<br />

Diskursen sein muß (2). Beide Begründungsweisen gehören wegen ihrer Unabhängigkeit<br />

von <strong>der</strong> Dur<strong>ch</strong>führung konkreter Diskurse zu den Formen <strong>der</strong> unmittelbaren<br />

Begründung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen 11 . Um den Kreis diskursiv bloß mögli<strong>ch</strong>er<br />

7 Dazu oben S. 250 (T R ).<br />

8 Dazu unten S. 314 ff. (kombinative Begründungsstrategien).<br />

9 Dazu unten S. 333 ff. (Institutionalisierung <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>).<br />

10 Dazu oben S. 302 ff. (Kritik an <strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong> genuinen Diskursteilnahme).<br />

11 Vgl. Alexys methodis<strong>ch</strong>es Vorgehen bei <strong>der</strong> 'unmittelbaren Begründung' <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te:<br />

R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 146 ff. Alexy spri<strong>ch</strong>t in allen Fällen von<br />

diskursiv notwendigen, unmögli<strong>ch</strong>en o<strong>der</strong> mögli<strong>ch</strong>en Normen im engeren Sinn (unmittelbare Begründung:<br />

unabhängig von <strong>der</strong> tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Dur<strong>ch</strong>führung einzelner Diskurse) sowie diskursiv<br />

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