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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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gehen, sie s<strong>ch</strong>lagwortartig und na<strong>ch</strong> ihren Regelungsgehalten gruppiert zusammenzufassen,<br />

um das Spektrum <strong>der</strong> Diskursanfor<strong>der</strong>ungen deutli<strong>ch</strong> zu ma<strong>ch</strong>en.<br />

aa) Regeln <strong>der</strong> Konsistenz und Kohärenz<br />

Zunä<strong>ch</strong>st definieren die Diskursregeln allgemeine Anfor<strong>der</strong>ungen, wie sie au<strong>ch</strong> für<br />

ni<strong>ch</strong>tdiskursive <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Vernunft gelten. Zu diesen allgemeinen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an <strong>Theorien</strong> gehört <strong>der</strong>en Konsistenz, verstanden als innere Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong>sfreiheit<br />

475 , und Kohärenz, verstanden als äußere Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong>sfreiheit im Sinne<br />

einer Vereinbarkeit mit empiris<strong>ch</strong>en Tatsa<strong>ch</strong>en und an<strong>der</strong>en diskursexternen<br />

Rahmenbedingungen (z.B. Spra<strong>ch</strong>konventionen) 476 .<br />

Zu den Diskursregeln <strong>der</strong> Konsistenz gehört, daß kein Spre<strong>ch</strong>er si<strong>ch</strong> selbst wi<strong>der</strong>spre<strong>ch</strong>en<br />

darf (Individualkonsistenz). Vers<strong>ch</strong>iedene Spre<strong>ch</strong>er dürfen den glei<strong>ch</strong>en<br />

Ausdruck ni<strong>ch</strong>t mit vers<strong>ch</strong>iedenen Bedeutungen benutzen (Terminologiekonsistenz).<br />

Je<strong>der</strong> Spre<strong>ch</strong>er darf nur das behaupten, was er selbst meint (Ernsthaftigkeit, 'Persönli<strong>ch</strong>keitskonsistenz').<br />

Je<strong>der</strong> Spre<strong>ch</strong>er muß seine objekt- und subjektbezogenen Behauptungen<br />

au<strong>ch</strong> für alle an<strong>der</strong>en Objekte und Subjekte aufre<strong>ch</strong>terhalten, die in je<strong>der</strong><br />

relevanten Hinsi<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong> sind (Vollständigkeit, 'Standpunktkonsistenz').<br />

Zu den Diskursregeln <strong>der</strong> Kohärenz gehört, daß je<strong>der</strong> Spre<strong>ch</strong>er das Gebot spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>-begriffli<strong>ch</strong>er<br />

Klarheit bea<strong>ch</strong>ten muß (Terminologiekohärenz). Je<strong>der</strong> Spre<strong>ch</strong>er<br />

darf nur das behaupten, was mit empiris<strong>ch</strong>en Tatsa<strong>ch</strong>en vereinbar ist (Wahrheitsgebot,<br />

'Umweltkohärenz'). Je<strong>der</strong> Spre<strong>ch</strong>er darf nur for<strong>der</strong>n, was innerhalb gegebener<br />

Grenzen <strong>der</strong> Realisierbarkeit mögli<strong>ch</strong> ist (Realisierbarkeitsgebot, 'Mögli<strong>ch</strong>keitskohärenz').<br />

Je<strong>der</strong> Spre<strong>ch</strong>er darf nur sol<strong>ch</strong>e Behauptungen erheben, <strong>der</strong>en Konsequenzen<br />

er akzeptiert (Folgenberücksi<strong>ch</strong>tigungsgebot, 'Standpunktkohärenz').<br />

Die Regeln, die hier s<strong>ch</strong>lagwortartig als Standpunktkonsistenz und Standpunktkohärenz<br />

bezei<strong>ch</strong>net sind, können (genau wie die folgenden Glei<strong>ch</strong>heitsregeln) dur<strong>ch</strong><br />

ein Rollentaus<strong>ch</strong>prinzip verdeutli<strong>ch</strong>t werden: Je<strong>der</strong> muß bereit sein, die Rolle jedes<br />

an<strong>der</strong>en Diskursteilnehmers zu übernehmen 477 .<br />

475 Vgl. R. Alexy, Juristis<strong>ch</strong>e Begründung, System und Kohärenz (1989), S. 96: »Eine Theorie ist konsistent,<br />

wenn sie keinen logis<strong>ch</strong>en Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong> aufweist.« Ebenso D. Bu<strong>ch</strong>wald, Der Begriff <strong>der</strong> rationalen<br />

juristis<strong>ch</strong>en Begründung (1990), S. 151.<br />

476 Zu diesem Außenbezug <strong>der</strong> (graduellen, optimierungsbedürftigen) Kohärenz im Gegensatz zum<br />

Innenbezug <strong>der</strong> (logis<strong>ch</strong>-absoluten) Konsistenz vgl. R. Alexy, Juristis<strong>ch</strong>e Begründung, System und<br />

Kohärenz (1989), S. 97: »Je besser die Begründungsstruktur einer Klasse von Aussagen ist, desto<br />

kohärenter ist diese Klasse von Aussagen.«; sowie ebd., S. 102: »Je mehr we<strong>ch</strong>selseitige empiris<strong>ch</strong>e<br />

Begründungen ein System enthält, desto kohärenter ist es.« Die Einbettung juristis<strong>ch</strong>er Begründung<br />

in ein mögli<strong>ch</strong>st kohärentes System ist eine elementare For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>, wie<br />

au<strong>ch</strong> <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Vernunft insgesamt: ebd., S. 106 f. Zur Kohärenz gehört außerdem, daß die<br />

Folgen des in <strong>der</strong> Theorie gere<strong>ch</strong>tfertigten Handelns berücksi<strong>ch</strong>tigt werden; vgl. R. Alexy, Diskurstheorie<br />

und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 130 sowie D. Bu<strong>ch</strong>wald, Der Begriff <strong>der</strong> rationalen juristis<strong>ch</strong>en<br />

Begründung (1990), S. 151 f., 253 ff.<br />

477 Vgl. R. Alexy, Probleme <strong>der</strong> Diskurstheorie (1989), S. 113; dazu oben S. 218 (D Di ). Ähnli<strong>ch</strong> bereits<br />

<strong>der</strong>s., Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 251: »(5.1.1) Je<strong>der</strong> muß die Konsequenzen<br />

<strong>der</strong> in einer von ihm behaupteten normativen Aussage vorausgesetzten Regel für die Befriedigung<br />

<strong>der</strong> Interessen einer jeden einzelnen Person au<strong>ch</strong> für den hypothetis<strong>ch</strong>en Fall akzeptieren<br />

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