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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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ücksi<strong>ch</strong>tigung aller relevanten Gesi<strong>ch</strong>tspunkte ri<strong>ch</strong>tig ist und deshalb moralis<strong>ch</strong> gilt.<br />

Die Begründung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen als Moralnormen ist ledigli<strong>ch</strong> auf eine<br />

Konzeption des begründbar ri<strong>ch</strong>tigen Handelns, d.h. <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Vernunft, angewiesen<br />

169 . Die Begründung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen als Re<strong>ch</strong>tsnormen verlangt<br />

mehr. Es muß ni<strong>ch</strong>t nur ihre Ri<strong>ch</strong>tigkeit gezeigt werden, son<strong>der</strong>n au<strong>ch</strong>, daß es<br />

Gründe gibt, die Norm in Form des Re<strong>ch</strong>ts zu institutionalisieren (Institutionalisierungsfrage)<br />

170 . Außerdem unterliegt jede einzelne Re<strong>ch</strong>tsnorm den Geltungskriterien<br />

<strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tsordnung (lex superior-Regel, lex posterior-Regel, lex specialis-Regel, Kompetenzregeln,<br />

Verfahrensvors<strong>ch</strong>riften u.v.m.), so daß letztli<strong>ch</strong> immer die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />

<strong>der</strong> gesamten Re<strong>ch</strong>tsordnung begründet werden muß 171 .<br />

Die Erzeugung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen als Moralnormen fällt mit ihrer Begründung<br />

zusammen, weil niemand eine autoritative Normsetzungskompetenz in <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sfragen<br />

innehat. Eine Moralnorm, die begründet ist, gilt. Die reale Erzeugung<br />

von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen als Re<strong>ch</strong>tsnormen ist dagegen auf die Normsetzungsregeln<br />

<strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tsordnung angewiesen. Will man <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> verwirkli<strong>ch</strong>en, so<br />

müssen außerdem Gesi<strong>ch</strong>tspunkte <strong>der</strong> Dur<strong>ch</strong>setzbarkeit mit einbezogen werden 172 –<br />

etwa die politis<strong>ch</strong>en und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Rahmenbedingungen, mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>en,<br />

die Struktur re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Institutionen und sogar die volkswirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Kosten<br />

<strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung 173 . Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit und Zweckmäßigkeit sind Teil einer<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>, die real in staatli<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t umgesetzt ist 174 . <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>serzeugungstheorien<br />

widmen si<strong>ch</strong> diesen Fragen <strong>der</strong> realen Umsetzbarkeit von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß sowohl <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegründung<br />

als au<strong>ch</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>serzeugung si<strong>ch</strong> mit <strong>der</strong> Geltung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen<br />

befassen. Diese Geltung ist <strong>der</strong> pragmatis<strong>ch</strong>e Gehalt <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen.<br />

5. Eine normbezogene Definition <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (D 1N )<br />

Es hat si<strong>ch</strong> bereits gezeigt, daß <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snorm (D NG ) einfa<strong>ch</strong>er zu<br />

bestimmen ist als <strong>der</strong>jenige <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>, weil ein Großteil <strong>der</strong> Definitionselemente<br />

im Begriff <strong>der</strong> Norm und in ihrem pragmatis<strong>ch</strong>en Gehalt aufgeht. Die Vereinfa<strong>ch</strong>ung<br />

(und vermin<strong>der</strong>te Differenziertheit) zeigt si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> bei einer normbezogenen<br />

Definition <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>:<br />

D 1N :<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> ist die Geltung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen.<br />

169 Dazu unten S. 80 ff. (Klassifizierung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien und Konzeptionen praktis<strong>ch</strong>er<br />

Vernunft).<br />

170 Dazu unten S. 116 ff. (Mindestgehaltsthese und Institutionalisierungsfrage); S. 333 ff. (Institutionalisierung<br />

von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen).<br />

171 Vgl. oben S. 33 (Re<strong>ch</strong>tfertigung <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tsordnung, Legitimationsbedarf), S. 37 (notwendiger Anspru<strong>ch</strong><br />

des Re<strong>ch</strong>ts auf Ri<strong>ch</strong>tigkeit).<br />

172 Vgl. dazu die Diskussion um die Steuerungskrise des Re<strong>ch</strong>ts: G. Teubner, Das regulatoris<strong>ch</strong>e Trilemma<br />

(1994), S. 109 ff.; G.-P. Calliess, <strong>Prozedurale</strong>s Re<strong>ch</strong>t (1999), 73 ff., 114 ff. m.w.N.<br />

173 R.A. Posner, Economic Analysis of Law (1992), S. 549 ff. – »Economic Goals of Procedure«.<br />

174 Dazu oben S. 63 ff. (Unters<strong>ch</strong>ied zu engeren <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegriffen).<br />

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