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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Sämtli<strong>ch</strong>e Einzelre<strong>ch</strong>te sind diskursiv notwendig, wenn es darum geht, ein System<br />

optimierter Freiheiten zu entwickeln. Es gibt keine Gründe, sie ni<strong>ch</strong>t jedenfalls<br />

mit einem Kerngehalt in die Gesamtabwägung <strong>der</strong> Freiheitsre<strong>ch</strong>te einzubeziehen.<br />

Eine Staatsordnung, die eine dieser Freiheiten kategoris<strong>ch</strong> verbietet, etwa die Presseo<strong>der</strong><br />

Religionsfreiheit ganz abs<strong>ch</strong>afft, genügt ni<strong>ch</strong>t länger dem Grundre<strong>ch</strong>t auf optimierte<br />

Freiheiten und ist s<strong>ch</strong>on deshalb ungere<strong>ch</strong>t.<br />

Die Konkretisierung von N F auf Einzelfreiheiten eröffnet neue Wi<strong>der</strong>legungsmögli<strong>ch</strong>keiten,<br />

denn in ihr verbirgt si<strong>ch</strong> die zusätzli<strong>ch</strong>e (s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>e) empiris<strong>ch</strong>e Prämisse,<br />

daß es si<strong>ch</strong> in allen Fällen um Freiheiten handelt, die zur Optimierung politis<strong>ch</strong>er<br />

Meinungsäußerung und damit zur souveränen Gestaltung <strong>der</strong> sozialen Ordnung<br />

dur<strong>ch</strong> Mens<strong>ch</strong>en beitragen können. Nur wegen dieses Potentials dürfen sie –<br />

na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> hier verfolgten 'kommunikationszentrierten' Begründung – in einem System<br />

weitestgehen<strong>der</strong> Freiheiten jedenfalls ni<strong>ch</strong>t vollständig unberücksi<strong>ch</strong>tigt bleiben.<br />

Wer begründen kann, daß eine <strong>der</strong> Freiheiten mit mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Gestaltungshoheit<br />

über die soziale Ordnung ni<strong>ch</strong>ts zu tun hat, <strong>der</strong> hätte die diskursive Notwendigkeit<br />

insoweit wi<strong>der</strong>legt. Do<strong>ch</strong> eine <strong>der</strong>artige Wi<strong>der</strong>legung ers<strong>ch</strong>eint sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ausges<strong>ch</strong>lossen.<br />

c) Zu den Grenzen einer Eigentumsbegründung<br />

S<strong>ch</strong>wieriger ers<strong>ch</strong>eint die Begründung von Privateigentum, Besitzre<strong>ch</strong>ten, Immaterialgüterre<strong>ch</strong>ten<br />

und S<strong>ch</strong>utz vor Enteignung. Wer <strong>der</strong>en diskursive Notwendigkeit behaupten<br />

wollte, müßte begründen, daß es niemals eine von freien und glei<strong>ch</strong>en Mens<strong>ch</strong>en<br />

souverän gestaltete Sozialordnung geben könnte, in <strong>der</strong> individuelle Eigentumsre<strong>ch</strong>te<br />

weitgehend ausges<strong>ch</strong>lossen sind. So eine weitgehende Folgerung ergibt<br />

si<strong>ch</strong> jedenfalls ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on aus den materiellen Voraussetzungen realer Diskurse, denn<br />

ein Existenzminimum und ein staatli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>utz <strong>der</strong> Freiheitsbetätigung gegen Übergriffe<br />

ist au<strong>ch</strong> denkbar, ohne daß Individualeigentum begründet wird. Do<strong>ch</strong> kann<br />

die Begründung von Eigentumsre<strong>ch</strong>ten in zweierlei Hinsi<strong>ch</strong>t gelingen. Erstens ist<br />

die S<strong>ch</strong>affung und Nutzung von Privateigentum in einem Kernberei<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts an<strong>der</strong>es<br />

als eine beson<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> Handlungsfreiheit (Arbeitstheorie des Eigentums 98 ).<br />

Zumindest ein sol<strong>ch</strong>er Kernberei<strong>ch</strong> des Privateigentums muß darum Bestandteil eines<br />

jeden Systems optimierter Freiheiten sein. Und zweitens ist <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>utz vor willkürli<strong>ch</strong>er<br />

Enteignung aus denselben Gründen diskursiv notwendig, aus denen bereits<br />

das allgemeine Verbot staatli<strong>ch</strong>er Willkür begründet war 99 .<br />

Im übrigen muß die Gestaltung <strong>der</strong> Eigentumsordnung konkreten Diskursen<br />

überlassen bleiben. Ihre <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> o<strong>der</strong> Ungere<strong>ch</strong>tigkeit kann nur in einer mittelbaren<br />

Begründung untersu<strong>ch</strong>t werden 100 . Einer unmittelbaren Begründung sind<br />

insoweit enge Grenzen gesetzt.<br />

98 Vgl. zu dieser Theorie von J. Locke oben S. 84 ff., Fn. 210.<br />

99 Dazu oben S. 327 (Grundre<strong>ch</strong>t auf optimierte Freiheiten).<br />

100 Dazu unten S. 334 ff. (mittelbare Begründung gere<strong>ch</strong>ten Re<strong>ch</strong>ts).<br />

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