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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Equilibrium 215 . Na<strong>ch</strong> seiner Beweisführung, die no<strong>ch</strong> heute die Grundlage fast aller<br />

spieltheoretis<strong>ch</strong>er Modelle bildet, gibt es in jedem Spiel mit einer endli<strong>ch</strong>en Anzahl<br />

von Spielern, die beliebige Strategien verfolgen, mindestens einen Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>tszustand,<br />

bei dem alle Spieler eine für sie optimale Strategie gefunden haben. Dies folge<br />

daraus, daß die Spieler vollständiges Wissen über die Struktur des Spiels und die jeweiligen<br />

Präferenzen ihrer Mitspieler haben; sie können dann für jeden Mitspieler<br />

dessen optimale Gegenstrategie zu den eigenen Verhaltensalternativen erre<strong>ch</strong>nen<br />

und dadur<strong>ch</strong> die eigenen Erwartungen so lange anpassen, bis si<strong>ch</strong> ein Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>tszustand<br />

einstellt, bei dem niemand mehr ein Interesse daran hat, die eigene<br />

Strategie zu verän<strong>der</strong>n.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß na<strong>ch</strong> Nash in Verhandlungssituationen<br />

mit vollständiger gegenseitiger Informiertheit die Verfolgung egoistis<strong>ch</strong>er<br />

Strategien zu einem Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>tszustand führt, in dem si<strong>ch</strong> die unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />

Verhandlungsma<strong>ch</strong>t <strong>der</strong> Beteiligten nie<strong>der</strong>s<strong>ch</strong>lägt.<br />

2. Theorie <strong>der</strong> Verhandlungsführung (J.C. Harsanyi)<br />

Nash ging von Voraussetzungen aus, wie sie in <strong>der</strong> sozialen Realität nur selten vorkommen,<br />

nämli<strong>ch</strong> von einer vollständigen gegenseitigen Informiertheit aller Spielteilnehmer.<br />

Erst diese vollständige Informiertheit sollte die rationalistis<strong>ch</strong>e Interpretation<br />

des Nash-Equilibriums mögli<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>en. Demgegenüber konnte Harsanyi im<br />

Jahr 1967 zeigen, daß jede unvollständige Information spieltheoretis<strong>ch</strong> als eine unsi<strong>ch</strong>ere<br />

Information behandelt werden kann. Ents<strong>ch</strong>eidungen unter Unsi<strong>ch</strong>erheit waren<br />

aber bereits spieltheoretis<strong>ch</strong> erfaßbar. Dur<strong>ch</strong> Harsanyis Erweiterung galt folgli<strong>ch</strong><br />

nunmehr die erweiterte These, daß es bei jedem Spiel mindestens ein Nash-<br />

Equilibrium gibt.<br />

Für Ents<strong>ch</strong>eidungstheorien <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> ist ni<strong>ch</strong>t nur diese allgemeine<br />

Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>tsthese, son<strong>der</strong>n au<strong>ch</strong> Harsanyis Verfahrensdeutung <strong>der</strong> Nutzenoptimierung<br />

ein Gewinn. Harsanyi hat die Optimierung relativer Nutzenfaktoren in einer<br />

Prozedur <strong>der</strong> Verhandlungsführung formuliert 216 . Im Ergebnis entspri<strong>ch</strong>t seine<br />

Lösung <strong>der</strong> von Nash 217 . Die Prozedur ist als Pfli<strong>ch</strong>t zum nä<strong>ch</strong>sten Zugeständnis in<br />

einer Reihe von Angeboten und Gegenangeboten definiert. Wenn im obigen Beispiel<br />

A eine Glei<strong>ch</strong>verteilung in den Raum stellt (ohne sie verbindli<strong>ch</strong> anzubieten), dann<br />

ist B <strong>der</strong>jenige, wel<strong>ch</strong>er beim Ni<strong>ch</strong>tzustandekommen am meisten zu verlieren hätte,<br />

weil er auf die Kooperation dringen<strong>der</strong> angewiesen ist. Er muß darum das nä<strong>ch</strong>ste<br />

Zugeständnis ma<strong>ch</strong>en, beispielsweise 95% Gewinnanteil für A. Bei einem sol<strong>ch</strong>en<br />

Angebot hätte nunmehr A beim hypothetis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>eitern <strong>der</strong> Verhandlung am meisten<br />

zu verlieren. Ihn trifft darum die Pfli<strong>ch</strong>t zum nä<strong>ch</strong>sten Zugeständnis. Die Prozedur<br />

wird solange angewandt, bis als Ergebnis des Näherungsprozesses eine Lösung<br />

im Raum steht, bei <strong>der</strong>en Ni<strong>ch</strong>tzustandekommen beide Parteien glei<strong>ch</strong>viel zu<br />

verlieren hätten.<br />

215 J.F. Nash, Non-cooperative Games (1951), S. 286 ff.<br />

216 Vgl. J.C. Harsanyi, Rational Behavior and Bargaining Equilibrium (1982).<br />

217 Zu dem Unters<strong>ch</strong>ied, daß Harsanyi als Utilitarist ni<strong>ch</strong>t den S<strong>ch</strong>ritt von rationaler Wahl zu moralis<strong>ch</strong>er<br />

Ri<strong>ch</strong>tigkeit ma<strong>ch</strong>t, siehe bereits oben S. 154 (utilitaristis<strong>ch</strong>e <strong>Theorien</strong>).<br />

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