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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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wurde 261 , ist die Rawlss<strong>ch</strong>e Vertragstheorie jedenfalls keine neohobbesianis<strong>ch</strong>e Sozialvertragstheorie.<br />

2. Theorie des libertären Minimalstaats (R. Nozick)<br />

Nozick entwirft eine Sozialvertragstheorie des libertären Minimalstaats 262 , die als<br />

Theorie rationaler Ents<strong>ch</strong>eidung angelegt ist 263 und wie diejenige Bu<strong>ch</strong>anans von einem<br />

Szenario maximaler Drohung ausgeht 264 . Nozick bejaht indes, in Anlehnung an<br />

Locke 265 und damit an<strong>der</strong>s als Bu<strong>ch</strong>anan, vorpolitis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te auf Leben, Gesundheit,<br />

Freiheit und Eigentum – sein Naturzustand ist unpolitis<strong>ch</strong>, aber ni<strong>ch</strong>t unmoralis<strong>ch</strong> 266 .<br />

Die soziale Anerkennung <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>te läßt si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Nozick dur<strong>ch</strong> mehrstufige Sozialverträge<br />

im Wege eines Gedankenexperiments zeigen 267 . Die Theorie unters<strong>ch</strong>eidet<br />

zwei Begründungss<strong>ch</strong>ritte, <strong>der</strong>en erster die notwendige Entwicklung eines Staates<br />

aus dem Naturzustand und seine Legitimation als Minimalstaat darstellt. Im zweiten<br />

S<strong>ch</strong>ritt begründet Nozick, warum aus seiner Si<strong>ch</strong>t kein weitergehen<strong>der</strong> Staat als<br />

<strong>der</strong> Minimalstaat, also insbeson<strong>der</strong>e kein Staat mit redistributiven Elementen, gere<strong>ch</strong>tfertigt<br />

werden kann 268 .<br />

261 Der Ansatz einer rationalen Ents<strong>ch</strong>eidungstheorie, dem au<strong>ch</strong> die Maximin-Ausführungen in <strong>der</strong><br />

ursprüngli<strong>ch</strong>en Theorie zuzure<strong>ch</strong>nen sind, wird von Rawls inzwis<strong>ch</strong>en nur no<strong>ch</strong> im Sinne eines<br />

»intiutive way« für anwendbar gehalten; J. Rawls, Political Liberalism (1993), S. 53 mit Fn. 7. Der<br />

Sa<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> wird damit die Maximin-Regel als <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>skriterium aufgegeben.<br />

262 Vgl. R. Nozick, Anar<strong>ch</strong>y, State, and Utopia (1974), S. 149: »The minimal state is the most extensive<br />

state that can be justified. Any state more extensive violates people's rights.«; S. 297: »No state<br />

more extensive than the minimal state can be justified.«; S. 333: »The framework for Utopia that<br />

we have described is equivalent to the minimal state.« J.R. Lucas, Principles of Politics (1966),<br />

S. 287 ff. hat bereits vor Nozick darauf hingewiesen, daß es vernünftige Gründe geben kann, einen<br />

Minimalstaat zu verlangen. Allerdings argumentiert er vor allem mit Totalitarismusresistenz und<br />

hält letztli<strong>ch</strong> die Gründe, die gegen einen Minimalstaat spre<strong>ch</strong>en, für gewi<strong>ch</strong>tiger (S. 292 ff.). Lucas<br />

definiert (S. 369): »A Minimum State is an unselective, coercive community with no functions,<br />

purposes, or ideals, other than the maintenance of law and or<strong>der</strong>.« (Hervorhebung bei Lucas).<br />

263 Zur Verwendung <strong>der</strong> Theorie rationaler Ents<strong>ch</strong>eidung als normativer Theorie vgl. R. Nozick, Nature<br />

of Rationality (1993), S. 41: »An elaborate theory of rational decision has been developed by<br />

economists and statisticians, ... it stands as the dominant view of the conditions that a rational decision<br />

should satisfy: it is the dominant normative view.«<br />

264 Vgl. R. Nozick, Anar<strong>ch</strong>y, State, and Utopia (1974), S. 12 ff. – S<strong>ch</strong>utzvereinigungen. Gerade in <strong>der</strong><br />

Verteidigung gegen latente Bedrohung besteht <strong>der</strong> Sinn von S<strong>ch</strong>utzvereinigungen.<br />

265 R. Nozick, Anar<strong>ch</strong>y, State, and Utopia (1974), S. 9 ff.<br />

266 R. Nozick, Anar<strong>ch</strong>y, State, and Utopia (1974), S. 6: »Our starting point then, though nonpolitical, is<br />

by intention far from nonmoral.«<br />

267 R. Nozick, Anar<strong>ch</strong>y, State, and Utopia (1974), S. 10 ff.<br />

268 R. Nozick, Anar<strong>ch</strong>y, State, and Utopia (1974), S. 147 ff. In <strong>der</strong> philosophis<strong>ch</strong>en Diskussion hat nur<br />

diese ursprüngli<strong>ch</strong>e, radikalliberale Konzeption Bedeutung erlangt; zu den späteren Bedenken<br />

und Relativierungen vgl. R. Nozick, The Examined Life (1989), S. 286 ff.<br />

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