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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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(5) Grundre<strong>ch</strong>te auf die Gewährung von Lebensbedingungen,<br />

die in dem Maße sozial, te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> und ökologis<strong>ch</strong><br />

gesi<strong>ch</strong>ert sind, wie dies für eine <strong>ch</strong>ancenglei<strong>ch</strong>e Nutzung<br />

<strong>der</strong> (1) bis (4) genannten bürgerli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>te unter gegebenen<br />

Verhältnissen jeweils notwendig ist.« 567<br />

Der prozedurale Charaker wird dadur<strong>ch</strong> offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, daß nur das Diskursprinzip,<br />

aber keine vorpositiven (natürli<strong>ch</strong>en o<strong>der</strong> moralis<strong>ch</strong>en) Re<strong>ch</strong>te die Generierung neuen<br />

Re<strong>ch</strong>ts begrenzen 568 . Einfa<strong>ch</strong>er formuliert: Legitimes Re<strong>ch</strong>t benötigt ni<strong>ch</strong>ts außer<br />

<strong>der</strong> Mobilisierung <strong>der</strong> kommunikativen Kräfte <strong>der</strong> Staatsbürger 569 .<br />

d) Die deliberative Politik<br />

Habermas s<strong>ch</strong>lägt in seiner Theorie die Brücke vom Re<strong>ch</strong>t zur Politik. Das Re<strong>ch</strong>t als<br />

soziale Teilordnung 570 soll im Sinne des Diskursprinzips D H an <strong>der</strong> prozeduralen Rationalität<br />

<strong>der</strong> Diskursethik teilhaben. Die Bürde <strong>der</strong> Legitimation des Re<strong>ch</strong>ts wird<br />

dabei na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> prozeduralen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>skonzeption von Habermas allein dur<strong>ch</strong><br />

die demokratis<strong>ch</strong>e Genese des Re<strong>ch</strong>ts getragen 571 . Denn angesi<strong>ch</strong>ts wi<strong>der</strong>streiten<strong>der</strong><br />

Konzeptionen des Guten werden materiale Maßstäbe kontingent 572 , so daß nur no<strong>ch</strong><br />

demokratis<strong>ch</strong>e Verfahren als Generatoren legitimen Re<strong>ch</strong>ts verbleiben 573 . Um die<br />

Legitimation zu qualifizieren, führt Habermas das Konzept <strong>der</strong> 'deliberativen Politik'<br />

als 'Verfahrensbegriff <strong>der</strong> Demokratie' ein 574 .<br />

Ausgangspunkt <strong>der</strong> 'deliberativen Politik' ist <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> 'deliberativen Demokratie'<br />

von Cohen, <strong>der</strong> als ents<strong>ch</strong>eidendes Kriterium für das demokratis<strong>ch</strong>e Ideal<br />

for<strong>der</strong>t, daß si<strong>ch</strong> die Bedingungen <strong>der</strong> sozialen Ordnung na<strong>ch</strong> einer vernünftigen öffentli<strong>ch</strong>en<br />

Argumentation unter glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigten Bürgern ri<strong>ch</strong>ten 575 , womit er über<br />

567 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 155 ff. (Hervorhebungen bei Habermas).<br />

568 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 161 f.<br />

569 Vgl. J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 182.<br />

570 Habermas unters<strong>ch</strong>eidet drei soziale Ordnungen: die Lebenswelt, naturwü<strong>ch</strong>sige Institutionen und<br />

das Re<strong>ch</strong>t. J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 23.<br />

571 Vgl. J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 516 f.: »Mit dem Wa<strong>ch</strong>stum und dem qualitativen<br />

Wandel <strong>der</strong> Staatsaufgaben verän<strong>der</strong>t si<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Legitimationsbedarf; je mehr das Re<strong>ch</strong>t als<br />

Mittel politis<strong>ch</strong>er Steuerung und sozialer Gestaltung in Anspru<strong>ch</strong> genommen wird, um so größer<br />

ist die Bürde <strong>der</strong> Legitimation, die die demokratis<strong>ch</strong>e Genese des Re<strong>ch</strong>ts tragen muß.« (Hervorhebung<br />

bei Habermas.)<br />

572 Z.B. J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 518; W. Kersting, Die politis<strong>ch</strong>e Philosophie des<br />

Gesells<strong>ch</strong>aftsvertrags (1994), S. 23. Zum Metaphysikbegriff siehe oben S. 42, Fn. 84.<br />

573 Vgl. J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 527: »Die Diskurstheorie des Re<strong>ch</strong>ts begreift einerseits<br />

den demokratis<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tsstaat als die über legitimes Re<strong>ch</strong>t laufende (und insofern private<br />

Autonomie gewährleistende) Institutionalisierung von Verfahren und Kommunikationsvoraussetzungen<br />

für eine diskursive Meinungs- und Willensbildung, die wie<strong>der</strong>um (die Ausübung<br />

politis<strong>ch</strong>er Autonomie und) legitime Re<strong>ch</strong>tsetzung ermögli<strong>ch</strong>t.«<br />

574 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 349 ff. (349).<br />

575 J. Cohen, Deliberation and Democratic Legitimacy (1989), S. 21: »The notion of a deliberative democracy<br />

is rooted in the intuitive ideal of a democratic association in whi<strong>ch</strong> the justification of the<br />

terms and conditions of association proceeds through public argument and reasoning among<br />

equal citizens.« Die Vernünftigkeit <strong>der</strong> Deliberation ist hier im Sinne <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten Begründet-<br />

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