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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Re<strong>ch</strong>te, und damit für das historis<strong>ch</strong>e Vorbild Lockes, kann keine eigene Grundposition<br />

formuliert werden.<br />

2. Zu einigen ergänzenden Differenzierungen<br />

Dem grundlegenden Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en prozeduralen und materialen <strong>Theorien</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> ist ein eigener Abs<strong>ch</strong>nitt gewidmet 219 . Es gibt daneben no<strong>ch</strong> eine<br />

Reihe an<strong>der</strong>er Differenzierungen, die jenseits <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung na<strong>ch</strong> Konzeptionen<br />

praktis<strong>ch</strong>er Vernunft Bea<strong>ch</strong>tung verdienen. Es geht dabei – ni<strong>ch</strong>t abs<strong>ch</strong>ließend 220<br />

– um sol<strong>ch</strong>e Gruppenbildungen, die ni<strong>ch</strong>t alternativ <strong>der</strong> Klassifizierung na<strong>ch</strong> Grundpositionen<br />

entgegenstehen, son<strong>der</strong>n vielmehr ergänzend neben diese treten, weil sie<br />

auf einer an<strong>der</strong>en Ebene liegen.<br />

a) Empiris<strong>ch</strong>e, analytis<strong>ch</strong>e und normative <strong>Theorien</strong><br />

Au<strong>ch</strong> innerhalb <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> 221 ist bei <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien na<strong>ch</strong><br />

<strong>der</strong> angewandten Methode und dem untersu<strong>ch</strong>ten Gegenstand zwis<strong>ch</strong>en analytis<strong>ch</strong>en,<br />

empiris<strong>ch</strong>en und normativen <strong>Theorien</strong> zu unters<strong>ch</strong>eiden 222 . Analytis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Theorien</strong> fragen na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> logis<strong>ch</strong>en Struktur theoretis<strong>ch</strong>er Aussagen zur <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />

223 und sind regelmäßig bloß unselbständige Teile <strong>der</strong>jenigen empiris<strong>ch</strong>en und<br />

normativen <strong>Theorien</strong>, <strong>der</strong>en ni<strong>ch</strong>tanalytis<strong>ch</strong>e Aussagen über <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> sie zum<br />

Gegenstand nehmen 224 . Empiris<strong>ch</strong>e <strong>Theorien</strong>, insbeson<strong>der</strong>e soziologis<strong>ch</strong>e o<strong>der</strong> psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>e,<br />

untersu<strong>ch</strong>en die soziale Realität von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> 225 . Sie erfors<strong>ch</strong>en beispielsweise,<br />

wann eine Person, Handlung o<strong>der</strong> Institution als gere<strong>ch</strong>t o<strong>der</strong> ungere<strong>ch</strong>t<br />

empfunden wird (Sozialpsy<strong>ch</strong>ologie), wie si<strong>ch</strong> das Potential, <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> und Ungere<strong>ch</strong>tigkeit<br />

zu empfinden, entwickelt (Entwicklungspsy<strong>ch</strong>ologie), von wel<strong>ch</strong>en Parametern<br />

eine sol<strong>ch</strong>e Empfindung real abhängt und ob zwis<strong>ch</strong>en dem <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sempfinden<br />

und einem objektiv als ri<strong>ch</strong>tig erkennbaren (weil na<strong>ch</strong> unstreitigen Kriterien<br />

begründeten) Ergebnis ein signifikanter Zusammenhang besteht 226 . Normative<br />

<strong>Theorien</strong> dagegen verfolgen Fragestellungen, die unabhängig von einer bestimmten<br />

sozialen o<strong>der</strong> personalen Realität sind. Sie beurteilen die Geltung von Gere<strong>ch</strong>-<br />

219 Dazu unten S. 139 ff. (Grenzziehung).<br />

220 Zu den Unters<strong>ch</strong>eidungen, die hier ni<strong>ch</strong>t weiter verfolgt werden, gehört diejenige zwis<strong>ch</strong>en 'definitoris<strong>ch</strong>en<br />

und kriteriologis<strong>ch</strong>en <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien'; vgl. dazu R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en<br />

Argumentation (1978), S. 227 m.w.N. in Fn. 16.<br />

221 Zur politis<strong>ch</strong>en <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> vgl. oben S. 78 (S<strong>ch</strong>werpunktthese).<br />

222 R. Dreier, Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1991), S. 96 f., 106 ff.<br />

223 Vgl. R. Dreier, Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1991), S. 106: »Analytis<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien sind <strong>Theorien</strong><br />

über logis<strong>ch</strong>e Strukturen und spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Gehalte des <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegriffs und seine Verwendung<br />

in <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>surteilen.« (Hervorhebung bei Dreier).<br />

224 R. Dreier, Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1991), S. 106: »in <strong>der</strong> Regel sind analytis<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien<br />

Teiltheorien empiris<strong>ch</strong>er o<strong>der</strong> normativer <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien.«<br />

225 Vgl. R. Dreier, Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1991), S. 106: »Empiris<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien sind <strong>Theorien</strong><br />

darüber, wel<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>svorstellungen in einer Gesells<strong>ch</strong>aft tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> vertreten wurden<br />

o<strong>der</strong> werden, wie sie historis<strong>ch</strong>, soziologis<strong>ch</strong>, psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong> o<strong>der</strong> ökonomis<strong>ch</strong> zu erklären<br />

sind und wel<strong>ch</strong>e Rolle sie in wel<strong>ch</strong>en Hinsi<strong>ch</strong>ten tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> gespielt haben o<strong>der</strong> spielen.« (Hervorhebung<br />

bei Dreier).<br />

226 Siehe K.F. Röhl, Verfahrensgere<strong>ch</strong>tigkeit (1993), S. 9 ff.; <strong>der</strong>s., Procedural Justice (1997), S. 7 ff.<br />

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