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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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c) Die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sprinzipien in Re<strong>ch</strong>tsform<br />

Gesu<strong>ch</strong>t ist na<strong>ch</strong> einem System <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>te, das die Gültigkeitsregel von D H erfüllen<br />

kann. Ein sol<strong>ch</strong>es System muß na<strong>ch</strong> Habermas »genau die Grundre<strong>ch</strong>te enthalten, die<br />

si<strong>ch</strong> Bürger gegenseitig einräumen müssen, wenn sie ihr Zusammenleben mit Mitteln<br />

des positiven Re<strong>ch</strong>ts legitim regeln wollen.« 563 Die Anwendung von D H auf das<br />

Medium 'Re<strong>ch</strong>t' führt laut Habermas zu drei Gruppen von Grundre<strong>ch</strong>ten zwis<strong>ch</strong>en<br />

Personen (größtes System glei<strong>ch</strong>er Freiheiten, freiwillige Assoziation als Mitglie<strong>der</strong>,<br />

individueller Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz), findet eine vierte Grundre<strong>ch</strong>tsgruppe in <strong>der</strong> Notwendigkeit,<br />

daß (autonome) Personen au<strong>ch</strong> als Autoren ihrer Re<strong>ch</strong>tsetzung agieren, und leitet<br />

fünftens materielle Grundbedarfssi<strong>ch</strong>erungen aus den ersten vier Gruppen ab<br />

(minimale soziale, te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e und ökologis<strong>ch</strong>e Si<strong>ch</strong>erung <strong>der</strong> Lebensbedingungen) 564 .<br />

Die (re<strong>ch</strong>tsförmigen) Grundre<strong>ch</strong>te, die laut Habermas gefor<strong>der</strong>t sind, weisen eine<br />

kaum übersehbare Inhaltsähnli<strong>ch</strong>keit zu den (ni<strong>ch</strong>tre<strong>ch</strong>tsförmigen) <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sprinzipien<br />

bei Rawls auf 565 . Sie sind <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sprinzipien in Re<strong>ch</strong>tsform 566 . Gefor<strong>der</strong>t<br />

sind im einzelnen:<br />

»(1) Grundre<strong>ch</strong>te, die si<strong>ch</strong> aus <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong> autonomen Ausgestaltung<br />

des Re<strong>ch</strong>ts auf das größtmögli<strong>ch</strong>e Maß glei<strong>ch</strong>er<br />

subjektiver Handlungsfreiheiten ergeben. ...<br />

(2) Grundre<strong>ch</strong>te, die si<strong>ch</strong> aus <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong> autonomen Ausgestaltung<br />

des Status eines Mitgliedes in einer freiwilligen<br />

Assoziation von Re<strong>ch</strong>tsgenossen ergeben;<br />

(3) Grundre<strong>ch</strong>te, die si<strong>ch</strong> unmittelbar aus <strong>der</strong> Einklagbarkeit<br />

von Re<strong>ch</strong>ten und <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong> autonomen Ausgestaltung<br />

des individuellen Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utzes ergeben. ...<br />

(4) Grundre<strong>ch</strong>te auf die <strong>ch</strong>ancenglei<strong>ch</strong>e Teilnahme an Prozessen<br />

<strong>der</strong> Meinungs- und Willensbildung, worin Bürger<br />

ihre politis<strong>ch</strong>e Autonomie ausüben und wodur<strong>ch</strong> sie<br />

legitimes Re<strong>ch</strong>t setzen. ...<br />

würden, finden können.«) ist die neue Definition dur<strong>ch</strong> den Begriff <strong>der</strong> Handlungsnorm geprägt.<br />

Handlungsnormen sind bei Habermas alle generalisierten 'Verhaltenserwartungen', glei<strong>ch</strong> ob sie<br />

re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>-normative o<strong>der</strong> moralis<strong>ch</strong>-normative 'Gültigkeit' beanspru<strong>ch</strong>en; J. Habermas, Faktizität<br />

und Geltung (1992), S. 138. Vgl. dagegen oben S. 71 (Begriff <strong>der</strong> Norm).<br />

563 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 151.<br />

564 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 155 ff.<br />

565 Vgl. J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 160: die Kategorien von Re<strong>ch</strong>ten seien »ungesättigte<br />

Platzhalter für die Spezifizierung einzelner Grundre<strong>ch</strong>te, also eher Re<strong>ch</strong>tsprinzipien, an denen<br />

si<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Verfassungsgesetzgeber orientiert.«<br />

566 Vgl. J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 155: »Mit dem Begriff <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tsform, die die<br />

sozialen Verhaltenserwartungen in <strong>der</strong> angegebenen Weise stabilisiert, und dem Diskursprinzip,<br />

in dessen Li<strong>ch</strong>t die Legitimität von Handlungsnormen überhaupt geprüft werden kann, verfügen<br />

wir über die Mittel, die ausrei<strong>ch</strong>en, um jene Kategorien von Re<strong>ch</strong>ten in abstracto einzuführen, die<br />

den Re<strong>ch</strong>tskode selber hervorbringen«.<br />

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