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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Handelnden, son<strong>der</strong>n an <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeit des Handelns orientiert 508 . Strategis<strong>ch</strong>es<br />

versus ni<strong>ch</strong>tstrategis<strong>ch</strong>es Handeln bildet damit ein signifikantes Kriterium zur Abgrenzung<br />

zwis<strong>ch</strong>en realen Diskursen und realen Situationen rationaler Ents<strong>ch</strong>eidung<br />

509 . Die Bes<strong>ch</strong>reibung <strong>der</strong> handlungsleitenden Motive beteiligter Aktoren trägt<br />

glei<strong>ch</strong>zeitig zur Abgrenzung zwis<strong>ch</strong>en den <strong>Theorien</strong> bei. Dies hat Auswirkungen auf<br />

die Skalierbarkeitsthese 510 : S<strong>ch</strong>on wegen <strong>der</strong> grundlegend unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Aussage<br />

darüber, wel<strong>ch</strong>e Art realen o<strong>der</strong> hypothetis<strong>ch</strong>en Verhaltens praktis<strong>ch</strong>e Vernunft<br />

konstituiert, können <strong>Theorien</strong> rationalen Ents<strong>ch</strong>eidens ni<strong>ch</strong>t mit Diskurstheorien in<br />

ein Entspre<strong>ch</strong>ungsverhältnis gebra<strong>ch</strong>t werden. Ihre unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Konzeptionen<br />

praktis<strong>ch</strong>er Vernunft s<strong>ch</strong>ließen si<strong>ch</strong> we<strong>ch</strong>selseitig aus; sie sind über das Spektrum<br />

<strong>der</strong> Anwendungsberei<strong>ch</strong>e von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>surteilen hinweg inkompatibel.<br />

f) Ergebnisse<br />

Die Diskurstheorien enthalten eine prozedurale Konzeption <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Vernunft<br />

und gehören damit zu den prozeduralen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien. Sie unters<strong>ch</strong>eiden<br />

zwis<strong>ch</strong>en idealen und realen Diskursen. Ideal ist nur ein Diskurs, in dem<br />

alle Diskursregeln eingehalten werden, was real allenfalls näherungsweise zu verwirkli<strong>ch</strong>en<br />

ist. Die Diskursregeln lassen si<strong>ch</strong> in einer Präsuppositionsanalyse <strong>der</strong><br />

Kommunikation begründen, insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Form des tranzendentalen Arguments.<br />

Normen, also au<strong>ch</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen, sind na<strong>ch</strong> diskurstheoretis<strong>ch</strong>em<br />

Verständnis begründet, wenn in einem idealen Diskurs ein Konsens über sie hergestellt<br />

werden könnte (Konsenstheorie). Die auf gemeinsame Urteilsbildung und<br />

Konsens abstellende 'Argumentation' im Diskurs unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> deshalb grundlegend<br />

von <strong>der</strong> auf gemeinsame Willensbildung zielenden 'Verhandlung'; kommunikatives<br />

Handeln ist ni<strong>ch</strong>tstrategis<strong>ch</strong>.<br />

2. Theorie <strong>der</strong> Transzendentalpragmatik (K.-O. Apel)<br />

a) Die transzendentalpragmatis<strong>ch</strong>e Letztbegründung<br />

Der Ri<strong>ch</strong>tigkeitsanspru<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Diskursethik, <strong>der</strong> in T D seinen Ausdruck findet, wird<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> begründet. Apel wählt eine an Kant angelehnte transzendentalpragmatis<strong>ch</strong>e<br />

Begründung. Diese hat bei ihm glei<strong>ch</strong>zeitig den Status einer Letztbegründung<br />

511 . Na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Natur des Mens<strong>ch</strong>en müsse eine Argumentationsverweigerung in<br />

Selbstzerstörung o<strong>der</strong> S<strong>ch</strong>izophrenie münden 512 .<br />

508 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 38, 44.<br />

509 Dazu unten S. 347 ff. (Diskursivität <strong>der</strong> Politik).<br />

510 Dazu oben S. 111 (Skalierbarkeitsthese).<br />

511 K.-O. Apel, Transformation <strong>der</strong> Philosophie, Bd. 2 (1973), S. 222: »In einer mo<strong>der</strong>nen Transzendentalphilosophie<br />

geht es m.E. primär um die Reflexion auf den Sinn ... des Argumentierens überhaupt.<br />

Dies allerdings ist für den, <strong>der</strong> argumentiert ... offenbar das Letzte, Ni<strong>ch</strong>thintergehbare.«<br />

(Hervorhebung bei Apel). Bestätigung des Letztbegründungsanspru<strong>ch</strong>s etwa bei K.-O. Apel, Postkantis<strong>ch</strong>er<br />

Standpunkt <strong>der</strong> Moralität (1986), S. 223.<br />

512 K.-O. Apel, Transformation <strong>der</strong> Philosophie, Bd. 2 (1973), S. 414 mit Fn. 87 – die Mögli<strong>ch</strong>keit des<br />

Selbstverständnisses und <strong>der</strong> Selbstidentifikation gehe in einem Maße verloren, das den Tatbe-<br />

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