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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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) Das Handlungsprinzip (U h )<br />

In 'Teil A' 520 <strong>der</strong> Begründung seiner Diskurstheorie formuliert Apel in Anknüpfung<br />

an das von Habermas rein formal bestimmte Universalisierungsprinzip 521 eine dem<br />

kategoris<strong>ch</strong>en Imperativ von Kant ähnli<strong>ch</strong>e Handlungsmaxime:<br />

U h :<br />

»Handle nur na<strong>ch</strong> einer Maxime, von <strong>der</strong> du, aufgrund<br />

realer Verständigung mit den Betroffenen bzw. ihren<br />

Anwälten o<strong>der</strong> – ersatzweise – aufgrund eines entspre<strong>ch</strong>enden<br />

Gedankenexperiments, unterstellen kannst, daß<br />

die Folgen und Nebenwirkungen, die si<strong>ch</strong> aus ihrer allgemeinen<br />

Befolgung für die Befriedigung <strong>der</strong> Interessen<br />

jedes einzelnen Betroffenen voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ergeben, in<br />

einem realen Diskurs von allen Betroffenen zwanglos<br />

akzeptiert werden können.« 522<br />

Dieses Universalisierungsprinzip kann gemäß Apel dur<strong>ch</strong> reflexiven Rückgang auf<br />

das, was im ernsthaften Argumentieren notwendigerweise anerkannt wird (Präsuppositionsanalyse),<br />

gewonnen werden 523 . Als allgemeines Handlungsprinzip enthält<br />

U h glei<strong>ch</strong>zeitig ein Theorem über die praktis<strong>ch</strong>e Ri<strong>ch</strong>tigkeit und damit ein Kriterium<br />

für die Gültigkeit von Handlungsnormen: Eine Norm ist genau dann gültig, wenn<br />

ihre Wirkungen von allen Betroffenen in einem Diskurs zwanglos akzeptiert werden<br />

könnten 524 . Obwohl Apel von einem 'realen Diskurs' spri<strong>ch</strong>t, ist dem Inhalt na<strong>ch</strong> ein<br />

Diskurs unter idealen Bedingungen gemeint 525 . Dies zeigt si<strong>ch</strong> sowohl in <strong>der</strong> Gestaltung<br />

als hypothetis<strong>ch</strong>er Diskurs ('Gedankenexperiment', 'wenn er ... geführt werden<br />

könnte') als au<strong>ch</strong> im tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> nie vollständig realisierbaren Element <strong>der</strong> Zwanglosigkeit.<br />

In späteren Formulierungen hat Apel dem gemeinten Diskurs zudem die reale<br />

Verständigung mit den Betroffenen gegenübergestellt 526 und s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> einer Vereinfa<strong>ch</strong>ung<br />

zugestimmt:<br />

520 Vgl. zur Einteilung K.-O. Apel, Diskursethik vor <strong>der</strong> Problematik von Re<strong>ch</strong>t und Politik (1992),<br />

S. 60 f.: »Teil A behandelt die Begründung des idealen prozeduralen Prinzips <strong>der</strong> Lösung aller<br />

moralis<strong>ch</strong>-normativen Probleme im Sinne <strong>der</strong> diskursiven (d.h. rein argumentativen und ni<strong>ch</strong>tstrategis<strong>ch</strong>en,<br />

son<strong>der</strong>n gewaltfreien) Konsensbildung.« (Hervorhebung bei Apel).<br />

521 Dazu soglei<strong>ch</strong> S. 239 (universalpragmatis<strong>ch</strong>e Begründung).<br />

522 K.-O. Apel, Diskurs und Verantwortung (1988), S. 123.<br />

523 K.-O. Apel, Postkantis<strong>ch</strong>er Standpunkt <strong>der</strong> Moralität (1986), S. 247 f.<br />

524 Vgl. K.-O. Apel, Postkantis<strong>ch</strong>er Standpunkt <strong>der</strong> Moralität (1986), S. 238. Diese Gültigkeitsregel ist<br />

na<strong>ch</strong> Apel au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> die kulturabhängigen, kontextgebundenen Normen <strong>der</strong> <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong><br />

aristotelis<strong>ch</strong>en Grundposition, also insbeson<strong>der</strong>e des Kommunitarismus, hintergehbar (vgl. ebd.,<br />

S. 238, 251 ff.), no<strong>ch</strong> könne sie dur<strong>ch</strong> strategis<strong>ch</strong>es Handeln im Sinne <strong>der</strong> hobbesianis<strong>ch</strong>en Grundposition<br />

vollständig ausgefüllt werden (vgl. ebd., S. 248).<br />

525 Ebenso T. Baus<strong>ch</strong>, Unglei<strong>ch</strong>heit und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1993), S. 152.<br />

526 K.-O. Apel, Postkantis<strong>ch</strong>er Standpunkt <strong>der</strong> Moralität (1986), S. 231.<br />

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