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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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son<strong>der</strong>e die Umverteilung von Gütern 298 ) für eine unparteiis<strong>ch</strong>e und faire Bes<strong>ch</strong>ränkung<br />

von Interaktion unnötig und deshalb rational ni<strong>ch</strong>t begründbar seien 299 .<br />

b) <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> als minimax relative Konzession (D 1G )<br />

Wenn mit <strong>der</strong> Lockes<strong>ch</strong>en Provisio die Freiheit und das Eigentum als individuelle<br />

Re<strong>ch</strong>te begründet werden, so ist damit na<strong>ch</strong> Gauthier zwar eine notwendige, ni<strong>ch</strong>t<br />

aber eine hinrei<strong>ch</strong>ende Bedingung moralis<strong>ch</strong>en Verhaltens errei<strong>ch</strong>t 300 . Will man das<br />

Gemeinwesen moralis<strong>ch</strong> gestalten, so müssen alle Beteiligte in ihren kooperativen<br />

Praktiken zusätzli<strong>ch</strong> auf ein 'vollständig kooperatives' (fully co-operative) Verhalten<br />

bes<strong>ch</strong>ränkt werden. Vollständig kooperativ geht es aber erst zu, wenn alle verhaltensbedingten<br />

Kosten internalisiert sind, statt als unkompensierte Kosten an<strong>der</strong>en<br />

aufgebürdet zu werden. Gauthier illustriert das am Beispiel <strong>der</strong> Abfallentsorgung,<br />

die au<strong>ch</strong> dann unmoralis<strong>ch</strong> sein könne, wenn sie Freiheit und Eigentum an<strong>der</strong>er<br />

ni<strong>ch</strong>t verletze 301 . Vollständige Kooperation ist also mehr als die Anerkennung von<br />

Freiheit und Eigentum. Sie führt ein grundlegendes Element materieller Glei<strong>ch</strong>verteilung<br />

von Lasten und Gütern ein. Na<strong>ch</strong> Gauthier folgt die rationale Notwendigkeit<br />

einer sol<strong>ch</strong>en Selbstbes<strong>ch</strong>ränkung daraus, daß die vollständig kooperative Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

insgesamt vorteilhaft ist und ihre Mitglie<strong>der</strong> glei<strong>ch</strong> vernünftig sind (Bedingung<br />

glei<strong>ch</strong>er Rationalität), so daß sie glei<strong>ch</strong>ermaßen von dem Kooperationsvorteil<br />

profitieren müssen 302 . Vollständige Kooperation sei außerdem mens<strong>ch</strong>engere<strong>ch</strong>t,<br />

denn sie führe zur vollständigen Integration des Individuums in die Gesells<strong>ch</strong>aft 303 .<br />

Die dafür rational notwendige Selbstbes<strong>ch</strong>ränkung identifiziert Gauthier mit <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />

304 und mit <strong>der</strong> Moral insgesamt 305 . Will man dieses Rationalitätsgebot <strong>der</strong> Ge-<br />

298 Ausdrückli<strong>ch</strong> gegen Umverteilungselemente D. Gauthier, Morals by Agreement (1986), S. 225: »Interactions<br />

based on displaced costs would be redistributive, and redistribution cannot be part of a<br />

rational system of co-operation.«<br />

299 Vgl. dazu die Aussagen über 'free rides' und 'parasitism' bei D. Gauthier, Morals by Agreement<br />

(1986), S. 217 ff. (219).<br />

300 Vgl. D. Gauthier, Morals by Agreement (1986), S. 222 f.<br />

301 Vgl. D. Gauthier, Morals by Agreement (1986), S. 225: »Disposal of wastes ... ignoring all effects on<br />

others ... violates the requirement, fundamental to rational co-operation, of mutual benefit proportionate<br />

to contribution. If interaction is to be fully co-operative, it must proceed from an initial position<br />

in whi<strong>ch</strong> costs are internalized, and so in whi<strong>ch</strong> no person has the right to impose uncompensated<br />

costs on another.«<br />

302 Vgl. D. Gauthier, Morals by Agreement (1986), S. 225 ff. – die Pfli<strong>ch</strong>t zur Einlassung auf eine vollständig<br />

kooperative Gesells<strong>ch</strong>aft wird so behandelt, wie die (von Trittbrettfahrern verletzte)<br />

Pfli<strong>ch</strong>t, selbst die Regeln einzuhalten, <strong>der</strong>en Einhaltung von allen an<strong>der</strong>en erwartet wird. Außerdem<br />

ebd., S. 143: »Condition (iii) [Willingness to concede] expresses the equal rationality of the<br />

bargainers.«<br />

303 D. Gauthier, Morals by Agreement (1986), S. 225.<br />

304 D. Gauthier, Morals by Agreement (1986), S. 232: »Justice has been silent throught our long discussion<br />

of the internal rationality of co-operation. But as we shall now show, justice and reason coincide<br />

in a single ideal of co-operative interaction. The principle of minimax relative concession<br />

serves not only as the basis for rational agreement, but also as the ground of an impartial constraint<br />

on ea<strong>ch</strong> person's behaviour. And justice is the disposition to abide by this constraint.«<br />

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