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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Re<strong>ch</strong>tsmedium als sol<strong>ch</strong>es« 187 . Diese Aussage läßt mindestens drei Interpretationen<br />

zu:<br />

(1) Die Re<strong>ch</strong>te sind begründet, weil bereits <strong>der</strong> »Begriff <strong>der</strong><br />

Re<strong>ch</strong>tsform« sie voraussetzt.<br />

(2) Die Re<strong>ch</strong>te sind begründet, weil das Diskursprinzip 188<br />

ihre Gültigkeit als Handlungsnormen im Ergebnis bestimmt.<br />

(3) Die Re<strong>ch</strong>te sind begründet, weil in Anwendung des<br />

Diskursprinzips festgestellt werden muß, daß re<strong>ch</strong>tsförmige<br />

Handlungsnormen diese Re<strong>ch</strong>te immer s<strong>ch</strong>on<br />

voraussetzen.<br />

Für die erste Interpretation, na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> es allein auf das 'Re<strong>ch</strong>t' ankommt, spre<strong>ch</strong>en<br />

Textstellen, in denen Habermas <strong>der</strong> »Re<strong>ch</strong>tsförmigkeit« o<strong>der</strong> dem »System <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>te«<br />

eigenständige Begründungskraft zuordnet 189 . Für die zweite Interpretation, na<strong>ch</strong><br />

<strong>der</strong> es allein auf das 'Diskursprinzip' ankommt, spri<strong>ch</strong>t, daß die ersten drei Grundre<strong>ch</strong>tsgruppen<br />

»vor je<strong>der</strong> objektiv-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Organisation einer Staatsgewalt« begründet<br />

sein sollen 190 . Für die dritte Interpretation, na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> erst die Kombination<br />

bei<strong>der</strong> Elemente die Begründung trägt, spri<strong>ch</strong>t die Aussage, daß <strong>der</strong> »ents<strong>ch</strong>eidende<br />

Gedanke« darin bestehe, »daß si<strong>ch</strong> das Demokratieprinzip <strong>der</strong> Vers<strong>ch</strong>ränkung von<br />

Diskursprinzip und Re<strong>ch</strong>tsform verdankt.« 191<br />

b) Zur Begründungslücke bei J. Habermas<br />

Unabhängig davon, wel<strong>ch</strong>er Interpretation man folgt, stößt man in Habermas Theorie<br />

auf folgendes Problem: Der Übergang von philosophis<strong>ch</strong>en Diskursvoraussetzungen<br />

zu universellen Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>ten ist ni<strong>ch</strong>t lückenlos begründet (Begründungslückenthese).<br />

Bei Interpretation (1) ist diese Begründungslücke offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>. Wie sollten si<strong>ch</strong><br />

aus <strong>der</strong> bloßen Form des Re<strong>ch</strong>ts so weitgehende inhaltli<strong>ch</strong>e Aussagen ableiten lassen,<br />

wie Habermas sie in Gestalt <strong>der</strong> ersten drei Grundre<strong>ch</strong>tsgruppen vorstellt? Aber au<strong>ch</strong><br />

bei den Interpretationen (2) und (3) erweist si<strong>ch</strong> die Begründung als lückenhaft. In<br />

beiden Fällen wäre das Diskursprinzip <strong>der</strong> Ausgangspunkt <strong>der</strong> Begründung. Dieses<br />

ma<strong>ch</strong>t die Zustimmungsfähigkeit in rationalen Diskursen zum Kriterium <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tig-<br />

187 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 155 f.<br />

188 Dazu oben S. 240: »Gültig sind genau die Handlungsnormen, denen alle mögli<strong>ch</strong>erweise Betroffenen<br />

als Teilnehmer an rationalen Diskursen zustimmen könnten.«<br />

189 Etwa bei J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 156: »Diese drei Kategorien von Re<strong>ch</strong>ten<br />

ergeben si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on aus <strong>der</strong> Anwendung des Diskursprinzips auf das Re<strong>ch</strong>tsmedium als sol<strong>ch</strong>es,<br />

das heißt auf die Bedingungen <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tsförmigkeit einer horizontalen Vergesells<strong>ch</strong>aftung überhaupt.«;<br />

sowie S. 229: »Im Taumel dieser Freiheit gibt es keine Fixpunkte mehr außer dem des demokratis<strong>ch</strong>en<br />

Verfahrens selber – eines Verfahrens, dessen Sinn s<strong>ch</strong>on im System <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>te bes<strong>ch</strong>lossen<br />

ist.« (Hervorhebungen hinzugefügt, A.T.).<br />

190 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 156 (Hervorhebung bei Habermas).<br />

191 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 154.<br />

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