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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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s<strong>ch</strong>en <strong>Theorien</strong> eins<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> kantis<strong>ch</strong>en Tradition, dem moralis<strong>ch</strong>en Leben absoluten<br />

Vorrang vor dem guten Leben einzuräumen 318 . Fünftens s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> ließe si<strong>ch</strong><br />

eine Kollision zwis<strong>ch</strong>en dem guten und dem moralis<strong>ch</strong>en Leben dur<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t-absolute<br />

Vorrangregeln lösen. Dann wäre je na<strong>ch</strong> dem Gewi<strong>ch</strong>t <strong>der</strong> Gründe mal dem guten<br />

Leben, mal dem moralis<strong>ch</strong>en Leben <strong>der</strong> Vorrang einzuräumen sein. Der vierten Verhältnissetzung<br />

gibt Nagel selbst den Vorzug, während <strong>der</strong> die ersten drei für s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>t<br />

fals<strong>ch</strong> hält und die fünfte für unbefriedigend 319 .<br />

Der Indifferenzeinwand, <strong>der</strong> s<strong>ch</strong>on gegenüber <strong>der</strong> Klassifizierung na<strong>ch</strong> Darstellungsmitteln<br />

zu erheben war (Sozialvertragstheorien) 320 , gilt au<strong>ch</strong> gegenüber <strong>der</strong> Einteilung<br />

von Nagel. Au<strong>ch</strong> hier werden mit den utilitaristis<strong>ch</strong>en und kantis<strong>ch</strong>en <strong>Theorien</strong><br />

Begründungsansätze in einer Globalklasse zusammengefaßt, die dann die meisten<br />

<strong>der</strong> gegenwärtig vertretenen <strong>Theorien</strong> vereint, ohne <strong>der</strong>en grundlegenden Unters<strong>ch</strong>iede<br />

zu würdigen 321 .<br />

c) Effizienz, Re<strong>ch</strong>tfertigung, Wertorientierung (A. Hamlin/P. Pettit)<br />

Der Indifferenzeinwand gilt ferner au<strong>ch</strong> gegenüber <strong>der</strong> von Hamlin und Pettit vorges<strong>ch</strong>lagenen<br />

Einteilung, die bei <strong>der</strong> Analyse normativer <strong>Theorien</strong> über die ri<strong>ch</strong>tige politis<strong>ch</strong>e<br />

Ordnung dana<strong>ch</strong> fragen, ob si<strong>ch</strong> die Argumentation auf die Ma<strong>ch</strong>barkeit, die<br />

Re<strong>ch</strong>tfertigung o<strong>der</strong> die För<strong>der</strong>li<strong>ch</strong>keit für bestimmte Werte ri<strong>ch</strong>tet 322 . In <strong>der</strong> Gruppe<br />

<strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tfertigungstheorien finden si<strong>ch</strong> dann so unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Ansätze wie die<br />

von Rawls, Bu<strong>ch</strong>anan, Gauthier und Nozick 323 , also <strong>Theorien</strong> sowohl <strong>der</strong> hobbesianis<strong>ch</strong>en<br />

als au<strong>ch</strong> <strong>der</strong> kantis<strong>ch</strong>en Grundposition. Mit einer sol<strong>ch</strong>en Klassifizierung ist<br />

ähnli<strong>ch</strong> wenig gewonnen wie mit <strong>der</strong> paus<strong>ch</strong>alen Vereinigung von Vertragstheorien<br />

unter einem Da<strong>ch</strong> 324 .<br />

d) Deontologis<strong>ch</strong>e und teleologis<strong>ch</strong>e <strong>Theorien</strong> (M. Sandel/S. Kagan)<br />

Die Unters<strong>ch</strong>eidung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien dana<strong>ch</strong>, ob sie deontologis<strong>ch</strong>e o<strong>der</strong><br />

teleologis<strong>ch</strong>e Ethik explizieren, ist – soweit ersi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> – bisher am ausführli<strong>ch</strong>sten<br />

318 Zwar mag generell das gute Leben des einzelnen mit dem moralis<strong>ch</strong>en Leben zusammentreffen,<br />

wie es dur<strong>ch</strong> die Summe des Nutzens für alle o<strong>der</strong> dur<strong>ch</strong> eine an<strong>der</strong>e Begründung <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeit<br />

definiert ist. Im Kollisionsfall muß si<strong>ch</strong> indes das gute Leben dem moralis<strong>ch</strong>en Leben, also einem<br />

Handeln zum Besten <strong>der</strong> Gemeins<strong>ch</strong>aft o<strong>der</strong> na<strong>ch</strong> einem allgemeinen Ri<strong>ch</strong>tigkeitsprinzip wie dem<br />

kategoris<strong>ch</strong>en Imperativ, beugen; T. Nagel, The View From Nowhere (1986), S. 196 f.<br />

319 Vgl. T. Nagel, The View From Nowhere (1986), S. 197, 199 f.<br />

320 Dazu oben S. 102 (Ungeeignetheit <strong>der</strong> Sozialvertragstheorien als <strong>Theorien</strong>klasse).<br />

321 Zur Abgrenzung einer kantis<strong>ch</strong>en Grundposition vom Utilitarismus siehe etwa die ausführli<strong>ch</strong>e<br />

Begründung bei J. Rawls, Theory of Justice (1971), § 26, S. 150 ff.; § 27, S. 161 ff.<br />

322 A. Hamlin/P. Pettit, Normative Analysis (1989), S. 10 f. – feasibility, eligibility, desirability.<br />

323 Dazu unten S. 143 ff. (Dritter Teil).<br />

324 Bezei<strong>ch</strong>nen<strong>der</strong>weise vereint Hamlin glei<strong>ch</strong>zeitig unter <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Vertragstheorien so divergente<br />

Ansätze wie die von Rawls, Gauthier und Bu<strong>ch</strong>anan unter dem Gesi<strong>ch</strong>tspunkt einer 'contractarian<br />

strategy'; A. Hamlin, Liberty, Contract and the State (1989), S. 87 ff.<br />

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