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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Normen näher einzugrenzen, ist eine ergänzende mittelbare Begründung sinnvoll, bei<br />

<strong>der</strong> »die Ents<strong>ch</strong>eidung über die Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te einem tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> stattfindenden politis<strong>ch</strong>en<br />

Prozeß überlassen wird, <strong>der</strong> aber bestimmten diskurstheoretis<strong>ch</strong> begründeten<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen genügen muß.« 12 Au<strong>ch</strong> im Rahmen <strong>der</strong> mittelbaren Begründung<br />

von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen bleibt die Diskurstheorie bestimmend, weil sie die Kriterien<br />

für Anwendungsbedingungen und Verfahrensregeln liefert, unter denen reale<br />

Verfahren gere<strong>ch</strong>te Ergebnisse hervorbringen können (3). S<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> bleibt im diskurstheoretis<strong>ch</strong>en<br />

Rahmen au<strong>ch</strong> Raum für Argumente <strong>der</strong> individuellen Nutzenmaximierung<br />

(4).<br />

1. Die diskurstheoretis<strong>ch</strong>e Notwendigkeit von Normen<br />

Die diskurstheoretis<strong>ch</strong>e Notwendigkeit, also <strong>der</strong> Umstand, daß <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen<br />

eine notwendige Voraussetzung von Diskursregeln sind, wird gezeigt, indem man<br />

das transzendentale Argument <strong>der</strong> Begründung von Diskursregeln weiterführt 13 .<br />

Die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen werden in die Präsuppositionsanalyse <strong>der</strong> Diskurstheorie<br />

einbezogen. So, wie si<strong>ch</strong> bestimmte Spre<strong>ch</strong>akte ni<strong>ch</strong>t denken lassen, ohne daß dabei<br />

<strong>der</strong> Diskurs na<strong>ch</strong> den Diskursregeln als Ri<strong>ch</strong>tigkeitsgarant anerkannt wird, so könnte<br />

die Anwendung <strong>der</strong> Diskursregeln undenkbar sein, ohne daß glei<strong>ch</strong>zeitig bestimmte<br />

grundlegende <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sprinzipien gewährleistet sind (diskurstheoretis<strong>ch</strong>e Notwendigkeit).<br />

Methodis<strong>ch</strong> wird bei dieser transzendentalen Argumentation die Präsuppositionsanalyse<br />

<strong>der</strong> Diskurstheorie um Voraussetzungen <strong>der</strong> spezifis<strong>ch</strong>en Kommunikation<br />

über <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> erweitert, ohne daß es <strong>der</strong> Dur<strong>ch</strong>führung einzelner<br />

(<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>s-)Diskurse bedarf.<br />

Die diskurstheoretis<strong>ch</strong> begründeten <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen sind immer universalistis<strong>ch</strong>,<br />

da sie mit einer Erweiterung <strong>der</strong> universell geltenden Diskursregeln in die Lebenswelt<br />

begründet werden. Wer beispielsweise argumentiert, daß die Diskursregeln<br />

(zusammen mit universell geda<strong>ch</strong>ten empiris<strong>ch</strong>en Prämissen) notwendig dazu<br />

führen, die Autonomie <strong>der</strong> Mitmens<strong>ch</strong>en anzuerkennen 14 , <strong>der</strong> begründet diese Autonomie<br />

unabhängig von historis<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aften und in diesem Sinne universell.<br />

Die universell begründete Autonomie ist damit glei<strong>ch</strong>zeitig vorpositiv, gilt also unabhängig<br />

von den mögli<strong>ch</strong>en Konkretisierungen, die Sozialordnungen annehmen können.<br />

notwendigen, unmögli<strong>ch</strong>en und mögli<strong>ch</strong>en Normen im weiteren Sinn (mittelbare Begründung: in<br />

einem tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> stattfindenden Verfahren). Die erweiterte Terminologie (diskurstheoretis<strong>ch</strong>/diskursiv)<br />

wird hier zur Verdeutli<strong>ch</strong>ung <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>iede zwis<strong>ch</strong>en den Argumentationswegen<br />

eingeführt.<br />

12 R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 146. Zustimmend zur Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

dieser Begründungsformen H. Koriath, Diskurs und Strafre<strong>ch</strong>t (1999), S. 188.<br />

13 Vgl. R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 146 ff.; außerdem A. Cortina, Diskursethik<br />

und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1990), S. 44 f. – Die als unhintergehbare pragmatis<strong>ch</strong>e Voraussetzungen<br />

<strong>der</strong> Kommunikation begründeten Re<strong>ch</strong>te werden dort 'pragmatis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te' genannt. Vgl.<br />

oben S. 225 ff. (transzendentales Argument).<br />

14 R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 148 ff.<br />

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