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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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dadur<strong>ch</strong> entsteht, daß ledigli<strong>ch</strong> einzelne Aspekte einzelner <strong>Theorien</strong> aus <strong>der</strong> Si<strong>ch</strong>t<br />

einzelner an<strong>der</strong>er <strong>Theorien</strong> analysiert und kritisiert werden, dann muß das Kriterium<br />

für die Klassifizierung mit Beda<strong>ch</strong>t gewählt werden. Es geht – und das ma<strong>ch</strong>t das<br />

Gewi<strong>ch</strong>t <strong>der</strong> Definitionswirkung aus – um die inhaltli<strong>ch</strong>e Frage, wel<strong>ch</strong>er Baustein von<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien wi<strong>ch</strong>tiger als alle an<strong>der</strong>en Elemente ist: Was ist das grundlegendste<br />

Merkmal, mit dem <strong>Theorien</strong> sinnvoll verglei<strong>ch</strong>bar und unters<strong>ch</strong>eidbar werden? In<br />

<strong>der</strong> Literatur zu <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien sind unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Vors<strong>ch</strong>läge für die<br />

Festlegung des Klassifizierungskriteriums gema<strong>ch</strong>t worden, die im weiteren auf ihre<br />

Eignung zu untersu<strong>ch</strong>en sind 194 . Zuvor aber soll eine Klassifizierung na<strong>ch</strong> Grundpositionen<br />

<strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Philosophie vorgestellt werden, die als grundlegendstes<br />

Merkmal und wi<strong>ch</strong>tigster Baustein von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien <strong>der</strong>en Konzeption <strong>der</strong><br />

praktis<strong>ch</strong>en Vernunft ansieht.<br />

1. Vier Grundpositionen <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Philosophie (R. Alexy)<br />

Es können – in Anwendung einer von Alexy stammenden Unters<strong>ch</strong>eidung 195 – unter<br />

Bezugnahme auf ihre historis<strong>ch</strong>en Vorbil<strong>der</strong> vier Grundpositionen <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en<br />

Philosophie und damit au<strong>ch</strong> vier Grundpositionen von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien unters<strong>ch</strong>ieden<br />

werden: die 'aristotelis<strong>ch</strong>e', die 'hobbesianis<strong>ch</strong>e', die 'kantis<strong>ch</strong>e' und die<br />

'nietzs<strong>ch</strong>eanis<strong>ch</strong>e'. Diese Einteilung bildet den Ausgangspunkt für die hier zugrunde<br />

gelegte Klassifizierung 196 und wird in <strong>der</strong> Analyse und Kritik wie<strong>der</strong> aufgegriffen 197 .<br />

Eine Zuordnung einzelner <strong>Theorien</strong> zu den Grundpositionen will dabei ni<strong>ch</strong>t behaupten,<br />

daß in jedem Fall eine Traditionslinie bestünde, dur<strong>ch</strong> die si<strong>ch</strong> die Theorie<br />

mit dem historis<strong>ch</strong>en Vorläufer ideen- o<strong>der</strong> dogmenges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> verbinden ließe. Es<br />

geht ledigli<strong>ch</strong> um die Herausarbeitung des grundlegendsten Unters<strong>ch</strong>eidungsmerkmals<br />

von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien: <strong>der</strong> jeweiligen Konzeption <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Vernunft.<br />

Die Grundpositionen sollen hier abs<strong>ch</strong>ließend verstanden werden und müssen<br />

deshalb so voneinan<strong>der</strong> unters<strong>ch</strong>ieden werden, daß sie auf beiden Seiten eines jeden<br />

Abgrenzungskriteriums alle mögli<strong>ch</strong>en Standpunkte <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Philosophie erfassen<br />

(Klassenverhältnis <strong>der</strong> exklusiven Alternativität). Wegen <strong>der</strong> unbestimmbaren<br />

Vielzahl <strong>der</strong> gegenwärtig und zukünftig vertretenen Standpunkte ist diese Vollständigkeit<br />

nur errei<strong>ch</strong>bar, wenn die Grundpositionen allgemein als sol<strong>ch</strong>e <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en<br />

Philosophie formuliert werden. Denn je<strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Philosophie liegt eine<br />

194 Dazu unten S. 102 (Sozialvertragstheorien als <strong>Theorien</strong>klasse); S. 103 ff. (an<strong>der</strong>e Klassifizierungen).<br />

195 Dazu R. Alexy, Eine diskurstheoretis<strong>ch</strong>e Konzeption <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Vernunft (1993), S. 11 ff.;<br />

<strong>der</strong>s., Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 127. Der Sa<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> findet si<strong>ch</strong> die Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

etwa au<strong>ch</strong> bei Apel, in dessen Gruppierung <strong>der</strong> Konzeptionen rationalen Handelns, bei<br />

<strong>der</strong> er das aristotelis<strong>ch</strong>e Konzept teleologis<strong>ch</strong>er Handlungen und das hobbesianis<strong>ch</strong>e und lockeanis<strong>ch</strong>e<br />

Konzept des strategis<strong>ch</strong>en Handelns von dem kantis<strong>ch</strong>en Konzept <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Vernunft<br />

unters<strong>ch</strong>eidet; K.-O. Apel, Die Vernunftfunktion <strong>der</strong> kommunikativen Rationalität (1996),<br />

S. 26 f. Weitgehende Parallelen gibt es au<strong>ch</strong> in <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung von agnostis<strong>ch</strong>en, analytis<strong>ch</strong>en,<br />

formalen und materialen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien bei H. Klenner, Über die vier Arten von<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien gegenwärtiger Re<strong>ch</strong>tsphilosophie (1995), S. 137 ff.<br />

196 Dazu unten S. 143 ff. (Dritter Teil).<br />

197 Dazu unten S. 261 ff. (Vierter Teil).<br />

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