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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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ung »keine Annäherung an die Wahrheit und Ri<strong>ch</strong>tigkeit des Re<strong>ch</strong>ts« bedeutet 69 .<br />

Die Kommunikation wird ni<strong>ch</strong>t als Verfahren zur Erkenntnis <strong>der</strong> praktis<strong>ch</strong>en Ri<strong>ch</strong>tigkeit,<br />

son<strong>der</strong>n auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> als eine unzielgeri<strong>ch</strong>tete 'Cocktail-Party' mit Zufallsergebnissen<br />

verstanden 70 .<br />

VI. Ergebnisse<br />

Die <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> nietzs<strong>ch</strong>eanis<strong>ch</strong>en Grundposition verbindet eine grundlegende <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sskepsis.<br />

Ihr Credo ist, daß <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> inhaltli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t begründet werden<br />

kann. Soweit die <strong>Theorien</strong> auf Verfahren setzen, um Ents<strong>ch</strong>eidungen über<br />

Handlungsweisen herbeizuführen, wird diesen Verfahren keine gere<strong>ch</strong>tigkeitsbegründende<br />

Wirkung zugeordnet; diese sind vielmehr bloß Mittel zur Errei<strong>ch</strong>ung<br />

eines ni<strong>ch</strong>tprozedural bestimmten Zwecks (Toleranz bei Kelsen, spontane soziale<br />

Ordnung bei Hayek 71 und Ladeur 72 , Akzeptanz bei Luhmann).<br />

B. <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> aristotelis<strong>ch</strong>en Grundposition (Konzeption des Guten)<br />

I. Charakteristika<br />

Der politis<strong>ch</strong>en Philosophie in <strong>der</strong> aristotelis<strong>ch</strong>en Tradition ist eigentümli<strong>ch</strong>, daß sie<br />

eine bestimmte Konzeption des guten Lebens für allgemeinverbindli<strong>ch</strong> hält und die<br />

praktis<strong>ch</strong>e Ri<strong>ch</strong>tigkeit dana<strong>ch</strong> bestimmt, ob ein Handeln das vorgegebene Ziel des<br />

guten Lebens (teleologis<strong>ch</strong>) för<strong>der</strong>n kann 73 . Das Handeln ist also ni<strong>ch</strong>t um seiner<br />

selbst willen gesollt und deshalb (deontologis<strong>ch</strong>) ri<strong>ch</strong>tig, son<strong>der</strong>n Ri<strong>ch</strong>tigkeit definiert<br />

si<strong>ch</strong> (axiologis<strong>ch</strong>) in Abhängigkeit von dem als wertvoll erkannten 'Guten' 74 .<br />

69 K.-H. Ladeur, Postmo<strong>der</strong>ne Re<strong>ch</strong>tstheorie (1992), S. 212.<br />

70 Vgl. K.-H. Ladeur, Postmo<strong>der</strong>ne Re<strong>ch</strong>tstheorie (1992), S. 93 – Bezugnahme auf Varela.<br />

71 Vgl. S. Brittan, Role and Limits of Government (1983), S. 53 – Ni<strong>ch</strong>t nur das ordoliberale Verfahrensmodell,<br />

son<strong>der</strong>n au<strong>ch</strong> die individuelle Freiheit, die zu dessen Funktionieren gewährleistet<br />

werden müsse, sei bei Hayek instrumentell.<br />

72 Das gilt jedenfalls für das Verständnis des Marktes als eines 'Entdeckungsverfahrens'; vgl.<br />

K.-H. Ladeur, Postmo<strong>der</strong>ne Re<strong>ch</strong>tstheorie (1992), S. 194, 202 – Bezugnahme auf Hayek.<br />

73 So z.B. A. MacIntyre, Whose Justice? Whi<strong>ch</strong> Rationality? (1988), S. 2: »[T]o be practically rational ...<br />

is to act in su<strong>ch</strong> a way as to a<strong>ch</strong>ieve the ultimate and true good of human beings«. Vgl. H. S<strong>ch</strong>nädelba<strong>ch</strong>,<br />

Was ist Neoaristotelismus? (1986), S. 51 (Realisierung des Guten in <strong>der</strong> Welt). Zur teleologis<strong>ch</strong>en<br />

Orientierung in <strong>der</strong> aristotelis<strong>ch</strong>en Ethik im Gegensatz zur deontologis<strong>ch</strong>en Orientierung<br />

in <strong>der</strong> Diskursethik siehe K.-O. Apel, Diskursethik vor <strong>der</strong> Problematik von Re<strong>ch</strong>t und Politik<br />

(1992), S. 36.<br />

74 Vgl. Aristoteles, Nikoma<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Ethik, I 1 (1094a 1-3), wona<strong>ch</strong> das Gute das ist, na<strong>ch</strong> dem alles<br />

Handeln strebt. Zum Gegensatz von teleologis<strong>ch</strong>-axiologis<strong>ch</strong>en und deontologis<strong>ch</strong>en <strong>Theorien</strong><br />

vgl. D. Lyons, Forms and Limits of Utilitarianism (1965), S. vii: »Teleologists claim that the rightness<br />

of acts depends solely ... upon their contribution towards intrinsically good states of affairs. ... Deontologists<br />

deny this; they maintain that ... right acts, regardless of their good or bad effects, must<br />

conform to moral rules.« (Hervorhebung bei Lyons); P. Ricœur, Soi-même comme un autre (1990),<br />

S. 230: »Est-ce bien encore du plan éthique et téléologique, et non moral et déontologique, que relève<br />

le sens de la justice?«<br />

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