16.04.2014 Aufrufe

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

den Inhalt <strong>der</strong> Ents<strong>ch</strong>eidung bestimmen, sie bildet aber den Grund für ihre<br />

Fehlerhaftigkeit und den Maßstab für ihre Kritik.« 654<br />

Trotz <strong>der</strong> gewollten (weil komplexitätsreduzierenden) Bes<strong>ch</strong>ränkungen des juristis<strong>ch</strong>en<br />

gegenüber dem allgemeinen praktis<strong>ch</strong>en Diskurs eröffnet die diskurstheoretis<strong>ch</strong>e<br />

Deutung juristis<strong>ch</strong>er Rationalität neue Mögli<strong>ch</strong>keiten, implizite <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sgehalte<br />

im Re<strong>ch</strong>t aufzudecken. Wie bei <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>, so geht es au<strong>ch</strong> im<br />

Re<strong>ch</strong>t um die Begründung von Normen – genauer: um die Re<strong>ch</strong>tfertigung normativer<br />

Aussagen in Form juristis<strong>ch</strong>er Urteile 655 . Alexy unters<strong>ch</strong>eidet zwis<strong>ch</strong>en interner<br />

und externer Re<strong>ch</strong>tfertigung. In <strong>der</strong> (analytis<strong>ch</strong>en) internen Re<strong>ch</strong>tfertigung geht es<br />

um die innere Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong>sfreiheit des Urteils. Hier gilt unter an<strong>der</strong>em das Universalisierbarkeitsprinzip<br />

im Sinne <strong>der</strong> Perelmanns<strong>ch</strong>en Bestimmung <strong>der</strong> formalen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>,<br />

das for<strong>der</strong>t: »gere<strong>ch</strong>t sein heißt eine Regel zu bea<strong>ch</strong>ten, wel<strong>ch</strong>e die Verpfli<strong>ch</strong>tung<br />

formuliert, alle Wesen einer bestimmten Kategorie auf eine bestimmte Weise zu<br />

behandeln.« 656 In <strong>der</strong> (empiris<strong>ch</strong>en und normativen) externen Re<strong>ch</strong>tfertigung werden<br />

die Prämissen des Urteils untersu<strong>ch</strong>t. Hierbei sind Regeln <strong>der</strong> Auslegung und Sätze<br />

<strong>der</strong> Dogmatik wegen ihrer 'Entlastungsfunktion' 657 unentbehrli<strong>ch</strong>: »Sie erhöhen ...<br />

das Maß <strong>der</strong> Wirksamkeit des Universalisierbarkeitsprinzips und dienen insofern<br />

<strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>.« 658<br />

f) Ergebnisse<br />

Konsequenz <strong>der</strong> unmittelbaren diskurstheoretis<strong>ch</strong>en Begründung Alexys ist die diskursiv<br />

notwendige Geltung von Freiheit, Glei<strong>ch</strong>heit und Demokratie: Diese Gebote<br />

gelten als allgemeine <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen so wie die ihnen zugrunde liegenden<br />

Diskursregeln zeitli<strong>ch</strong> und räumli<strong>ch</strong> universell, also in je<strong>der</strong> Epo<strong>ch</strong>e und in je<strong>der</strong> sozialen<br />

Ordnung, in China genauso wie in Amerika, in islamis<strong>ch</strong>en Staaten genau wie<br />

in religiös neutralen 659 . Da au<strong>ch</strong> die Transformation <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen in positives<br />

Re<strong>ch</strong>t geboten ist 660 , könnte eine Re<strong>ch</strong>tsordnung, die ni<strong>ch</strong>t Freiheit, Glei<strong>ch</strong>heit<br />

und Demokratie dur<strong>ch</strong> die Institutionalisierung eines demokratis<strong>ch</strong>en Verfassungsstaates<br />

si<strong>ch</strong>ert, konsequenterweise ni<strong>ch</strong>t gere<strong>ch</strong>t sein.<br />

654 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1991), S. 433.<br />

655 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 273.<br />

656 C. Perelman, Eine Studie über die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1945), S. 58. Zum Zusammenhang mit <strong>der</strong> internen<br />

Re<strong>ch</strong>tfertigung R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 274, 279 mit Fn. 40,<br />

sowie S. 283: »Die Angabe universeller Regeln s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> erlei<strong>ch</strong>tert die Konsistenz des Ents<strong>ch</strong>eidens<br />

und trägt damit zur <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> und Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit bei.«<br />

657 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 329.<br />

658 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 332.<br />

659 A.A. z.B. S.P. Sinha, Non-Universality of Law (1995), S. 193 ff. (China), 200 ff. (Indien), 205 ff.<br />

(Afrika).<br />

660 Vgl. R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 144 ff., wo dies für die Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te<br />

begründet ist.<br />

256

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!