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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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5. Theorie des neutralen Dialogs (B. Ackerman)<br />

a) Die Gesprä<strong>ch</strong>sbes<strong>ch</strong>ränkungen im neutralen Dialog<br />

Die Theorie Ackermans ist weitgehend unabhängig von den deuts<strong>ch</strong>en Diskurstheorien<br />

entstanden 661 . Ackerman bezei<strong>ch</strong>net sein Verständigungsideal dur<strong>ch</strong>weg als<br />

'neutralen Dialog' und nur ausnahmsweise au<strong>ch</strong> als 'neutralen Diskurs' 662 . Jedenfalls<br />

handelt es si<strong>ch</strong> um eine Argumentationstheorie 663 , die dur<strong>ch</strong> das erklärte Ziel <strong>der</strong> Begründung<br />

legitimer Herrs<strong>ch</strong>aft zu einer Theorie <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> wird.<br />

Ackerman formuliert drei Prinzipien <strong>der</strong> Legitimität von Herrs<strong>ch</strong>aft (principles of legitimacy),<br />

die in wörtli<strong>ch</strong>er Übersetzung lauten:<br />

(1) »Rationalität: Wann immer irgend jemand die Legitimität<br />

<strong>der</strong> Ma<strong>ch</strong>t eines an<strong>der</strong>en in Frage stellt, darf <strong>der</strong> Inhaber<br />

<strong>der</strong> Ma<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> Unterdrückung des Fragestellers<br />

antworten, son<strong>der</strong>n dadur<strong>ch</strong>, daß er Gründe angibt, die<br />

erklären, warum er einen stärkeren Anspru<strong>ch</strong> auf die<br />

Ressource hat als <strong>der</strong> Fragesteller.« 664<br />

(2) »Konsistenz. Der Grund, den ein Inhaber von Ma<strong>ch</strong>t bei<br />

einer Gelegenheit vorbringt, darf ni<strong>ch</strong>t inkonsistent sein<br />

mit denjenigen Gründen, die er zur Begründung seiner<br />

übrigen Ma<strong>ch</strong>tansprü<strong>ch</strong>e geltend ma<strong>ch</strong>t.« 665<br />

(3) »Neutralität. Kein Grund ist ein guter Grund, wenn er<br />

erfor<strong>der</strong>t, daß <strong>der</strong> Inhaber von Ma<strong>ch</strong>t geltend ma<strong>ch</strong>t:<br />

(a) daß seine Konzeption des Guten besser ist als diejenige,<br />

die von irgendeinem seiner Mitbürger geltend gema<strong>ch</strong>t<br />

wird o<strong>der</strong><br />

661 Vgl. allein B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 10 mit Fn. 7, wo Ackerman auf<br />

die »ermutigende Betonung <strong>der</strong> Legitimation dur<strong>ch</strong> Konversation« (conversational legitimation) bei<br />

Habermas verweist, den er im übrigen aber inhaltli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t berücksi<strong>ch</strong>tigt.<br />

662 Zu dem 'Dialog' insbeson<strong>der</strong>e B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 349 ff.; 'Diskurs'<br />

etwa auf S. 14: »Neutral discourse ... substantive discourse ...«. Ackerman verwendet an sol<strong>ch</strong>en<br />

Stellen den Diskursbegriff in einem unte<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Sinn.<br />

663 Vgl. zur deutli<strong>ch</strong>en Abgrenzung von Utilitarismus und Sozialvertragstheorien B. Ackerman, Social<br />

Justice in the Liberal State (1980), S. 313 ff., 327 ff. Ackermans Konzept einer Neutralität könnte allenfalls<br />

no<strong>ch</strong> als Beoba<strong>ch</strong>tertheorie klassifiziert werden, dafür fehlt es aber an <strong>der</strong> typis<strong>ch</strong>en monologis<strong>ch</strong>en<br />

Komponente; ebd., S. 355 ff. ('Beyond Monologue'). Als 'Dialogtheorie' bildet <strong>der</strong><br />

Ansatz folgli<strong>ch</strong> eine beson<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> Argumentationstheorie.<br />

664 B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 4: »Rationality: Whenever anybody questions<br />

the legitimacy of another's power, the power hol<strong>der</strong> must respond not by suppressing the<br />

questioner but by giving a reson that explains why he is more entitled to the resource than the<br />

questioner is.« (Hervorhebung bei Ackerman).<br />

665 B. Ackerman, Social Justice in the Liberal State (1980), S. 7: »Consistency. The reason advanced by a<br />

power wiel<strong>der</strong> on one occasion must not be inconsistent with the reasons he advances to justify<br />

his other claims to power.« (Hervorhebung bei Ackerman).<br />

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