Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch
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notwendige Bedingung des zweiten Ziels; und das zweite<br />
Ziel gibt dem ersten seinen Sinn, – den Sinn, <strong>der</strong> mit<br />
jedem Argument s<strong>ch</strong>on antizipiert ist.« 536<br />
Das Konsenspostulat des idealen Universalisierungsprinzips U h wird dadur<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />
außer Kraft gesetzt, son<strong>der</strong>n ergänzt 537 . Die Diskursethik kann ohne diese Ergänzung<br />
ni<strong>ch</strong>t die Funktion einer politis<strong>ch</strong>en Verantwortungsethik übernehmen 538 .<br />
Letztli<strong>ch</strong> bleibt aber das Universalisierungsprinzip U h bei Apel glei<strong>ch</strong> zweifa<strong>ch</strong> regierend:<br />
Erstens soll über die Zulässigkeit (eines begrenzten Gebrau<strong>ch</strong>s) von strategis<strong>ch</strong>er<br />
Rationalität selbst wie<strong>der</strong> ein Konsens <strong>der</strong> Betroffenen hergestellt werden können.<br />
Und zweitens müsse das langfristige Ziel immer die Annäherung <strong>der</strong> realen<br />
Bedingungen an die regulative Idee <strong>der</strong> idealen Kommunikationsgemeins<strong>ch</strong>aft bleiben,<br />
so wie die weltbürgerli<strong>ch</strong>e Ordnung in Kants Abhandlung 'Zum ewigen Frieden'<br />
immer no<strong>ch</strong> eine regulative Idee <strong>der</strong> internationalen Politik sei 539 .<br />
Was kann Apel mit dem Ergänzungsprinzip E zeigen? Er erklärt einen Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong>,<br />
<strong>der</strong> s<strong>ch</strong>einbar zwis<strong>ch</strong>en dem Universalitätsprinzip U h und den Vorstellungen<br />
über ri<strong>ch</strong>tiges Handeln im Gemeinwesen besteht: Während in <strong>der</strong> idealen Kommunikationsgemeins<strong>ch</strong>aft<br />
eine ergebnisoffene Diskussion gefor<strong>der</strong>t wird, in <strong>der</strong> die Beteiligten<br />
die Argumente aller an<strong>der</strong>en ernst nehmen, ist das reale politis<strong>ch</strong>e Leben<br />
vom strategis<strong>ch</strong>en Kampf um die Verwirkli<strong>ch</strong>ung einer bestimmten (individuellen<br />
o<strong>der</strong> kollektiven) Konzeption des Guten gekennzei<strong>ch</strong>net 540 . Selbst wenn diese strategis<strong>ch</strong>e<br />
Kommunikation ganz offen ges<strong>ch</strong>ieht, etwa bei politis<strong>ch</strong>en Verhandlungen,<br />
än<strong>der</strong>t das ni<strong>ch</strong>ts daran, daß <strong>der</strong> Grund <strong>der</strong> Einigung in opportunistis<strong>ch</strong>en Interessen<br />
statt in <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tfertigung von Geltungsansprü<strong>ch</strong>en liegt 541 . Das Ergänzungsprinzip<br />
E zeigt, warum es denno<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> aus Si<strong>ch</strong>t des (verantwortungsethis<strong>ch</strong> interpretierten)<br />
Universalitätsprinzips U h ri<strong>ch</strong>tig sein kann, strategis<strong>ch</strong> die eigenen politis<strong>ch</strong>en<br />
Ziele zu verfolgen. Apel weist diese Einsi<strong>ch</strong>t neuerdings einem 'Teil B 2' seines Begründungsprogramms<br />
zu; dabei gehe es um »die moralis<strong>ch</strong>e (spezifis<strong>ch</strong> verantwortungsethis<strong>ch</strong>e)<br />
Vermittlung von Moralität im engeren Sinn (im Sinne von Teil A) mit<br />
strategis<strong>ch</strong>em Handeln im weitesten Sinne dessen, was wir verantwortli<strong>ch</strong>e Politik<br />
nennen können.« 542 Ganz entspre<strong>ch</strong>end läßt si<strong>ch</strong> dies für das strategis<strong>ch</strong>e Handeln in<br />
<strong>der</strong> Wirts<strong>ch</strong>aft zeigen 543 .<br />
536 Die Formulierung dieses Doppelprinzips stammt aus K.-O. Apel, Transformation <strong>der</strong> Philosophie,<br />
Bd. 2 (1973), S. 431. Apel nennt sie dort »zwei grundlegende regulative Prinzipien für die langfristige<br />
moralis<strong>ch</strong>e Handlungsstrategie jedes Mens<strong>ch</strong>en« (Hervorhebungen bei Apel). Zum Status dieses<br />
Doppelprinzips als eines Ergänzungsprinzips (E) <strong>der</strong> Verantwortungsethik siehe <strong>der</strong>s., Diskurs<br />
und Verantwortung (1988), S. 144 ff.<br />
537 K.-O. Apel, Diskursethik vor <strong>der</strong> Problematik von Re<strong>ch</strong>t und Politik (1992), S. 60; <strong>der</strong>s., Die Vernunftfunktion<br />
<strong>der</strong> kommunikativen Rationalität (1996), S. 25: Die Rationalität mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er<br />
Kommunikation läßt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t auf strategis<strong>ch</strong>e Rationalität reduzieren.<br />
538 K.-O. Apel, Diskursethik vor <strong>der</strong> Problematik von Re<strong>ch</strong>t und Politik (1992), S. 56.<br />
539 K.-O. Apel, Die Vernunftfunktion <strong>der</strong> kommunikativen Rationalität (1996), S. 40 f.<br />
540 Dazu unten S. 348 (strategis<strong>ch</strong>er Charakter <strong>der</strong> Politik).<br />
541 K.-O. Apel, Die Vernunftfunktion <strong>der</strong> kommunikativen Rationalität (1996), S. 31.<br />
542 K.-O. Apel, Diskursethik vor <strong>der</strong> Problematik von Re<strong>ch</strong>t und Politik (1992), S. 61.<br />
543 Vgl. K.-O. Apel, Die Vernunftfunktion <strong>der</strong> kommunikativen Rationalität (1996), S. 31, 40 f.<br />
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