Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch
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tigkeitsnormen, su<strong>ch</strong>en also na<strong>ch</strong> Kriterien <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> 227 . Als Teil <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en<br />
Philosophie fragen normative <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien dana<strong>ch</strong>, wel<strong>ch</strong>e sozialen<br />
Arrangements verteidigt werden können 228 .<br />
Au<strong>ch</strong> analytis<strong>ch</strong>e und empiris<strong>ch</strong>e <strong>Theorien</strong> sind <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien im Sinne<br />
von D 2 , denn au<strong>ch</strong> sie sagen etwas über die Behauptung <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> – erstere<br />
etwa hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> logis<strong>ch</strong>en Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong>sfreiheit, letztere mit Verweisen auf die<br />
soziale Wirkli<strong>ch</strong>keit. Aus re<strong>ch</strong>tstheoretis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t gebührt normativen <strong>Theorien</strong> indes<br />
die größte Aufmerksamkeit, denn nur sie fragen na<strong>ch</strong> Maßstäben für die soziale<br />
und damit au<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Ordnung unabhängig davon, was ohnehin s<strong>ch</strong>on Realität<br />
ist. Glei<strong>ch</strong>zeitig stellt si<strong>ch</strong> die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegründung in normativen <strong>Theorien</strong> am<br />
s<strong>ch</strong>wierigsten dar. Während analytis<strong>ch</strong>e und empiris<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sfors<strong>ch</strong>ung<br />
methodis<strong>ch</strong> auf einigermaßen festem Fundament ruhen, betrifft die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
bei normativen <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien häufig s<strong>ch</strong>on Meinungsunters<strong>ch</strong>iede<br />
über methodis<strong>ch</strong>e Fragen. Nun kann und muß hier keine neue Methodik entwickelt<br />
werden. Do<strong>ch</strong> ist es für eine kritis<strong>ch</strong>e Analyse <strong>der</strong> <strong>Theorien</strong> hilfrei<strong>ch</strong>, wenn eine<br />
Klassifizierung gewählt wird, die si<strong>ch</strong> eng an das methodis<strong>ch</strong>e Fundament <strong>der</strong> <strong>Theorien</strong><br />
anlehnt. Genau das ges<strong>ch</strong>ieht bei <strong>der</strong> Klassifizierung na<strong>ch</strong> Grundpositionen. Sie<br />
ma<strong>ch</strong>t die unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Konzeptionen praktis<strong>ch</strong>er Vernunft zum Ausgangspunkt<br />
und betont damit glei<strong>ch</strong>zeitig einen grundlegenden methodis<strong>ch</strong>en Unters<strong>ch</strong>ied,<br />
<strong>der</strong> etwa zwis<strong>ch</strong>en (hobbesianis<strong>ch</strong>en) <strong>Theorien</strong> rationalen Ents<strong>ch</strong>eidens und<br />
(kantis<strong>ch</strong>en) Diskurstheorien bestehen.<br />
b) Begründungs- und Erzeugungstheorien<br />
Unter den <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien sind im Ans<strong>ch</strong>luß an Ralf Dreier Begründungs- und<br />
Erzeugungstheorien <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> zu unters<strong>ch</strong>eiden 229 . Erstere betreffen – ganz<br />
im Wortsinne von D 2 – das Anführen von Gründen für die Behauptung <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>,<br />
also die Erkenntnis über die Ri<strong>ch</strong>tigkeit des Handelns. Letztere dagegen fragen,<br />
wie <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> real erzeugt werden kann, betreffen also das konkrete Handeln<br />
gemäß als ri<strong>ch</strong>tig erkannten Maßstäben 230 . Sie haben als sol<strong>ch</strong>e keinen Erkenntnis-,<br />
son<strong>der</strong>n vielmehr einen »heuristis<strong>ch</strong>en Wert« 231 – werden Mittel zur effizienten<br />
227 Vgl. R. Dreier, Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1991), S. 107: »Normative <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien sind <strong>Theorien</strong><br />
darüber, wel<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>svorstellungen und -urteile ethis<strong>ch</strong> gere<strong>ch</strong>tfertigt sind bzw. auf<br />
wel<strong>ch</strong>e Weise sie si<strong>ch</strong> ethis<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>tfertigen lassen.« (Hervorhebung bei Dreier). Ähnli<strong>ch</strong> K.E. Soltan,<br />
The Causal Theory of Justice (1987), S. 58: »A normative theory is a set of rules and principles<br />
that constitutes possible justifications for a variety of decisions.«<br />
228 B. Barry, Theories of Justice (1989), S. 3.<br />
229 Grundlegend zur Unters<strong>ch</strong>eidung R. Dreier, Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1991), S. 107, 113 ff.; ähnli<strong>ch</strong><br />
G.-P. Calliess, <strong>Prozedurale</strong>s Re<strong>ch</strong>t (1999), S. 30 sowie S. 35 f. mit Fn. 132. Vgl. oben S. 74 (Begründung<br />
und Erzeugung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen) sowie unten S. 133 (prozedurale <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>serzeugungstheorien).<br />
230 Vgl. R. Dreier, Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1991), S. 113: »<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>serzeugungstheorien sind<br />
<strong>Theorien</strong> über Verfahren, <strong>der</strong>en Einhaltung gewährleisten soll, daß das in ihnen erzeugte Re<strong>ch</strong>t<br />
gere<strong>ch</strong>t ist, o<strong>der</strong>, s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>er ausgedrückt, <strong>der</strong>en Einhaltung na<strong>ch</strong> Maßgabe des Mögli<strong>ch</strong>en verhin<strong>der</strong>n<br />
soll, daß ungere<strong>ch</strong>tes Re<strong>ch</strong>t erzeugt wird.«<br />
231 So die insoweit treffende Beurteilung bei A. Kaufmann, <strong>Prozedurale</strong> <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />
(1989), S. 20. Kaufmann bezieht diese Bes<strong>ch</strong>reibung indes auf hypothetis<strong>ch</strong>e (Denk-) statt auf reale<br />
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