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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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nungsverhältnis betont, das zwis<strong>ch</strong>en Politik und Re<strong>ch</strong>t besteht. Im folgenden soll<br />

demgegenüber gezeigt werden, daß si<strong>ch</strong> die Aussagen, die Habermas unter dem Begriff<br />

<strong>der</strong> 'deliberativen Politik' zusammenfaßt, inhaltli<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong> und argumentatoris<strong>ch</strong><br />

klarer treffen lassen, wenn man von <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tspolitik als Son<strong>der</strong>fall des allgemeinen<br />

praktis<strong>ch</strong>en Diskurses ausgeht 232 . Für die Begründung <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> des<br />

Re<strong>ch</strong>ts kommt es ni<strong>ch</strong>t darauf an, wel<strong>ch</strong>e strategis<strong>ch</strong>en Motive die politis<strong>ch</strong>en Akteure<br />

verfolgen, son<strong>der</strong>n allein darauf, die Anwendungsbedingungen und Verfahrensregeln<br />

zu formulieren, die eine ni<strong>ch</strong>tstrategis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tspolitik mögli<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>en.<br />

b) Die 'Re<strong>ch</strong>tspolitik' als realer Diskurs<br />

Versteht man die Re<strong>ch</strong>tspolitik als realen Diskurs, so müssen die Rahmenbedingungen,<br />

unter denen Re<strong>ch</strong>tspolitik betrieben wird, so weit, wie na<strong>ch</strong> den Umständen angemessen,<br />

<strong>der</strong> regulativen Idee eines Diskurses unter idealen Bedingungen angegli<strong>ch</strong>en<br />

werden 233 . Genau das wird bei Habermas mit dem Konzept <strong>der</strong> 'deliberativen<br />

Politik' eingelöst. Seine For<strong>der</strong>ungen lassen si<strong>ch</strong> als Annäherungen an Diskursideale<br />

begreifen. Wenn Massenmedien re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Kontrolle unterliegen sollen, damit sie<br />

als 'Mandatar eines aufgeklärten Publikums' die öffentli<strong>ch</strong>en Meinungen einer verstärkten<br />

Kritik und einem Legitimationszwang aussetzen 234 , so dient das den Diskursidealen<br />

<strong>der</strong> unbegrenzten Informiertheit und Teilnehmers<strong>ch</strong>aft sowie <strong>der</strong> Vorurteilsfreiheit.<br />

Die Vorstellung, daß ausrei<strong>ch</strong>ende Ressourcen <strong>der</strong> Lebenswelt vorhanden<br />

sein müssen, um trotz Administrations- und Medienma<strong>ch</strong>t für eine spontane öffentli<strong>ch</strong>e<br />

Kommunikation und die ungezwungene Artikulation gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Interessen<br />

zu sorgen 235 , orientiert si<strong>ch</strong> am Diskursideal <strong>der</strong> vollkommenen Zwanglosigkeit<br />

<strong>der</strong> Kommunikation. Und die Garantie eines glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigten Zugangs zur<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> relevanten Meinungsäußerung au<strong>ch</strong> für diejenigen, die stark abwei<strong>ch</strong>ende<br />

Ansi<strong>ch</strong>ten vertreten 236 , dient dem Diskursideal <strong>der</strong> unbegrenzten Teilnehmers<strong>ch</strong>aft.<br />

Habermas betont selbst, daß »das diskursive Niveau beoba<strong>ch</strong>tbarer politis<strong>ch</strong>er<br />

Kommunikation ein Maßstab für die Wirksamkeit einer ... prozeduralisierten<br />

Vernunft ist« 237 – letztli<strong>ch</strong> also <strong>der</strong> Zusammenhang, <strong>der</strong> hier als Theorem über den<br />

realen Diskurs formuliert wurde 238 .<br />

Gehalt allgemeiner Argumentationsvoraussetzungen zu einem Modell reiner kommunikativer<br />

Vergesells<strong>ch</strong>aftung hypostasieren zu dürfen.«<br />

232 Dazu oben S. 350 (S RP ).<br />

233 Vgl. oben S. 221 (T Dr ). Konkrete Folgerungen etwa bei J.P. Müller, Demokratis<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />

(1993), S. 192 ff. (198 f.), 201 ff. – Eindämmung <strong>der</strong> »Asymmetrie« bei realer Kommunikation.<br />

234 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 455 ff. (455, 457).<br />

235 Vgl. J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 466.<br />

236 Vgl. dazu die Eins<strong>ch</strong>ätzung bei O. Weinberger, Über die Kultur <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Argumentation<br />

(1994), S. 158: Von einem sol<strong>ch</strong>en 'diskursiven Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>t' seien selbst die westli<strong>ch</strong>en Demokratien<br />

no<strong>ch</strong> weit entfernt.<br />

237 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 414 f.<br />

238 Dazu oben S. 221 (T Dr ).<br />

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