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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Im Verglei<strong>ch</strong> zur unmittelbar handlungsbezogenen Definition D 1 liegt hier – bei inhaltli<strong>ch</strong>er<br />

Übereinstimmung – <strong>der</strong> Handlungs- und Sollensbezug bereits im deontologis<strong>ch</strong>en<br />

Charakter <strong>der</strong> Norm (D N ), <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeitsbezug in ihrem Geltungsanspru<strong>ch</strong><br />

und <strong>der</strong> Glei<strong>ch</strong>heitsbezug in ihrer Regelhaftigkeit 175 . Der Sozialbezug findet<br />

si<strong>ch</strong> ergänzend im Begriff <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snorm (D NG ). Dur<strong>ch</strong> das Definitionselement<br />

<strong>der</strong> 'Geltung' ist einerseits auf die Begründung und an<strong>der</strong>erseits auf die reale Erzeugung<br />

von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> verwiesen. Dem entspri<strong>ch</strong>t die Unters<strong>ch</strong>eidung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegründungs-<br />

und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>serzeugungstheorien 176 .<br />

V. Ergebnisse<br />

Die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> ist Teil <strong>der</strong> Moral. Die notwendigen Elemente des <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegriffs<br />

treten deutli<strong>ch</strong> hervor, wenn man ihn zunä<strong>ch</strong>st unabhängig vom Begriff <strong>der</strong><br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snorm definiert. Dann zeigt si<strong>ch</strong>, daß das <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sprädikat dur<strong>ch</strong><br />

Handlungs-, Sozial-, Ri<strong>ch</strong>tigkeits-, Sollens- und Glei<strong>ch</strong>heitsbezug geprägt ist. Im Begriff<br />

<strong>der</strong> Norm und in ihrem pragmatis<strong>ch</strong>en Gehalt sind hingegen die meisten dieser<br />

Elemente bereits enthalten, so daß <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen vereinfa<strong>ch</strong>t als Normen<br />

über sozialbezogene Handlungsweisen begriffen werden können. <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />

stellt si<strong>ch</strong> dann als Inbegriff <strong>der</strong> Geltung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen dar. Die Behauptung<br />

<strong>der</strong> Geltung kann si<strong>ch</strong> auf die Begründung o<strong>der</strong> Erzeugung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen<br />

stützen. Damit ist ein <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegriff gefunden, <strong>der</strong> sowohl für<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegründungs- als au<strong>ch</strong> für <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>serzeugungstheorien als<br />

Grundlage geeignet ist.<br />

B. <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien<br />

I. Eine Definition <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie (D 2 D 2N )<br />

Wie s<strong>ch</strong>on <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>, so ist au<strong>ch</strong> <strong>der</strong>jenige <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie<br />

in uneinheitli<strong>ch</strong>em Gebrau<strong>ch</strong>. In <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Philosophie fallen unter den Begriff<br />

<strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie nur <strong>Theorien</strong> darüber, wel<strong>ch</strong>e sozialen Arrangements<br />

verteidigt werden können 177 . Hier soll hingegen zunä<strong>ch</strong>st ein weiter Begriff <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie<br />

bestimmt werden 178 :<br />

D 2 :<br />

Eine <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie ist eine Theorie über das Anführen<br />

von Gründen für o<strong>der</strong> gegen die Behauptung <strong>der</strong><br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>.<br />

175 Dazu oben S. 72 (Begriff <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snorm; Glei<strong>ch</strong>heitsbezug dur<strong>ch</strong> Normbezug).<br />

176 Dazu unten S. 88 (Begründungs- und Erzeugungstheorien).<br />

177 B. Barry, Theories of Justice (1989), S. 3.<br />

178 Ähnli<strong>ch</strong> R. Dreier, Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1991), S. 106 f.: »<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien sind, grob gespro<strong>ch</strong>en,<br />

Systeme von Aussagen über die <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>. ... Normative <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorien sind<br />

<strong>Theorien</strong> darüber, wel<strong>ch</strong>e <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>svorstellungen und -urteile ethis<strong>ch</strong> gere<strong>ch</strong>tfertigt sind<br />

bzw. auf wel<strong>ch</strong>e Weise sie si<strong>ch</strong> ethis<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>tfertigen lassen.«<br />

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