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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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hern das Verfahren so weit, wie na<strong>ch</strong> den Umständen angemessen, dem Diskursideal<br />

<strong>der</strong> vollkommenen empiris<strong>ch</strong>en Informiertheit an 183 . Au<strong>ch</strong> die Auslegung hat den<br />

Charakter eines Diskurses 184 . An <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeitsorientierung des Geri<strong>ch</strong>tsverfahrens<br />

än<strong>der</strong>t au<strong>ch</strong> die strategis<strong>ch</strong>e Interaktion <strong>der</strong> Parteien ni<strong>ch</strong>ts, da si<strong>ch</strong> <strong>der</strong>en Aktivität<br />

gegenseitig kompensiert und letztli<strong>ch</strong> im Interesse einer ri<strong>ch</strong>tigen Ents<strong>ch</strong>eidung<br />

vom Verfahren instrumentalisiert wird.<br />

Gerade für das Strafverfahren gibt es eine Reihe ri<strong>ch</strong>tigkeitsverbürgen<strong>der</strong> Verfahrensregeln,<br />

die häufig sogar in den Rang von Verfassungsnormen gehoben werden.<br />

Sie alle haben entwe<strong>der</strong> unmittelbar das Ziel, im Strafverfahren si<strong>ch</strong>erzustellen, daß<br />

nur s<strong>ch</strong>uldige Straftäter verurteilt werden (Uns<strong>ch</strong>uldsvermutung, Verbot <strong>der</strong> Doppelbestrafung,<br />

Anspru<strong>ch</strong> auf Verteidigung), o<strong>der</strong> sie wirken im Verfahren auf die<br />

Ri<strong>ch</strong>tigkeit des Ergebnisses hin, indem sie <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit dienen (Analogieverbot,<br />

nulla poena sine lege-Grundsatz). Generell gilt, daß die Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit als ein<br />

Kriterium für die Ri<strong>ch</strong>tigkeit angesehen werden muß und zu dem hier verfolgten<br />

weiten <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegriff keinen Gegensatz bildet 185 . S<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> gibt es no<strong>ch</strong> Regeln,<br />

die die Ri<strong>ch</strong>tigkeit des Verfahrens selbst betreffen (Beweisverwertungsverbote,<br />

Zeugnisverweigerungsre<strong>ch</strong>te).<br />

5. Ergebnisse<br />

Juristis<strong>ch</strong>e Verfahren lassen si<strong>ch</strong> sinnvoll als reale Diskurse begreifen. Anwendungsbedingungen<br />

und Verfahrensregeln können dann so formuliert werden, daß sie <strong>der</strong><br />

regulativen Idee eines Diskurses unter idealen Bedingungen folgen. Eine Diskurstheorie<br />

<strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> ermögli<strong>ch</strong>t dadur<strong>ch</strong> eine weitergehende, konkretisierende<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegründung jenseits <strong>der</strong> unmittelbar begründeten <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen<br />

('<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>srahmen'). Sie wird so zu einer Basistheorie des demokratis<strong>ch</strong>en<br />

Verfassungsstaates.<br />

III. Zur Diskursivität <strong>der</strong> Politik<br />

1. Zum Begriff <strong>der</strong> Politik<br />

Der Begriff <strong>der</strong> Politik ist umstritten 186 und findet si<strong>ch</strong>, statt selbst definiert zu werden,<br />

meist nur als Gegenbegriff zu an<strong>der</strong>en, etwa 'Wirts<strong>ch</strong>aft', 'Moral' o<strong>der</strong> 'Re<strong>ch</strong>t' 187 .<br />

Unter den bisherigen Ansätzen zu einer Begriffsbestimmung definiert S<strong>ch</strong>umpeter als<br />

'Politik' »die Methode, die ein Volk verwendet, um zu Ents<strong>ch</strong>eidungen zu gelan-<br />

183 Vgl. oben S. 218 (T Dr ).<br />

184 So ausdrückli<strong>ch</strong> BVerfGE 82, 30 (38 f.): »Die Auslegung insbeson<strong>der</strong>e des Verfassungsre<strong>ch</strong>ts hat<br />

den Charakter eines Diskurses, in dem au<strong>ch</strong> bei methodis<strong>ch</strong> einwandfreier Arbeit ni<strong>ch</strong>t absolut<br />

ri<strong>ch</strong>tige, unter Fa<strong>ch</strong>kundigen ni<strong>ch</strong>t bezweifelbare Aussagen dargeboten werden, son<strong>der</strong>n Gründe<br />

geltend gema<strong>ch</strong>t, an<strong>der</strong>e Gründe dagegengestellt werden und s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> die besseren Gründe<br />

den Auss<strong>ch</strong>lag geben sollen.«<br />

185 Vgl. demgegenüber oben S. 63 (engere <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sbegriffe, insbeson<strong>der</strong>e bei Radbru<strong>ch</strong>).<br />

186 Vgl. G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre (1966), S. 13 mit Na<strong>ch</strong>weisen zur älteren Literatur.<br />

187 C. S<strong>ch</strong>mitt, Der Begriff des Politis<strong>ch</strong>en (1932), S. 7, 53 ff.<br />

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